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Charlottenhof – Charolles
Der Mittelbau wurde 1699 von Schlüter aufgeführt, 1706 von Eosander (genannt Göthe) vergrößert und mit einer Kuppel geschmückt; letzterer erbaute 1709‒12 das Orangeriegebäude. Den rechten Flügel erbaute 1742 G. von Knobelsdorff, das am Ende des linken Flügels liegende Schloßtheater sowie das Belvedere C. G. Langhans 1788. Die von Schlüter und Eosander herrührenden Barockdekorationen des alten Hauptbaues sowie der Rokokoschmuck der von Friedrich d. Gr. benutzten Säle und der im Geschmack Ludwigs ⅩⅥ. ausgestatteten getäfelten Zimmer der Königin Luise im Knobelsdorffschen «Neuen Schloß» sind sehenswert. Vom 11. März bis zum 1. Juni 1888 wohnte hier der kranke Kaiser Friedrich vor seiner Übersiedelung nach Schloß Friedrichskron (Neues Palais bei Potsdam). Ein Haus an der Spreeseite erbaute Friedrich Wilhelm Ⅲ., um hier mit seiner Gemahlin, der Königin Luise, in schlichter Einfachheit zu leben. Schloß und Park waren ein Lieblingsplatz derselben und bewahren ihren Namen in dem Platze vor dem Schlosse. In dem von Le Nôtre angelegten Schloßgarten steht das 1810 nach Schinkels Plänen von Gentz im dor. Stil erbaute, 1843 erweiterte Mausoleum, in dessen unterm Gewölbe Friedrich Wilhelm Ⅲ. und seine Gemahlin Luise ruhen, zu ihren Füßen das Herz König Friedrich Wilhelms Ⅳ. in einer Kapsel, während der obere Raum die von Rauchs Meisterhand geschaffenen Marmorbilder der Königin (1815) und des Königs (1846) enthält. Zu beiden Seiten schöne Kandelaber; das Crucifix ist von Achtermann, das Altarbild von Pfannschmidt (1845). Durch Hinausrücken der Nordwand mit Apsis um 5,5 m ist der Raum zur Aufnahme der Sarkophage Kaiser Wilhelms Ⅰ. und seiner Gemahlin (von Encke) gewonnen. Dem Schloß gegenüber die mit Kuppeln gekrönten Kasernen, welche zur Aufnahme von weitern 2 Bataillonen neuerdings durch Neubauten erheblich erweitert wurden. Auf dem Lützowplatze steht ein schönes Kriegerdenkmal. In der Nähe des Schlosses die Flora, ein in Backstein- und Holzarchitektur erbauter Saalbau, 1873 von H. Stier aufgeführt, mit Konzertsaal, Palmenhaus und Garten.
Die Industrie ist bedeutend, da eine Anzahl Berliner Firmen ihre Fabriken hier haben. Es bestehen Eisengießereien, Maschinenbau-Anstalten, chem. Fabriken (Heyl), Telegraphenbau-Anstalt und elektrotechnische Fabriken (Siemens & Halske), Färbereien (Judlin), ein metallurgisch-chem. Hüttenwerk, Gewehrfabrik von Ludwig Löwe & Co. in Martinikenfelde, Marmor-, Thonwaren- (Fabrik von Ernst March Söhne) und Porzellanfabriken (Königl. Porzellanmanufaktur zu Berlin), Wachslichtfabrik u. a.
Umgebung. Westlich von der Stadt an der Spandauer Chaussee, jenseit des Bahnhofs Westend, liegt auf einer Anhöhe die Villenkolonie Westend. Östlich davon das Ausgleichsreservoir der neuen Berliner Wasserwerke (s. Berlin, Bd. 2, S. 802 a), deren Wasser aus Brunnen am Tegeler See entnommen wird; westlich die 1889 eingerichtete Trabrennbahn. 4 km weiter an der Spandauer Chaussee, jenseit der Bahn für Hindernisrennen, der Spandauer Bock, ein vielbesuchter Biergarten mit Aussicht nach Spandau und den Havelseen.
C., 1705 von König Friedrich Ⅰ. zum Andenken an seine verstorbene Gemahlin gegründet, erhielt 1721 Stadtrecht, hat seit 1870 eine außerordentliche Entwicklung genommen und verwächst immer mehr mit Berlin und dessen westl. Vororten (s. Karten zum Artikel Berlin).
Charlottenhof, Lustschloß, s. Potsdam.
Charlottenlund, Lustwald, 7 km nördlich von Kopenhagen, mit Schloß, ist Sommerresidenz des Kronprinzen.
Charlottenstraße, s. Königin-Charlottesund.
Charlottesville (spr. scháhrlottswill), Hauptstadt des County Albemarle im nordamerik. Staate Virginien, 104 km nordwestlich von Richmond, an zwei Bahnen, hat (1890) 5591 E. 2 km westlich die 1824 eröffnete University of Virginia, eine Schöpfung Thomas Jeffersons, mit 30 Professoren und 460 Studenten.
Charlottetown (spr. scháhrlottaun). 1) Hauptstadt der Prinz-Edward-Insel im Dominion of Canada, an der Hillsboroughbai der Südküste, ist regelmäßig gebaut und hat einen vortrefflichen Hafen, in dem 1887‒88 Schiffe von 979690 t verkehrten, (1881) 11485 E., ein schönes Regierungs- und Gerichtsgebäude, Akademie, Historische Gesellschaft, Nationalschule, Lateinschule, mehrere Kirchen und Kapellen, ein Irrenhaus; Werfte, Eisengießereien, Wollmanufakturen und Fischerei. – 2) C., Hauptstadt der Insel Dominica (s. d.).
Charmant (frz., spr. scharmáng), scharmant, reizend, allerliebst; Charmante, Liebste; charmieren, bezaubern, reizen; kosen, schön thun.
Charmosy̆na, Schmucklori, eine zu den Pinselzünglern (s. d.) gehörige Gattung der Papageien mit nur einer Art, dem Papuanischen Schmucklori (C. papuana Finsch, Psittacus papuensis Gmel., s. Tafel: Papageien Ⅰ, Fig. 6), mit rotem Kopf, Brust und Rücken, auf dem Scheitel und im Nacken mit schwarzen und blauen Querbinden, auf dem Bürzel mit einer blauen Längsbinde, Brustseiten mit je einem gelben Flecken, Unterbauch und Aftergegend schwarz, Flügel und Flügeldeckfedern grün, Schwanzfedern oben grün, die Innenfahnen zum Teil rot und gelb; die beiden mittelsten Schwanzfedern stark verlängert. Bewohnt Neuguinea.
Charnier (frz. charnière, spr. scharnĭähr), s. Scharnier.
Chaerocampa, s. Oleanderschwärmer.
Charolais (spr. scharoläh), s. Charolles.
Charolles (spr. scharóll). 1) Arrondissement des franz. Depart. Saône-et-Loire, hat 2496,95 qkm, (1891) 133814 E., 139 Gemeinden und zerfällt in die 13 Kantone Bourbon-Lancy (283,80 qkm, 11474 E.), C. (214,51 qkm, 11579 E.), Chauffailles (101,32 qkm, 13004 E.), La Clayette (185,23 qkm, 12959 E.), Digoin (101,23 qkm, 8982 E.), Gueugnon (240,73 qkm, 9620 E.), La Guiche (181,98 qkm, 7070 E.), Marcigny (224,31 qkm, 11626 E.), Palinges (179,05 qkm, 7464 E.), Paray-le-Monial (210,98 qkm, 9055 E.), St. Bonnet-de-Joux (149,35 qkm, 6891 E.), Semur-en-Brionnais (199,92 qkm, 12217 E.), Toulon-sur-Arroux (224,54 qkm, 11873 E.). – 2) Hauptstadt des Arrondissements C., an dem Zusammenflusse der Semence und Arconce und an der Linie Moulins-Paray le Monial-Mâcon der Franz. Mittelmeerbahn, in 302 m Höhe, in einer wald-, wiesen- und weinreichen Gegend, ist Sitz eines Gerichtshofes erster Instanz und eines Handelsgerichts, hat (1891) 2742, als Gemeinde 3246 E., Post, Telegraph, ein jetzt als Stadthaus benutztes Schloß (14. Jahrh.), eine Agrikulturgesellschaft, ein Collège; Wollspinnereien, Fayence-, Porzellan-, Hutfabriken, Töpfereien, Kalk- und Gipsöfen sowie Handel mit Wein, Steinkohlen, Erbsen, Getreide, Holz und Mastvieh. – C. war die Hauptstadt der
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