Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Charque; Charras; Charrieren; Charrières; Charron; Charrua; Charta

113

Charque - Charta

Charque (span., spr. tscharke), an der Sonne getrocknetes Rindfleisch.

Charras (spr. scharah), Jean Baptiste Adolphe, franz. Militärschriftsteller, geb. 7. Jan. 1810 zu Pfalzburg in Lothringen, trat 1828 in die Polytechnische Schule, aus der er April 1830 wegen revolutionärer Gesinnung relegiert wurde. In der Julirevolution organisierte er ein Freikorps und beteiligte sich bei der Erstürmung der Schweizerkaserne. Dann trat er in die Artillerie- und Ingenieurschule zu Metz, wurde aber, weil er sich weigerte, aus einem polit. Verein auszutreten, entlassen. Erst 1833 erfolgte seine Anstellung als Lieutenant in der Artillerie. Seiner republikanischen Gesinnung halber, die er in histor.-kritischen Artikeln im «National» aussprach, versetzte man ihn zur Armee nach Algerien, wo er 1841 Kommandant in Scherschel, 1842 in Mascara wurde. Bei Errichtung der Arabischen Bureaus (s. Algerien, Bd. 1, S. 392 b) wurde C. Chef eines solchen zu Mascara. Er zeichnete sich 1843 bei mehrern Gelegenheiten gegen Abd-el-Kader aus, wurde 1844 zum Bataillonschef beim 1. Regiment der Fremdenlegion ernannt, von dem er 1846 zu der leichten afrik. Infanterie (Zephyrs) versetzt wurde, die aus ehemaligen MilitärsträflinHen bestand. Es gelang C., seine Truppe zu disciplinieren, sodaß diese bei der begonnenen Kolonisation 1847 treffliche Dienste leistete. C. war beim Ausbruch der Februarrevolution von 1848 gerade in Paris auf Urlaub, wo man ihn sogleich zum Sekretär in der Kommission der Nationalverteidigung und zum Oberstlieutenant ernannte, bald darauf, 7. April, zum Unterstaatssekretär des Kriegsministeriums, dessen Chef damals Arago war. Das Portefeuille des Krieges, das man ihm antrug, schlug er jedoch aus und übernahm es nur interimistisch bis zur Ankunft Cavaignacs im Juni. Auch unter diesem sowie unter dessen Nachfolger Lamoricière blieb er Unterstaatssekretär und war Chef des Generalstabes bei der Niederwerfung des Juniaufstandes. In der Nationalversammlung bekämpfte er die Wahl Napoleons zum Präsidenten. In die Gesetzgebende Versammlung wurde C. 1849 gewählt, wo er ebenfalls als strenger Republikaner der Partei des Präsidenten entgegentrat. In der Nacht des Staatsstreichs 2. Dez. 1851 ließ Napoleon ihn verhaften. Er wurde verbannt und nach Belgien transportiert, von wo er, Aug. 1854 ausgewiesen, nach dem Haag ging. Hier schrieb er sein berühmtes Werk «Histoire de la campagne de 1815. Waterloo» (mit Atlas, Brüss. 1857; 6. Aufl., 2 Bde. mit Atlas, Par. 1869; deutsch, Dresd. 1858), worin er mit äußerster Schärfe alle Fehler Napoleons Ⅰ. nachwies und sich als unversöhnlichen Feind des Bonapartismus bekundete. Später, nach seiner Verheiratung mit der Tochter des elsäss. Fabrikanten Kestner in Thann, einer Enkelin der durch Goethe berühmten Charlotte Buff, lebte er zu Basel, woselbst er am 23. Jan. 1865 verschied. Er hinterließ eine noch nicht ganz vollendete Geschichte des Feldzugs von 1813, welche u. d. T. «Histoire de la guerre de 1813» (Lpz. 1866; deutsch 1867) veröffentlicht worden ist.

Charrieren (frz., spr. scha-, von charrue, «Pflug») nennt man in der Steinmetzarbeit die Bearbeitung bereits behauener Werksteine mit einem breiten Eisen (Charriereisen), das den Flächen eine Reihe von breiten Schlägen giebt, sodaß diese einen leicht gewellten Querschnitt erhalten. ^[Spaltenwechsel]

Charrières (spr. scharĭähr), Isabelle Agnes, Madame de St. Hyacinthe de, geborene von Tuyll, franz. Schriftstellerin (als Abbé de la Tour bekannt), geb. 1746 zu Utrecht, heiratete den Edelmann C., lebte auf ihrem Landgute in der Nähe von Neuchâtel in glücklichen Verhältnissen und trat in Beziehungen zu Madame Necker, Madame de Staël und B. Constant. Durch die Französische Revolution verlor sie fast ihr ganzes Vermögen. Sie starb 27. Dez. 1805 in Colombier bei Lausanne. Sie schrieb «Lettres neuchâteloises» (1784) und die Romane und Novellen «Honorine d’Uzerches», «Sainte-Anne et les ruines d’Yedbourg», «Sir Walter Finck et son fils William», «Caliste, ou lettres de Lausanne» (2 Bde., 1786), «Lettres de Mistress Henley» (1784), «Aiglonette et Insinuante» (1791), die Dramen «Le Toi et le Vous», «L’émigré», «L’enfant gâté» und «Comment le nomme-t-on?» Geistvolle, von sittlichem Ernste beseelte Darstellung machte die C. zu einer gefeierten Schriftstellerin. Viele ihrer Werke wurden von Ludw. Ferd. Huber verdeutscht. Ihre «Œuvres» erschienen in 5 Bdn. (Genf 1801).

Charron (spr. scharóng), Pierre, kath. Theolog, geb. 1541 zu Paris, studierte die Rechte zu Orléans und Bourges, praktizierte einige Jahre zu Paris als Parlamentsadvokat und wandte sich dann der Theologie zu. Als Kanzelredner gewann er rasch bedeutenden Ruf und ward Hofprediger der Königin Margareta. 1594 zum Generalvikar des Bischofs von Cahors ernannt, starb er 16. Nov. 1603. In dem «Traité des trois vérités» (anonym, Bordeaux 1594) sucht C. nachzuweisen, daß nur die kath. Kirche die seligmachende Wahrheit besitzt. Der «Traité de la sagesse» (Bordeaux 1601; beste Ausg. von Renouard, 4 Bde., Dijon 1801) entwickelt dagegen in der skeptischen Art Montaignes, daß der Mensch von sich aus zur wahren Erkenntnis Gottes nicht kommen kann, daß alle Religionen den Anspruch erheben, auf Grund göttlicher Offenbarung die Wahrheit zu besitzen, sodaß es schwer ist, die wahre herauszufinden. – Vgl. Liebscher, C. und sein Werk: «De la sagesse» (Lpz. 1890).

Charrua, Indianerstamm, s. Amerikanische Rasse (Bd. 1, S. 527 a).

Charta (lat.), Papier, Urkunde; C. non erubescit, Papier errötet nicht (über eine Lüge), gebildet nach den Worten «Epistola non erubescit» («Ein Brief errötet nicht») in Ciceros «Epistolae ad familiares», 5, 12. Bei den Römern hieß C. oder Chartula ursprünglich ein Blatt von der ägypt. Papyruspflanze und, weil diese als Schreibmaterial diente, überhaupt alles, worauf etwas geschrieben oder gezeichnet war, in welcher letztern Bedeutung das Wort (Karte) auch im Deutschen gebraucht wird, z. B. Visiten-, Spiel-, Landkarte. Im Mittelalter bedeutet C. oder Diploma jede Urkunde, zuweilen im besondern Sinne eine solche, die wichtige Rechte und Freiheiten verbrieft, wie die berühmte Magna Charta (s. d.) der Engländer. In Rücksicht auf diese wie auf die Charte constitutionnelle Ludwigs ⅩⅧ. von Frankreich bezeichnet man mit Charte die Verfassungsgrundgesetze, für die in neuerer Zeit der Name Konstitution (s. d.) üblicher geworden ist. In Portugal finden sich beide Worte als Losungen entgegengesetzter Parteien, indem die Anhänger der Cortesverfassung von 1821 derselben den Titel Konstitution verliehen, während diejenigen, die für die 1826 durch Dom Pedro verliehene Ver- ^[folgende Seite]