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Châteaubriant
der Vorzüge des Christentums und seines poet.-künstlerischen Gehalts, der Religion wieder Anhänger zu werben; in der That wurde der kath. Glaube zahlreichen Gebildeten und Vornehmen wieder verehrungswürdig durch C.s Schrift der erwachenden katholisierenden Romantik: «Le génie du christianisme» (5 Bde., 1802 u. ö.; deutsch von Schneller, 2. Aufl., 2 Bde., Freib. i. Br. 1856‒57). Von diesem phantasiereichen, glänzend geschriebenen Werke war der poet. Indianerroman «Atala» (1801) eine vorher im «Mercure de France» veröffentlichte Episode, die mit ihren wundervollen Naturscenen und ihrer Mischung von lüsterner Sinnlichkeit und keuscher Ascese mächtig wirkte und C.s Ruhm begründete. In «René ou les effets des passions» (1802), gleichfalls einer später (1807) selbständigen (und durch die «Natchez» 1825 fortgesetzten) Episode des Hauptwerkes, schuf C. dann, ebenfalls auf dem Hintergrund seiner nordamerik. Erfahrungen, den durch genußsüchtig-empfindsame Selbstsucht und blasierte Rücksichtslosigkeit gekennzeichneten franz. Werther. C.s «Génie du christianisme», eine Bonaparte gewidmete Verherrlichung des Christentums, war dessen Plänen genehm, der gerade als Erster Konsul das Konkordat mit dem Papst schloß und die Wiederherstellung der kath. Kirche als ein Mittel zur Befestigung geordneter Zustände und seiner Herrschaft betrachtete. Bonaparte schickte C. 1803 als Gesandten nach Rom, doch nahm dieser sofort nach der Ermordung des Herzogs von Enghien (März 1804) seine Entlassung, lehnte beharrlich alle neuen Anerbietungen des Kaisers ab und machte 1806 eine Reise nach Jerusalem über Griechenland und zurück über Afrika und Spanien. Früchte dieser Pilgerfahrt waren die religiöse epische Prosadichtung «Les Martyrs» (2 Bde., 1809 u. ö.), die die Überlegenheit des Christentums über das Heidentum veranschaulichte, das «Itinéraire de Paris à Jérusalem» (3 Bde., 1811), hauptsächlich Naturschilderungen und Stimmungsbilder in C.s poet.-harmonischer Prosa, und die 1807 entstandene Novelle «Les aventures du dernier des Abencerrages» (1826). 1811 wurde C. in der Akademie Nachfolger seines Gegners M. J. ^[Marie-Joseph] Chénier; aber da er diesen in der üblichen Aufnahmerede abfällig beurteilte, verbot der Kaiser das Halten der Rede und machte sich C. zum Gegner, der 1814 seinen Beruf zum Politiker in der Flugschrift «De Buonaparte et des Bourbons» bekundete, die am Tage des Einzugs der Verbündeten in Paris erschien und die öffentliche Meinung ungemein stark zu Gunsten der Bourbonen beeinflußte. C. wurde für seinen Royalismus durch Ernennung zum Gesandten in Stockholm sofort belohnt. Während der Hundert Tage wurde er Minister ohne Portefeuille und gehörte dann als Pair von Frankreich zu der äußersten Rechten, die königlicher sein wollte als der König selbst. Seine Reden in der Pairskammer, die Schrift «De la monarchie selon la charte» (Par. 1816) zogen ihm des Königs Ungnade und seine Streichung aus dem Verzeichnis der Staatsminister zu. Als er aber seine «Mémoires, lettres et pièces authentiques touchant la vie et la mort du duc de Berry» (1820) herausgegeben, kam er bei Hof wieder in Aufnahme, wurde Gesandter in Berlin, dann in London, Bevollmächtigter auf dem Kongreß in Verona und 28. Dez. 1822 Minister des Auswärtigen. In dieser Stellung wurde C. einer der Urheber des Spanischen Krieges. Eine Differenz mit Villèle wurde dann Veranlassung seiner Entlassung, und seitdem schloß er sich den Gegnern der Regierung an. Nach dem Tode Ludwigs ⅩⅧ. veröffentlichte er die wirkungsvolle Flugschrift «Le roi est mort, vive le roi!», durch die er besonders die Gunst Karls Ⅹ. gewann; da er aber keine Stelle im Ministerium bekam, blieb er in der Opposition und verfaßte für das «Journal des Débats» seine glänzenden Aufsätze über Preßfreiheit, gegen Censur und für Griechenland («Note sur la Grèce»). Unter Martignacs Ministerium ging er als franz. Botschafter nach Rom, legte aber seine Stelle nieder, als Polignac ans Ruder kam. Nach den Julitagen sprach C. in der Pairskammer für die «angestammten Thronrechte» des Herzogs von Bordeaux (s. Chambord) und verweigerte Ludwig Philipp den Huldigungseid. Seine Reisen nach Prag, seine «Pilgerfahrten an den Hof der Verbannung» waren die letzten hervorragenden Ereignisse seines polit. Lebens. Er starb 4. Juli 1848 in Paris. Seine Leiche wurde nach St. Malo gebracht und auf der dicht dabei liegenden kleinen Felseninsel Grand-Bey beigesetzt. Am 5. Sept. 1875 wurde daselbst ein Denkmal errichtet. Zuletzt weilte C. meist in Abbaye aux Bois im Verkehr mit der Mad. Récamier und der jungen, ihn bewundernden Generation, zugleich mit der Vollendung seiner Denkwürdigkeiten beschäftigt. Diese erschienen gleich nach seinem Tode, zuerst als Feuilletons in der «Presse», dann gesammelt u. d. T. «Mémoires d’outre-tombe» (12 Bde., Par. 1849‒50 u. ö.) und trugen viel dazu bei, durch die in ihnen zum Vorschein kommende maßlose Eitelkeit das Ansehen C.s zu vermindern. Von den übrigen Werken sind zu nennen: «De la restauration et de la monarchie élective» (1831), sein polit. Glaubensbekenntnis; ferner «Études sur la chute de l’empire romain» (4 Bde., 1831), «Voyage en Amérique etc.» (2 Bde., 1834), «Essai sur la littérature anglaise» (2 Bde., 1836), «Le congrès de Vérone» (2 Bde., 1838), «Vie de Rancé» (1844) und eine Übersetzung von Miltons «Verlorenem Paradies» (1836). Von den zahlreichen Ausgaben seiner sämtlichen Werke (oft verdeutscht, z. B. 66 Bde., Freiburg 1827‒38) ist die von Sainte-Beuve (12 Bde., Par. 1859‒60) hervorzuheben. – Vgl. Villemain, C., sa vie, ses écrits, son influence littéraire et politique (2 Bde., Par. 1858); Sainte-Beuve, C. et son groupe littéraire sous l’Empire (2 Bde., ebd. 1860 u. ö.); Carné, Étude sur la vie et les ouvrages de C. (ebd. 1874); de Bona, C., sa vie et ses écrits (Lille 1886); de Lescure, Châteaubriand (Par. 1892).
Châteaubriant (spr. schatobrĭáng). 1) Arrondissement im franz. Depart. Loire-Inférieure (Bretagne), hat 1397,51 qkm, (1891) 82494 E., 37 Gemeinden und zerfällt in die 7 Kantone C. (168,39 qkm, 12892 E.), Derval (229,59 qkm, 12828 .), Moisdon-la-Rivière (169,26 qkm, 9539 E.), Nort (260,74 qkm, 15963 E.), Nozay (284,23 qkm, 16993 E.), Rougé (117,89 qkm, 6074 E.), St. Julien-de-Vouvantes (165,41 qkm, 8205 E.). – 2) Hauptstadt des Arrondissements C., 64 km nordöstlich von Nantes, links an der Chère und an den Linien Angers-Segré-C.-St. Nazaire, Vitré-C.-Redon, C.-Rennes (61 km) der Franz. Westbahn und Nantes-C. (61 km) der Orléansbahn, Sitz eines Gerichtshofes erster Instanz, hat (1891) 5349, als Gemeinde 6523 E., Post, Telegraph, ein großes Krankenhaus, Gefängnis und Schloß; Zuckerbäckereien, Töpferei, Leder- ^[folgende Seite]
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