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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Chinesischer Hanf – Chinesisches Heerwesen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Chinesische Mauer'

Zu der Plattform gelangt man durch so bequeme Treppen, daß man sie hinaufreiten kann. In Zwischenräumen befinden sich Türme, oft aus zwei Stockwerken. Die Hauptthore sind durch Ringmauern geschützt. Nordwestlich von Peking ist die Mauer zweifach, dreifach, ja so oft aufgeführt, als die Umstände es nötig zu machen scheinen. Sie windet sich über Abgründe und Bergrücken. An einer Stelle erreicht sie die Höhe von 1700 m. Doch war ihr Nutzen immer ein sehr geringer. Seitdem die Mandschu Herren von China geworden sind, ist sie völlig überflüssig. Sie ist daher auch teilweise schon verfallen und verfällt immer mehr. Teilweise scheint von Anfang an nur ein Wall von lose aufgeschichteten Steinen, teilweise nur ein Lehmwall bestanden zu haben, wie es andererseits ganz aus Granit und Porphyr aufgeführte Strecken giebt. Gab es schon Jahrhunderte vor Thsin-schi-Hwang-ti derartige Grenzwälle (zur Zeit der Tschou), so erreichten sie doch zur Zeit der Ming-Herrschaft erst ihr Ende und gerade da, wo Ausländer am meisten die Mauer zu sehen bekamen, nordwestlich von Peking. Dort in der innern Mauer ist das berühmte Thor Kü-jung-kwan, wo Inschriften in Sanskrit, in chines., mongol., uigurischer, tibetischer und shutschi-tungusischer Sprache die innern Wände füllen (vom J. 1345, erneuert 1445). Die Mauer oder Grenzbefestigung, welche Möng-tien, der Feldherr des Thsin-schi-Hwang-ti, 214 v.Chr. bauen ließ, hatte im W. einen südlichern und östlichern, im O., wo sie in Liau-tung endete, einen nördlichern Verlauf. – Vgl. Möllendorff, Die Große Mauer von China (in der «Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft», Jahrg. 35); Wylie, Über die Inschriften von Kü-jung-kwan (im «Journal of the Royal Asiatic Society», Dez. 1870).

Chinesischer Hanf, s. Chinagras.

Chinesische Rose, s. Hibiscus.

Chinesischer Speckstein, s. Agalmatolith.

Chinesischer Talg, fälschlich auch zuweilen Chinesisches Wachs (s. d.) genannt, ist das Produkt des Talgbaums (s. d.). Die im November oder Dezember gesammelten schwarzen, erbsengroßen Samen sind von einer weißen Talgschicht umhüllt, die man durch Abschmelzen in Wasser oder durch Abpressen der zerquetschten Samen gewinnt; häufig setzt man dem Talg noch 25 Proz. Leinöl hinzu, um ihn geschmeidiger zu machen. In reinem Zustande besteht er hauptsächlich aus Palmitin und wenig Stearin, besitzt ein spec. Gewicht von 0,918 und einen Schmelzpunkt von 44°C. In China wird er als Leuchtmaterial verwandt, auch ab und zu nach England exportiert, wo er in der Seifenfabrikation verwandt wird.

Chinesisches Feuer, bei den Chinesen seit den ältesten Zeiten gebräuchliche Mischungen, zu Feuerwerken und als Schießpulver gebraucht. Die Mischungen sind dem europ. Schießpulver ähnlich und von diesem in neuester Zeit verdrängt worden. Bisweilen wird auch das Bengalische Feuer (s. d.) als C. F. bezeichnet.

Chinesisches Gras, soviel wie Chinagras.

Chinesisches Grün (Chinagrün, Lokao), ein aus China kommender grüner Farbstoff, der namentlich in der Seidenfärberei Verwendung gefunden hat. Über die in China übliche Bereitungsart ist, trotz mannigfacher Publikationen, wenig Sicheres bekannt. Das zu seiner Darstellung ↔ dienende Rohmaterial ist angeblich die Rinde von Rhamnus utilis Dosne und Rhamnus chlorophora Lindl.; aus derselben wird durch anhaltendes Kochen ein Dekokt bereitet, das nach dem Abseihen mit etwas Soda versetzt wird. In die so erhaltene bläuliche Flüssigkeit werden baumwollene Gewebe eingetaucht und dann auf dem Rasen dem Sonnenschein ausgesetzt, wobei aber darauf achtzugeben ist, daß das Licht weder zu intensiv noch auch zu gering ist, weil in beiden Fällen die Operation mißlingt. Auf der dem Licht zugekehrten Seite des Gewebes entwickelt sich nach kurzer Zeit die grüne Farbe, worauf dasselbe Zeug wieder in die Brühe getaucht, von neuem belichtet und damit 10–15mal fortgefahren wird, bis der richtige Farbenton erzielt ist. Die so mit Farbstoff beladenen Gewebe werden an andere Fabrikanten abgegeben. Diese kochen die grünen Gewebe in Wasser, bis der Farbstoff sich löst, die Lösung wird dann zur Sirupskonsistenz verdampft, auf Papierblätter gestrichen und an der Luft langsam getrocknet. Nach Untersuchungen verschiedener Chemiker ist das C. G. ein Farblack, dessen Gehalt an unverbrennlichen Stoffen ein Viertel bis nahezu zur Hälfte seines Gewichts ausmacht. Der organische Bestandteil, Lokaïn genannt, läßt sich mit einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak extrahieren und bleibt beim Verdunsten derselben zurück. Er scheint ein Glykosid zu sein, da er beim Behandeln mit Säuren einen Zucker abspalten läßt.

Chinesisches Heerwesen. I. Landheer. Die Landmacht Chinas besteht aus Bannertruppen und Söldnern; hinzutreten sollen im Kriegsfall die irregulären Aufgebote der zu China im Vasallenverhältnis stehenden Distrikte. Die Bannertruppen ergänzen sich aus den auf Lebenszeit wehrpflichtigen Mitgliedern der erblichen Kriegerkaste und sind in 24 Banner eingeteilt, deren jede der drei Hauptnationalitäten: Chinesen, Mandschu, Mongolen, je 8 aufzustellen hat. Die Banner unterscheiden sich innerhalb ihrer Nationalität durch die verschiedenen Farben ihrer Fahnen. In jedem Banner sollen Infanterie, Kavallerie, Artillerie vertreten sein; über das Stärkeverhältnis dieser Waffen zueinander wie der Banner überhaupt und ihrer Teile fehlen genauere Angaben. Hinsichtlich der Bewaffnung bilden Armbrust und Hinterlader die Grenzen. Zur Unterkunft der Bannertruppen, von denen stets nur ein Teil zum Dienst herangezogen ist, während der andere seinen bürgerlichen Beschäftigungen nachgeht, sind in den einzelnen Städten die sog. Tatarenviertel bestimmt. Die Gesamtstärke der Bannertruppen wird auf 250000–300000 Mann geschätzt. Der Umstand, daß die Bannertruppen unter der Centralregierung stehen, läßt dieselben als den zuverlässigern Teil der chines. Heeresmacht erscheinen. Die Söldner (Nationalmilizen) stehen im Solde der Vicekönige oder Gouverneure der einzelnen Provinzen, die nach Größe und Wohlstand derselben ein entsprechendes Kontingent anzuwerben, auszurüsten und zu verpflegen gehalten sind. Die Verfügungsfreiheit der Regierung über diese Truppen ist gering. Die Sollstärke dieser Söldnertruppen wird auf 600000 Mann angegeben. Bannertruppen wie Nationalmilizen verteilen sich auf fünf Heeresgruppen: die Armeen der Mandschurei, der Mongolei, von Turkestan, des Küstengebietes, von Peking, deren jeder die Verteidigung des betreffenden Landstriches zufällt. Rechnet man zu obigen unzuverlässigen Zahlenangaben die Vasallenkontingente hinzu, so ergiebt

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 223.

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