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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Chinesische Sprache, Schrift und Litteratur

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Chinesische Sprache, Schrift und Litteratur'

  • nördl. und einen südl. Zweig zerfällt. Hauptsitz des letztern ist Nan-king, während der Pekinger Dialekt die verschliffenste, lautlich verderbteste, aber zugleich als eleganteste geltende Form des nördl. Mandarinendialektes repräsentiert.
  • 2) Der Dialekt von Tsche-kiang und Kiang-su.
  • 3) Der Kanton-Dialekt als die bekannteste der Mundarten von Kwang-tung.
  • 4) Der Hakka-Dialekt in den Provinzen Kwang-tung und Kwang-si.
  • 5) Der Dialekt von Fu-kien.

Lautlich weichen die Dialekte sehr stark voneinander ab. Der lautärmste von allen ist der Dialekt von Peking, welcher u.a. im Auslaute keinen Konsonanten außer n und ng duldet, sodaß sich die Gesamtzahl seiner verschiedensten Lautkomplexe auf 420 beschränkt. Die südl. Dialekte sind bedeutend lautreicher und sprachgeschichtlich besonders dadurch wichtig, daß sich in ihnen die alten Auslaute k, t, p und m erhalten haben. Da im Chinesischen die Zahl der nach unsern Begriffen lautlich verschiedenen Wörter naturgemäß sehr gering ist (der Dialekt von Fu-tschou erreicht mit 928 die höchste Zahl von allen), kommt den sog. Tönen als sprachbildendem Moment eine besondere Bedeutung zu. Jedes Wort besitzt nämlich seinen eigentümlichen Ton, der ihm untrennbar anhaftet. Diese Töne sind nach der Tonlage, Quantität und Qualität verschieden. Der Ton ist erstens entweder hoch oder tief, zweitens entweder gleichmässig oder ungleichmäßig und im letztern Falle entweder langsam oder rasch steigend oder fallend, oder endlich kurz abgebrochen. Wörter von gleichem Lautwerte können auf diese Weise je nach dem zugehörigen Tone die verschiedensten Bedeutungen haben: so bedeutet z.B. lì (mit dem tiefen rasch steigenden Tone) Pflaume, lì (mit dem hohen rasch steigenden Tone) Birne, und lih (mit dem kurz abgebrochenen Tone) Kastanie. Daß trotz alledem die Zahl der Gleichklänge sehr beträchtlich bleiben muß, liegt auf der Hand, und als ein Mittel, der Mehrdeutigkeit und dem Mißverständnisse vorzubeugen, spielen daher Wortzusammensetzungen verschiedener Art, besonders aber zahllose Synonymkomposita in der chines. Umgangssprache der Gegenwart eine geradezu beherrschende Rolle. Sehr wahrscheinlich sind die Töne ursprünglich ein Ersatz für ausgefallene Silben oder Laute; der kurz abgebrochene Ton ist z.B. nachweislich allemal an die Stelle eines ursprünglich anslautenden k, t oder p getreten.

Der grammatische Bau des Chinesischen ist durch zwei Momente charakterisiert: die Wortstellung und die Hilfswörter. Das Wort als solches ist einsilbig und unveränderlich, eine lautliche Unterscheidung der Redeteile und grammatischen Formen also ausgeschlossen. Die chines. Grammatik ist demnach lediglich Syntax. Als wichtigste Stellungsgesetze gelten die Regeln, daß das Subjekt vor dem Prädikate, das Verbum vor seinem Objekte, das Attribut vor dem zu bestimmenden Worte steht. Jeder Satz kann ohne weiteres in einen Satzteil verwandelt werden, indem das Prädikat als genetivisches Attribut vor das Subjekt tritt. So kann z.B. der Satz: wâng pào min (König-beschützen-Volk), «der König beschützt das Volk», vermittelst des genetivischen Hilfswortes tschī in den substantivischen Satzteil: pào min tschī wâng (beschützen-Volk-nota genitivi-König) = der König, welcher sein Volk beschützt, verwandelt werden. Wenn das Chinesische trotz seiner scheinbar geringen Mittel einen erstaunlich hohen Grad von logischer Schärfe sowie Kraft, Feinheit und Biegsamkeit des Ausdrucks ↔ erreicht hat, so sind diese Vorzüge zumeist den grammatischen, besonders den modalen Hilfswörtern zuzuschreiben; diese durchbrechen die starre Herrschaft der Stellungsgesetze und verleihen so der Sprache eine Geschmeidigkeit, die ihr sonst versagt geblieben wäre. Die moderne Umgangssprache hat diese Vorzüge der klassischen Sprache durch das Überhandnehmen der Formwörter freilich zum guten Teil wieder eingebüßt. – Unter den zahlreichen ältern und neuern Grammatiken sind besonders hervorzuheben die von Marshman (Serampur 1814), von Prémare (lateinisch, Malaka 1831; englisch von Bridgman, Kanton 1847), von Rémusat (Par. 1822; 2. Aufl. von de Rosny, 1858), Gonçalvez (Macao 1829), Medhurst (Batavia 1842), Summers (Lond. 1863); dazu kommen noch die deutschen Arbeiten von Endlicher, «Anfangsgründe der chines. Grammatik» (Wien 1845); Schott, «Chines. Sprachlehre» (Berl. 1857), «Über chines. Verskunst» (ebd. 1857) und «Zur chines. Sprachlehre» (ebd. 1868); G. von der Gabelentz, «Chines. Grammatik» (Lpz. 1881) und «Anfangsgründe der chines. Grammatik» (ebd. 1883). An Wörterbüchern sind zu erwähnen das Dictionnaire chinois, français et latin» vom Missionar Basilius de Glemona, hg. von Deguignes dem Jüngern (Par. 1813), nebst Klaproths «Supplément» (ebd. 1819), das aber Fragment geblieben und außerdem, eine Anzahl aus Prémares «Notitia linguae sinicae» wörtlich entlehnter Artikel abgerechnet, fast wertlos ist; Morrisons «Dictionary» (6 Bde., Macao 1815–22); Gonçalvez' «Diccionario china-portuguez» (ebd. 1833), desselben «Diccionario portuguez-china» (ebd. 1831) und «Lexicon magnum latino-sinicum» (ebd. 1841); Medhursts «Chinese and English dictionary» (2 Bde., Batavia 1843) nebst dessen «English and Chinese dictionary» (2 Bde., Shang-hai 1847–48); Wells Williams, «A tonic dictionary of the Chinese language» (Kanton 1856) und dessen weit ausführlicheres «Syllabic dictionary of the Chinese language» (Shang-hai 1874). Der Stil der gebildeten Umgangssprache (den man mit ihrem lautlichen Charakter nicht verwechseln darf) ist speciell dargelegt von Morrison (Serampur 1815), Rochet (Par. 1846), besonders aber von Bazin, «Grammaire mandarine» (ebd. 1856), «Grammar of the Chinese colloquial language» (Shang-hai 1857) und Medhurst, «Chinese dialogues» (neue Aufl., ebd. 1861) und von Arendt in seinem «Handbuch der nordchines. Umgangssprache mit Einschluß der Anfangsgründe des neuchinesischen offiziellen und Briefstils» (Berl. 1892). Für das Studium der chines. Dialekte vgl. Dennys, Handbook of the Canton vernacular of the Chinese language (Hongkong 1874); Edkins, Grammar of colloquial Chinese, as exhibited in the Shanghai dialect (Shang-hai 1868); Fielde, First lessons in the Swatow dialect (Scha-tou 1878); Eitel, Chinese dictionary in the Cantonese dialect (4 Tle. und Suppl., Hongkong 1877–87); Stent, Chinese and English dictionary in the Pekinese dialect (Shang-hai 1876).

II. Schrift. Die chines. Schrift ist Wortschrift, d.h. jedes einzelne Schriftzeichen stellt ein Wort dar, und die Gesamtzahl dieser Schriftzeichen beträgt annähernd 24000. Der Ursprung der Schrift verliert sich im Dunkel sagenhafter Vorzeit. In ihrer ältesten Form bestand die Schrift aus teils einfachen, teils zusammengesetzten Bildern und Symbolen; sie wird als kù-wên, alte Schrift, bezeichnet. Um 800

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 225.

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