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Condé (Geschlecht) – Condé (Ludwig Ⅰ. von Bourbon, Prinz von)
werden kann, hat (1891) 2840, als Gemeinde 4772 E., Post, Telegraph, ein schönes Zeughaus, ein Kommunal-Collège; Brauereien, Gerbereien, Ölraffinerien, Schiffbau, ein großes Steinkohlenentrepot und Steinkohlengruben. Die Festung wurde durch De Ville und Vauban angelegt. – C. wurde 880 von den Normannen erobert, 1478 von Ludwig Ⅺ., 1580 vom Prinzen von Oranien, 1649 und 1676 von den Franzosen erobert, welche die Stadt im Nimwegener Frieden behielten. (S. Condé, Fürstengeschlecht.) – 2) Condé-sur-Noireau (spr. ßür nŏarroh), Hauptstadt des Kantons C. (104,83 qkm, 11 Gemeinden, 11902 E.) im Arrondissement Vire des Depart. Calvados, 42 km südwestlich von Caen, am Zusammenfluß des Noireau und der Drouance und an der Linie Mayenne-Domfront-Caen der Franz. Westbahn, hat (1891) 6139, als Gemeinde 6764 E., Post, Telegraph, Handelsgericht, Gewerbekammer, eine Bronzestatue des Admirals Dumont d’Urville, mechan. Webereien, Fabrikation von Woll- und Baumwollzeugen, Tafel- und Bettzeugen und Spitzen. – 3) C. oder Vieux-Condé (spr. wĭöh), Dorf im Kanton C., Arrondissement Valenciennes des Depart. Nord, 2 km nördlich von Condé-sur-l’Escaut, an der an die Franz. Nordbahn anschließenden Lokalbahnlinie Somain-Peruwelz, hat (1891) 3446, als Gemeinde 6977 E., Post, Telegraph, Schiffbau, Zuckerfabrikation und Steinkohlengruben.
Condé (spr. kongdeh), franz. Fürstengeschlecht, hat den Namen von der Stadt Condé (s. d.) im Hennegau, die im 14. Jahrh. durch Heirat an die Bourbonen und zwar an den Zweig Vendôme fiel. Ludwig Ⅰ. (s. den folgenden Artikel), Bruder Antons von Navarra, legte sich zuerst den Namen eines Prinzen von C. bei.
Ihm folgte sein erstgeborener Sohn, Heinrich Ⅰ., Prinz von C., geb. 1552, der mit dem Prinzen von Béarn (nachher Heinrich Ⅳ.) an der Spitze der Hugenotten stand. Die Vermählung Heinrichs von Béarn führte beide Prinzen 1572 an den Hof. Als Verwandte Karls Ⅸ. wurden sie in der Bartholomäusnacht verschont; doch mußten sie den reform. Glauben abschwören. 1574 trat C. zum Calvinismus zurück, ging nach England und Deutschland, knüpfte überall Verbindungen für seine Partei an (s. Hugenotten) und war in dem folgenden Jahrzehnt deren entschlossenster und unruhigster Führer, in jede Bewegung der franz. und europ. Politik tief verwickelt. In seiner letzten Zeit überragte ihn der aufsteigende Einfluß Heinrichs von Navarra (s. Heinrich Ⅳ.) mehr und mehr: es scheint, daß er auch ihm gegenüber Selbständigkeitsgelüste beibehielt. Er starb, plötzlich und allem Anschein nach an Gift, zu St. Jean d’Angely 5. März 1588.
Sechs Monate nach seinem Tode, 1. Sept. 1588, gebar seine Gemahlin, Katharina von La Tremouille, Heinrich Ⅱ., Prinzen von C. Derselbe lebte die ersten 8 Jahre zu La Rochelle, bis ihn Heinrich Ⅳ. an den Hof bringen und in der kath. Religion, zu der auch seine Mutter übergetreten war, erziehen ließ. Der Prinz heiratete 1609 Charlotte von Montmorency, die gefeiertste Schönheit des Hofs. Der König liebte die Dame selbst und hatte die Ehe mit dem abhängigen Vetter eingeleitet, um dessen Rechte an der jungen Frau alsbald an sich zu bringen. C. floh jedoch mit seiner Gemahlin nach den Niederlanden, warf sich dem feindlichen Spanien in die Arme und kehrte erst nach dem Tode Heinrichs nach Frankreich zurück. Nun war er in der Minderjährigkeit Ludwigs ⅩⅢ. der gefährlichste der Empörer wider die königl. Obergewalt; erst geschlagen und eingesperrt, schloß er mit Maria von Medici Frieden; nachher ging er zu Richelieu über, dessen überlegenem Genius er bis an dessen Tod treu blieb; auch nachher hielt er zu Anna von Österreich und Mazarin. Die Hugenotten hatte er die zwanziger Jahre hindurch eifrig bekriegen helfen. Er starb 1646. Sein zweiter Sohn, Armand, wurde Stifter des Nebenzweigs Conti (s. d.); sein ältester Sohn und Nachfolger war Ludwig Ⅱ. von Bourbon, Prinz von C. (s. d.).
Des letztern ältester Sohn aus der Ehe mit Claire Clémence de Maillé-Brezé, Nichte des Kardinals Richelieu, Heinrich Ⅲ. Julius, Prinz von C., geb. 1643, führte bis 1686 den Titel eines Herzogs von Enghien und war, wie die meisten C., Großmeister des königl. Hauses. Er focht an der Seite seines Vaters in den Niederlanden und starb 1. April 1709 zu Paris, nachdem er wohl 20 Jahre hindurch geistesschwach gewesen.
Ihm folgte sein Sohn, Ludwig Ⅲ. von C., Herzog von Bourbon und von Enghien, geb. 1668. Er heiratete eine natürliche Tochter Ludwigs ⅩⅣ., Mademoiselle de Nantes, und starb 1710.
Ludwigs Ⅲ. zweiter Sohn, Karl von C., Graf von Charolois, geb. 19. Juni 1700, floh, 17 J. alt, heimlich aus Frankreich, um unter dem Prinzen Eugen gegen die Türken zu kämpfen. Er starb 1760 zu Paris unverehelicht.
Dessen jüngerer Bruder, Ludwig von C., Graf von Clermont, geb. 1709, kämpfte als General im Siebenjährigen Kriege unglücklich und starb 1771.
Der Nachfolger Ludwigs Ⅲ. und das Familienhaupt war dessen ältester Sohn, Ludwig Heinrich, Herzog von Bourbon und von Enghien, geb. 1692, der indessen den Titel eines Prinzen von C. nie geführt hat (er hieß der Herzog von Bourbon-Condé). Nach dem Tode des Herzogs von Orléans ernannte ihn der junge Ludwig ⅩⅤ. 1723 zum ersten Minister. Er war unbegabt, von einer ehrgeizigen Maitresse beherrscht. Im Innern zeigte sich neben Verfolgung der Protestanten und Jansenisten ein interessanter Anlauf zur Verallgemeinerung und Ausgleichung der Steuern, der lebhaftem Widerstande begegnete. C. erreichte nichts; 1726 entließ ihn der König auf Anstiften seines Erziehers Fleury. C. zog sich hierauf auf sein Landgut Chantilly zurück, wo er 1740 starb.
Sein Sohn war Ludwig Joseph, Prinz von C. (s. d.). Mit dem Sohne des letztern, Ludwig Heinrich Joseph, Prinzen von C. (s. d.), dem Vater des Herzogs von Enghien (s. d.), erlosch 1830 die Linie der Bourbon-Condé. Den Titel eines Prinzen von C. führte später noch der älteste Sohn des Herzogs von Aumale, Ludwig Philipp Maria Leopold von Orléans, geb. 1845, gest. 1866 zu Sydney in Australien. – Vgl. Herzog von Aumale, Histoire des princes de C. pendant les ⅩⅥ<sup>e</sup> et ⅩⅦ<sup>e</sup> siècle (Bd. 1‒6, Par. 1869‒92; deutsch von J. Singer, Bd. 1, Wien 1890).
Condé (spr. kongdeh), Ludwig Ⅰ. von Bourbon, Prinz von, der Stifter des fürstl. Hauses C., ein jüngerer Sohn Karls von Bourbon, Herzogs von Vendôme (vgl. Bourbon, Bd. 3, S. 375 b), Bruder Antons, Königs von Navarra, geb. 7. Mai 1530, zeichnete sich schon unter Heinrich Ⅱ. durch tapfere Thaten aus. In dem Zwiespalte zwischen den Häusern Guise und Bourbon offener Hugenott gewor- ^[folgende Seite]
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