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Conring – Conscience
lieu entstand 1634 aus dieser Gesellschaft die Académie française, deren ständiger Sekretär bis zum Tode (23. Sept. 1675) C. war. Er selbst hat nur wenig geschrieben; daher Boileaus Vers: «J’imité de Conrart le silence prudent», der in Frankreich zum geflügelten Wort wurde. Außer Gedichten (Fabeln, Trinklieder, Psalmen) sind Briefe (an Balzac, an den prot. Prediger Rivet, an Elzevir) und Memoiren erhalten, die sich aber auf das J. 1652 beschränken. Wichtiger sind seine Auszüge und Abschriften von zeitgenössischen Schriftstellern, die er für bedeutend hielt (44 Bde., noch ungedruckt auf der Arsenalbibliothek). – Vgl. Kerviler und Barthélemy, C., sa vie et sa correspondance (Par. 1881); Bourgoin, C. et son temps (ebd. 1883).
Conring, Herm., Gelehrter, geb. 9. Nov. 1606 zu Norden in Ostfriesland, studierte zu Helmstedt und Leiden Philosophie, Theologie und Medizin, wurde 1632 zu Helmstedt Professor der Naturphilosophie, 1636 der Medizin, später auch Professor der Politik; 1660 erfolgte seine Ernennung zum Geheimrat des Herzogs von Braunschweig. 1658 hatte der König Karl Ⅹ. Gustav von Schweden C. zu seinem Rat und Leibarzt ernannt; 1664 verlieh ihm Ludwig ⅩⅣ. eine Pension, und 1669 wurde er vom König von Dänemark zum Etatsrat ernannt. In den wichtigsten Reichs- und Staatssachen suchte man seinen Rat; auch beim Zustandekommen des Westfälischen Friedens war er beteiligt. Er starb 12. Dez. 1681 zu Helmstedt. Das größte Verdienst erwarb er sich um die deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte durch sein Werk «De origine juris germanici» (Helmstedt 1643 u. ö.) und dem deutschen Staatsrecht brach er durch seine «Exercitationes de republica Germanica» (ebd. 1675) eine neue Bahn. Auch der Medizin hat C. durch die Verbreitung der Harveyschen Lehre vom Kreislaufe des Blutes, durch seine Kämpfe gegen die Alchimie und die hermetische Medizin sowie durch die Bestimmung des Nutzens der Chemie für die Pharmacie viel genützt. Eine Ausgabe seiner «Opera omnia» mit Biographie besorgte Göbel (6 Bde., Braunschw. 1730). – Vgl. Stobbe, Hermann C., der Begründer der deutschen Rechtsgeschichte (Berl. 1870); Marx, Zur Erinnerung der ärztlichen Wirksamkeit Hermann C.s (Gött. 1873).
Consacramentāles (mittellat.), die Eideshelfer im altdeutschen Prozeßverfahren.
Consalvi, Ercole, Marchese, Kardinal und päpstl. Diplomat, geb. 8. Juni 1757 zu Rom, wurde 1792 Auditor der Rota (s. d.), wo er sich als tüchtiger Verwaltungsbeamter bewährte. Bei der Besetzung des Kirchenstaates durch die Franzosen wurde er als Gegner der revolutionären Bewegung 1798 verbannt. Aber Pius Ⅶ., der seine Wahl vornehmlich C. zu danken hatte, ernannte ihn 1800 zum Kardinaldiakon und Staatssekretär. Als solcher bewies er großes diplomat. Geschick bei dem Abschluß des Konkordats mit Napoleon Ⅰ. (15. Juli 1801). Bei dem weitern Streit zwischen dem Papst und Napoleon ward er auf des letztern Forderung hin 1806 seines Amtes als Staatssekretär enthoben und 1809 in Reims, später in Béziers interniert. Nach Napoleons Sturz sandte ihn Pius Ⅶ. nach London zu den verbündeten Fürsten, dann auf den Wiener Kongreß, wo er für Papst und Kirchenstaat günstige Ergebnisse erzielte. Nach Wiederherstellung des Kirchenstaates blieb er als Kardinalstaatssekretär bis zu Pius’ Ⅶ. Tode (20. Aug. 1822) Leiter desselben und regelte während der Zeit die Verfassung und Verwaltung des Kirchenstaates. Tüchtig in diplomat. Verhandlungen, hat er auch die günstigen Konkordate mit Rußland, Preußen, Bayern, Württemberg, Sardinien, Spanien, Genf und namentlich mit Neapel zu stande gebracht. Von Leo Ⅻ. seines Kardinalsekretariats enthoben, ward er bald darauf mit dem wichtigen Amt des Präfekten der Propaganda betraut, starb aber schon 10 Tage darauf, 24. Jan. 1824. Sein Grabmal (von R. Rinaldi) befindet sich in S. Marcello zu Rom, ein Denkmal (von Thorwaldsen) im Pantheon. – Vgl. Bartholdy, Züge aus dem Leben des Kardinals C. (Stuttg. 1824); Mémoires du Cardinal C. Avec une introduction et des notes par Crétineau-Joly (2 Bde., Par. 1864), deren Echtheit bezweifelt wurde; Artaud de Montor, Histoire de la vie et du pontificat de Pie Ⅶ (ebd. 1836 u. ö.); E. Daudet, Le Cardinal C. (ebd. 1866); Crétineau-Joly, Bonaparte, le concordat de 1801 et le cardinal C. (ebd. 1869); Ranke, Histor.-biogr. Studien (in den «Sämtlichen Werken», Bd. 41, Lpz. 1877).
Consanguinĕi (lat.), halbbürtige Geschwister, welche den Vater gemeinsam haben.
Conscience (spr. kongßĭángß), Hendrik, vläm. Novellist und einer der Begründer der neuern vläm. Litteratur, geb. 3. Dez. 1812 zu Antwerpen, trat 1830 als Freiwilliger ins Heer, wo er es bis zum Sergeantmajor brachte. Nach Vollendung seiner Dienstzeit (1836) schloß er sich eifrig der vläm. Bewegung an, wurde Sekretär bei der Akademie der Künste zu Antwerpen, 1845 außerord. Professor an der Universität Gent und 1847 Lehrer der vläm. Sprache bei den königl. Prinzen. Seit 1857 Kommissar des Arrondissements Kortrijk, wurde er 1868 zum Konservator des neuerrichteten Museum Wiertz in Brüssel ernannt, wo er 10. Sept. 1883 starb. Im selben Jahre war ihm in Antwerpen ein Denkmal errichtet worden. Er schrieb den vläm. Roman «In het wonderjaar 1566» (Gent 1837; deutsch Regensb. 1846), die «Phantasia» (Antwerp. 1837), eine Sammlung phantastischer Erzählungen, und mit glänzendem Erfolg den Roman «De Leeuw van Vlaanderen» (3 Tle., Antwerp. 1838), der die Kämpfe der Flamänder gegen die Franzosen zu Anfang des 14. Jahrh. schildert. Seitdem entwickelte C. eine rastlose Thätigkeit, wie seine mehr als 100 Romane und Novellen bezeugen. Von C.s weitern Arbeiten sind besonders zu nennen die histor. Romane: «Geschiedenis van Graaf Hugo van Craenhove» (Antwerp. 1845), «Jacob van Artevelde» (1849), «De Boerenkrijg» (1853), «Hlodwig en Clothildis» (1854), «Simon Turchi» (1859), «De Kerels van Vlaanderen» (1870), «Everard ’t Serclaes» (1874) u. a. Sie zeichnen sich aus durch Frische und Einfachheit der Darstellung, sind aber weniger gelungen als die kleinen Geschichten und Schilderungen aus dem vläm. Leben, die C.s Ruf über ganz Europa verbreiteten. Hierher gehören «Siska van Roosemael» (1844), «Wat eene moeder lijden kann» (1843), «Hoe men schilder wordt» (1843), «Avondstonden» (1846), «Lambrecht Hensmans» (1847), «De Loteling» (1850), «Baas Ganzendonck» (1850), «De houten Clara» (1850), «De blinde Roza» (1850), «Rikke-tikke-tak» (1851), «De arme Edelman» (1851), «De plaag der dorpen» (1855), «De jonge Dokter» (1860), «Het ijzeren graf» (1860), «Bella Stock» (1861), «Moederliefde» (1862) u. s. w. Auch veröffentlichte er eine illustrierte «Geschiedenis van België» (Antwerp. 1845; deutsch Lpz. 1847), in der er sich