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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Consilĭa evangelĭca; Consiliarĭus; Consilĭum; Consilĭum abĕundi; Consīva; Consobrīni; Consolidantĭa

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Consilia evangelica – Consolidantia

(s. d.) und wurde nach des Meisters Tode, das Haupt von dessen socialistischer Schule. Während Fouriers Wirksamkeit schrieb C. zahlreiche Artikel in die «Réforme industrielle», das Organ des Fourierismus, welche gegen die bestehenden Zustände gerichtet waren. Später, 1836‒40, übernahm er die Leitung der «Phalange», die zwar weniger feindselig gegen die «Civilisation» auftrat, aber immer noch in einem sehr schwärmerischen Tone gehalten war. C. gewann für seine Anschauungen den reichen Engländer Young, welcher 1832 für die Stiftung eines Phalanstère (nach socialistischen Grundsätzen eingerichtetes Gebäude für eine geschlossene Gesamtheit [Phalanx] von Bewohnern) auf einem großen Gute zu Condé-sur-Vègre (im Depart. Eure-et-Loire) Geldmittel hergab. Das Unternehmen scheiterte aber, worauf auch die Zeitschrift «Phalange» einging. Die Anhänger der Schule stifteten sodann ein neues Organ, die «Démocratie pacifique», welche zu Anfang 1845 an der «Phalange, revue de la science sociale» eine Hilfszeitschrift erhielt. Die oberste Leitung beider Journale wurde C. übertragen. Seine meisten und wichtigsten Schriften handeln von der radikalen Weltverbesserung nach «harmonischen» Grundsätzen. Dahin gehört besonders «Destinée sociale» (3 Bde., Par. 1834‒45; neue Aufl. in 2 Bdn., 1851), worin er sich als eifriger Nachahmer Fouriers zeigt; seine Terminologie ist ebenso bunt, seine Darstellung ebenso hart als die des Meisters. Außerdem sind hervorzuheben: «Théorie de l’éducation naturelle et attrayante» (1845; deutsch Nordh. 1847), «Débâcle de la politique en France» (1836), «Manifeste de l’école sociétaire, fondée par Fourier, ou bases de la politique positive» (1841), «Exposition abrégée du système phalanstérien de Fourier» (1845) , «Principes du socialisme, manifeste de la démocratie au 19 <sup>e</sup> siècle» (1847), «Théorie du droit de propriété et du droit au travail» (1848), «Le socialisme devant le vieux monde, ou le vivant devant les morts» (1848), «L’apocalypse, ou la prochaine rénovation démocratique et sociale de l’Europe» (1849), «La dernière guerre et la paix définitive de l’Europe» (1850). 1848 wurde er vom Depart. Loiret, 1849 vom Seine-Departement in die Nationalversammlung gewählt, hier stimmte er mit der Bergpartei. Als Mitunterzeichner zweier Aktenstücke aufrührerischen Inhalts des Hochverrats angeklagt, flüchtete er nach Belgien. Nachdem seine in Texas angestellten Versuche, sein socialistisches System zu verwirklichen, gescheitert waren, kehrte er 1869 nach Frankreich zurück. Er starb 27. Dez. 1893 in Paris. Anonym erschien noch von ihm: «Mexique; quatre lettres au maréchal Bazaine» (Brüss. 1808). – Vgl. Reybaud, Études sur les réformateurs ou socialistes modernes (2 Bde., Par. 1864).

Consilĭa evangelĭca (lat.), Evangelische Räte, in der kath. Kirche zum Unterschiede von den für alle Christen verbindlichen sittlichen Geboten gewisse Ratschläge, zu deren Erfüllung sich nur solche, die eine höhere Heiligkeit und ein «überschießendes» Verdienst zu erlangen wünschen, freiwillig verpflichten. Dahin gehören vorzugsweise die drei Klostergelübde der Armut, des Gehorsams und der unbedingten geschlechtlichen Enthaltsamkeit.

Consiliarĭus (lat., «Ratgeber»), der zu einer Konsultation (s. d.) hinzugerufene Arzt.

Consilĭum (lat.), Rat, richterliches Gutachten; bei den alten Römern der Beirat, dessen sich Familienväter, die geschworenen Einzelrichter in Civilsachen sowie Magistratspersonen, wenn sie richterliche Entscheidungen zu fällen hatten, bedienten, um sich und andere zu vergewissern, daß das Urteil, das schließlich nach freier Entscheidung des Berufenden, nicht nach einem Beschlusse des C. gefällt wurde, in überlegter und ordnungsmäßiger Weise erfolgt sei. Allmählich übten diese Consiliarii einen immer mehr wachsenden Einfluß auf die Entscheidung der Behörden aus. Ein solches C. zogen namentlich auch die Statthalter in den Provinzen zu Rate, wie die Feldherren vor wichtigen Entschließungen ein C., einen Kriegsrat, zu berufen pflegten, C. hieß dann aber auch das aus der Geschworenenliste für einen bestimmten Straffall gebildete Schwurgericht, welches unter dem Vorsitze des Prätors, aber ohne seine Mitwirkung, das Urteil durch Abstimmen abzugeben hatte, sowie die einzelnen Abteilungen des Centumviralgerichts (s. Centumviri). In der Kaiserzeit findet man dann noch außerdem einmal unter Augustus einen aus den angesehensten und dem Kaiser genehmsten Mitgliedern des Senats gebildeten Staatsrat, zuerst als halbjährig wechselnd (Consilia semestria), zuletzt als jährlich neu gebildet. Unter Tiberius wurden die Mitglieder dieses Staatsrats auf Lebenszeit ernannt und es befand sich wenigstens ein Mann vom Ritterstande darunter. Später wird dieser Beirat nur noch unter Alexander Severus erwähnt. Während der ganzen Kaiserzeit hat aber, da auch die Kaiser richterliche Entscheidungen nach röm. Herkommen mit Zuziehung eines Beirats zu treffen hatten, ein C. dafür bestanden. Zu diesem kaiserl. Rate (C. principis) wurden bis Trajan für die einzelnen Fälle als Mitglieder Senatoren und Ritter, von letztern insbesondere hohe kaiserl. Beamte vom Ritterrang, namentlich die Praefecti praetorio berufen. Hadrian machte dieses C. in der Art zu einer ständigen Behörde, daß er die Personen, aus deren Mitte für die einzelnen Fälle die Mitglieder des C. berufen wurden, als Räte (Consiliarii) auf die Dauer anstellte und wenigstens denen aus dem Ritterstande auch hohe Besoldungen anwies. In der Zeit nach Diocletian trat an die Stelle des C. das Consistorium principis, welches zugleich als Staatsrat fungierte. ^[Spaltenwechsel]

Consilĭum abĕundi (lat.), der (einem Studierenden erteilte) Rat, sich zu entfernen, eine mildere Art der Wegweisung von der Universität. Das C. a. ist die zeitweilige Entziehung des akademischen Bürgerrechts, welche den auf diese Weise Verwiesenen jedoch nicht hindert, auf einer andern Universität seine Studien fortzusetzen. Nach Ablauf der Dauer der Wegweisung kann der Weggewiesene von neuem um Immatrikulation nachsuchen. Verschieden davon ist die Relegation (s. d.). Die Unterschrift des C. a. ist die amtliche Androhung der Entfernung von der Universität im Falle neuerdings notwendigen disciplinarischen Einschreitens. Alle bezeichneten Maßregeln sind Disciplinarstrafen, welche nur auf Grund eines genau geordneten, dem gerichtlichen analogen Verfahrens verhängt werden dürfen. – Auch auf höhern Lehranstalten bezeichnet man die entsprechende Maßregel als C. a.

Consīva, Beiname der Göttin Ops (s. d.).

Consobrīni (lat.), Geschwisterkinder, von zwei Schwestern geboren.

Consolidantĭa (lat.), wundärztliche Mittel zur Befestigung lockerer oder erweichter Teile (z. B. der Zähne, des Zahnfleisches u. s. w.).

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]