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Crémieux – Cremona (Provinz und Stadt)
Aoste-St. Genix (Anschluß an die Franz. Mittelmeerbahn), hat (1891) 1439, als Gemeinde 1694 E., Post, Telegraph, Tuch- und Leinenfabriken und war früher die Residenz der Fürsten der Dauphiné. In der Nähe die Eisenwasser der Fontaine Rouge beim Schlosse St. Jullin, die starke Quelle Bourbouillon beim alten Castel de la Mure, die schönen Schluchten der Fusa und die Grotte de la Balme (s. d.).
Crémieux (spr. kremĭöh), Isaac Adolphe, franz. Jurist und Politiker, geb. 30. April 1796 zu Nîmes, jüd. Abstammung, studierte die Rechte zu Aix, wo er 1817 Advokat wurde. Nach 1830 zum Advokaten beim Kassationshofe in Paris ernannt, machte er sich hier einen Namen als Hauptverteidiger der in Preß- und Kriminalprozesse verwickelten Oppositionsschriftsteller und Demokraten. C. trat 1842 in die Kammer, wo er das Guizotsche Ministerium heftig bekämpfte. Er förderte kräftig die Reformbewegung, wurde nach der Februarrevolution von 1848 Mitglied der Provisorischen Regierung und übernahm dann das Justizministerium, das er aber schon am 7. Juni wegen Meinungsverschiedenheiten mit Louis Blanc niederlegte. In der Konstituierenden Versammlung zeigte C. aus Besorgnis vor einer Militärdiktatur wenig Sympathie für die Regierung Cavaignacs, sondern begünstigte die Kandidatur des Prinzen Ludwig Napoleon. Nach dessen Wahl zum Präsidenten 10. Dez. näherte er sich jedoch der Bergpartei und war einer der eifrigsten Oppositionsredner. Nach dem Staatsstreich vom 2. Dez. 1851 beschränkte C. sich auf seine Advokatenpraxis. Durch den Sturz des zweiten Kaiserreichs 4. Sept. 1870 zum zweitenmal als Justizminister in die Regierung berufen, wurde er 12. Sept. nach Tours gesandt, um dort die Verwaltung der nicht vom Feinde besetzten Provinzen zu leiten. Auf seine Veranlassung verlieh die Delegation den eingeborenen Juden Algeriens das franz. Bürgerrecht. Seit Febr. 1871 war er Abgeordneter von Algier in der Nationalversammlung zu Bordeaux und Versailles und wurde von dieser im Dez. 1875 zum lebenslänglichen Mitgliede des Senats gewählt. C. war Begründer und Vorstandsmitglied der Alliance israélite universelle (s. d.) und starb 10. Febr. 1880 zu Passy. Unter seinen Schriften sind besonders hervorzuheben: «Liberté! Plaidoyers et discours politiques d’Adolphe C.» (Par. 1869); «Gouvernement de la défense nationale, Ⅰ. Actes de la délégation de Tours et de Bordeaux; Ⅱ. Ministère de la justice» (2 Bde., Tours 1871). Aus seinem Nachlaß wurde herausgegeben: «En 1848, discours et lettres de M. Ad. C.» (Par. 1883).
Cremmen, Stadt im Kreis Osthavelland des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, in der Nähe des Cremmersees und des Ruppinerkanals, hat (1890) 2758 meist evang. E., Post, Telegraph, Amtsgericht (Landgericht Neuruppin), Stadtschule, städtisches Krankenhaus, städtische Sparkasse, Vorschußverein; Torfgräberei, Acker- und Gartenbau. Auf dem nahen Cremmener Damme fanden zwei Schlachten statt: 1334, wo Ludwig der Ältere durch die Pommern, und 24. Okt. 1412, wo Friedrich Ⅰ. durch die Adligen und Pommern geschlagen wurde (1845 daselbst ein Steinkreuz errichtet).
Cremomēter (frz.-grch.), Instrumente zum Messen der von der Milch in einer bestimmten Zeit aufgeworfenen Rahmmenge. Im besondern bezeichnet man mit C. den von dem Franzosen Chevallier konstruierten Apparat, welcher aus einem Glascylinder von 4 cm Weite und etwa 20 cm Höhe besteht, auf der Außenseite eine eingeätzte Skala besitzt, welche in einer Höhe von 15 cm vom Boden mit dem Nullpunkte beginnt und die abgeschiedene Rahmschicht in einzelnen Prozenten abzulesen gestattet. Ist die Bestimmung des Fettgehalts der Milch auf Grund des gebildeten Rahmvolumens auch keine sichere, so ist das Chevalliersche C. doch, da es bei der Milchprüfung im Verein mit dem Laktodensimeter (s. Galaktometer) gute Dienste leistet, ein empfehlenswertes Instrument. – Vgl. Kirchner, Handbuch der Milchwirtschaft (3. Aufl., Berl. 1891). ^[Spaltenwechsel]
Cremōna. 1) Provinz im Königreich Italien, in der Lombardei, grenzt im N. an die Provinzen Bergamo und Brescia, im O. an Mantua, im S. an Piacenza, Parma und Reggio, im W. an Mailand und hat 1637 (nach Strelbitskij 1778) qkm, (1881) 302138 (1890: 305557) E. und zerfällt in die 3 Kreise Casalmaggiore (42181 E.), Crema (85469 E.) und C. (174488 E.) mit 133 Gemeinden. Das Land wird bewässert vom Po, Oglio und der Adda, welche die Grenze gegen S., O. und W. bilden, und dem zur Adda gehenden Serio und ist außerordentlich fruchtbar. Die Bewohner bauen Getreide, besonders Weizen, Mais, Reis, Flachs und Wein und treiben Handel damit sowie mit Seide; bedeutend ist ferner die Rindvieh-, Schweine- und Pferdezucht. Die Industrie ist nur gering. Die die Provinz durchziehenden Eisenbahnen laufen sämtlich in der Hauptstadt C. zusammen. – 2) Hauptstadt der Provinz C., zwischen den Flüssen Adda und Oglio, am Po, über welchen eine Schiffbrücke führt, und an den Linien Pavia-Monselice-Bergamo-Treviglio-C. (87 km), Brescia-C. (51 km) des Adriatischen Netzes, ist Sitz des Präfekten und eines Bischofs und hat (1881) 31788 (1891: 38000) E., in Garnison das 4. Feldartillerieregiment, 2 Traincompagnien, das 34. und 35. Bataillon des 10. Bersaglieriregiments, Dampfstraßenbahn über Pescarolo nach Ostiano (22 km) sowie nach Piacenza und Casalmaggiore; breite, unregelmäßige Straßen, schöne Plätze und große Paläste. Ein Kanal, der den Po und Oglio verbindet, geht zum Teil unter den Häusern hin. Von den 44 (ehemals 87) Kirchen sind zu erwähnen der Dom von 1107 in roman.-lombard. Stil, mit reicher säulengeschmückter Hauptfaçade in rotem und weißem Marmor und schöner Backsteinfaçade an den Querschiffen; das Innere, dreischiffig, mit dreischiffigem, langem Querbau, ist ganz mit Fresken bedeckt. Von dem berühmten Glockenturme (Torrazzo, 121 m), dem höchsten Turme Italiens, 1261‒88 erbaut, übersieht man fast den ganzen Lauf des Po durch die Ebenen der Lombardei. Die reich bemalte Kirche San Pietro al Pò ist 1549‒70 nach Riparis Entwurf erbaut; die Kirche Sant’ Agostino e Giacomo in Braida aus dem 14. Jahrh., dreischiffig mit Tonnenwölbung, hat Altarbilder und Fresken von Campi, Perugino und Bonifacio Bembo; endlich die Kirche Sta. Agata mit 4 großen Fresken (1536) von Campi im Stile des Pordenone. Berühmt sind der Palazzo Pubblico von 1245, mit Bildern von Meistern der Cremoneser Schule; der Palazzo de’ Gonfalonieri von 1292, Palazzo Reale (früher Ala di Ponzone) mit naturhistor. Sammlung, Münzen und Gemälden, sowie die Paläste Sansecondo, Crotti (früher Reimondi) mit Skulpturen von Pedone, Stanga und Dati (jetzt Hospital), mit schönem Hofe und prächtiger Treppe.
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]