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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dampfbagger - Dampf-Bodenkultur
läßt man dergleichen ans einem Trichter oder be-
sondern, einer Theemaschine ähnlichen Apparaten,
die mit kochendem Wasser oder Thee von Flieder,
Kamille n. s. w. gefüllt sind, in die Mund- oder
Nasenhöhle einziehen, in den Gehörgang einströmen,
oder, in brennendheißer Temperatur, als Dampf-
donche auf schmerzende Teile streichen, oder aus
besondern Sitzbädern nach Gesäß und Geschlechts-
teilen emporsteigen. Die alten Schwitzbäder sind
dampserfüllte Kästen, welche den ganzen Körper, mit
Ausnahme des Kopfes, aufnehmen und am Hals
dicht anschließen (Kastendampfbäder). Ähn-
licher Art sind dieBettdampfbäder, bei welchen
der Patient, horizontal liegend, bis an den Hals im
Dampfe steckt, sowie die Zimmer-Dampfbao-
apparate oder Dampfkästen, unter andern von
E. Lipowfty in Heidelberg verfertigt; bei ihnen steht
außerhalb des Kastens, der den Körper des Kranken
mit Ausschluß des Kopfes aufnimmt, der mit Spiri-
tus geheizte Dampferzeugungskessel mit den nötigen
Zuleitungsröhren. - In mehrern Solbädern (z. B.
zu Achselmannstein, Arnstadt, Ischl, Kosen) finden
sich Vorrichtungen zu Soldampfbädern, wo ent-
weder der beim Versieden des Salzes entweichende
Dampf oberhalb der Sudpfannen benutzt wird, oder
der Soldunft durch Einleitung von gewöhnlichem
Nasserdunst erwärmt wird. In einigen mitteleurop.
Thermen (z.V.in Baden bei Wien, Vaden im Aar-
gau, Aachen) werden die heißen Dämpfe der Duelle
als D. benntzt. Schließlich giebt es namentlich in
Italien natürliche Dampf- und Schwitzbäder (die
"8tnko" in Ischia), wo die aus der Erde entweichen-
den Wasscrdämpfe und vulkanifchen Gasströme kur-
gemäß gebraucht werden; vor allem machte großes
Äuffehen die Grotte von Monsummano (s. d.).
In der chemischen Technologie beißt D. jede
Vorrichtung, bei der die Erwärmung eines Gegen-
standes dadurch erfolgt, daß man ihn von dem durch
Sieden einer Flüfsigkeit erzeugten Dampfe dersel-
ben umspülen läßt. Meist bedient man sich dazu
des Wasserdampfes. Das D. wird überall da ver-
wendet, wo es sich darum handelt, die Temperatur
des zu erhitzenden Gegenstandes nickt über eine ge-
wisse Höhe, nämlich den Siedepunkt der den Dampf
liefernden Flüssigkeit, ansteigen zu lassen. Die ein-
fachste Form des D. ist ein meist metallenes, mit
Wasser teilweise gefülltes, direkt über freiem Feuer
erhitztes Siedegefäß, defsen obere Qffnung mit dein
zu erhitzenden Gegenstande - einer Addampffchale,
einem Kolben u. a. m. - bedeckt wird, sodaft der ent-
wickelte Dampf den Boden des letztern trifft und,
indem er sich dort zur Flüssigkeit verdichtet, seine
latente Verdampfungswärme an ihn abgiebt. Bei
gleichzeitigem Bedarf vieler D., wie in großen chem.
Laboratorien, in chem. Fabriken u. dgl., wird der
Dampf in besondern Dampfkesseln hergestellt und
durch Röhrenleitungen in jedes D. geführt. Die
Formen dcr D. sind se nach den Zwecken, welchen sie
dienen, außerordentlich mannigfache.
Dampfbagger, f. Vagger.
Dampfbarkafse, s. Barkasse.
Dampfbeiboot, Bezeichnung der Boote (s. d.)
dcr Kriegsschiffe, die mit Dampfmaschine und
Schraubenpropeller versehen sind; dieselben sind
nach ihrer Größe: Dampfbarkassen, Dampfpinassen
oder Dampfkutter.
Dampf-Bodenkultur. Seit Einführung der
Dampfkraft in den Betrieb der Landwirtschaft hat
es nicht an Versuchen gemangelt, die erstere auch
der Bodenkultur dienstbar zu machen. Die Versuche
richteten sich anfänglich zumeist auf die Erfindung
von Grabemaschinen, bei welchen Motor und Ar-
beitsmaschine eins waren. Zuerst trat damit John
Heatheoat in Dumfries (Schottland) auf, welcher
sich 1832 ein Patent auf Dampfpflüge erwirkte:
ihm folgte der österr. Hauptmann Bauer, mit dessen
vou Harkort in Leipzig gebauter Maschine 1847
der erste Versuch in Schönefeld bei Leipzig ge-
macht wurde. Ferner sind hier zu nennen Usher
in Edinburgh 1849, Romaine in Canada 1855 u. a.
Der Erfolg derartiger direkter Mafchinen scheiterte
immer an der Zerbrechlichkeit der Arbeitsteile,
welche von dem ganzen schwerfälligen Apparat
untrennbar waren. Die Einführung der Dampf-
kraft in die Praxis der Bodenbearbeitung nahm erst
eine greifbarere Gestalt an, als I. T. Osborne in
England 1846 sich ein Patent auf das fog. indirekte
System erwirkte, bei welchem eine Dampfmaschine
den Pflug vermittelst eines Seiles zog. Lord
Willoughby faßte die Idee auf und führte sie ins
Leben; sie war aber damals praktisch unhaltbar,
da sie eine Eisenbahn inmitten des Feldes ver-
langte und den streifen derselben ungebrochen ließ.
Im 1.1849 gelang es endlich zwei brit. ^chulleh-
rern, den Gebrüdern Fiskeu in Hartlepool, im Verein
mit dem Dorffchmied Nodgers in Stockton on Tees
einen Apparat auszudenken, welcher die Grundlage
der heutigen Dampfpflugsysteme bildet, und zwar
dadurch, daß sie den Balaucierpflug und den
Ankerwagen anwandten. Der Ingenieur John
Fowler in Leed5, welcher sich schon 1848 durch die
Erfindung des Drahtseils um die Vervollkommnung
der D. verdient gemacht hatte, verfolgte die Fiskenfche
Idee mit feltener Energie und ist infolgedessen als
der eigentliche Vater des Dampfpfluges in seiner
jetzigen Gestalt zu bezeichnen. I. Howard in Bedford
arbeitete in: Verein mit W. Smith in Woolestone
ein von dem Fowlerschen insofern abweichendes Sy:
stem aus, als bei dem Fowlerschen die Dampfma-
schine entsprechend der Breite des bei jedesmaligem
Zuge des Pflugs umgebrochenen Stück Landes vor-
rückt, bei Howard dagegen die Dampfmafchine fest-
steht. Eine 1850 in Vincennes bei Paris stattgehabte
internationale Dampfpflugkonkurrenz bewies, daß
zu diefer Zeit die Zukunft dcr D. schon gesichert
war. In Deutschland arbeitete der erste Damps-
pflug 1805 auf der Aufstellung in Köln a. Rh.,
welcher von Baron Hirsch in München für feine in
Bayern gelegenen Güter angekauft wurde. 1808
folgte ein weiterer, und von 1870 an fand dieses
Gerät eine ausgedehntere Verwendung. In Deutsch-
land und Österreich sind jetzt über 300 solcher Ap-
parate in Gebrauch.
Gegenwärtig sind drei Systeme von D. in An-
wendung: da5 Zweimaschinensystem, das Einma-
schinensystem und das Rundherum- (rounä-adont-)
System. Bei dem Zweimaschinensystem wird
der Pflug (oder cm anderes Vodenbearbeitungs-
instrument) zwischen zwei, an den entgegengesetzten
Feldrändern aufgestellten Lokomotiven mittels eines
Drahtfeils und mit Hilfe der an den Lokomotiven
befestigten Windetrommeln hin und her gezogen
(f. Tafel: Dampf-Bodenkultur, Fig. 3); bei
dem Einmaschinensystem steht an einer Seite
des Feldes nur eine Lokomotive, an der andern
Seite eine Leitrolle auf dem Boden und eine zweite
auf einem fog. Ankerwagen, defsen scheiben-
förmige Räder in den Boden einschneiden und