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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dampf (Krankheit) - Dampfbad
von etwa 1000" (^. in einer Viertelstunde auf 100" 0.,
fo zeigt es sich, daß in 5^ weitern Viertelstunden
das ganze Wasser verkocht ist, also in einer Zeit, in
der das Wasser Gelegenheit gehabt hätte, 550° (^.
anzunehmen. Auf Grund dieses einfachen Verfuchs
hat Black die Dampfwärme des Wassers schon richtig
geschätzt. - Die Dichte der D. (Dampfdichte)
ist verschieden. Setzt man die Dichte (das specifische
Gewicht) der atmosphärischen Luft ^ 1, fo ist die
Dichte des Wasserdampfes bei derfelben Tempera-
tur und Spannkraft etwa 0,62, die des Alkohol-
dampfes 1,59. Ein Kubikmeter Wasser liefert bei
100" 0. ungefähr 1700 edm Wafserdampf unter
dem Drucke von einer Atmosphäre. Für überhitzte
D. und Gase gilt Avogadros Gesetz (s. d.).
Der D. des Pulvers (Pulverdampf oder
Pulv errauch) besteht aus Verbrennungsprodukten
des Schießpulvers, namentlich aus den festen Rück-
ständen, die zunächst in dampfförmigem oder fein-
verteiltem Zustande das Rohr verlassen. Der D.
wurde von jeher störend im Gefecht empfunden,
namentlich wurde bei großen Infanteriemassen und
bei langen Artillerielinien das Nichten erschwert; bei
Geschützen in Kasematten, Panzertürmen, Panzer-
batterien u. s. w. genügten einige Schüsse aus
schweren Kalibern, um lebenden Wesen den Auf-
enthalt unmöglich zu machen. Andererseits hatte
der D. zum Verdecken von Gefechtsbewegungen, zur
Erhaltung des Mutes des einzelnen Mannes un-
zweifelhaft sein Gutes. Nach der Einführung des
rauchschwachen Pulvers (s. Schießpulver, rauch-
schwaches) ist eine ganze Anzahl von noch ungelösten
Fragen üder den Einfluß desselben auf die zukünf-
tige Kriegführung aufgetaucht.
Dampf, in der Tierheilkunde eine chronifche,
fieberlose, unheilbare Atembeschwerde des Pferdes,
welche die Gebrauchstüchtigkeit beeinträchtigt. Ur-
sachen: 1) Krankheiten der Lunge, hauptsächlich
chronischer Bronchialkatarrh (Lungendampf); 2) des
Herzens, hauptsächlich Klappenfehler; 3) Verenge-
rung der obern Atmungswege; eine besondere
Rolle spielt hier die einseitige Lähmung des Er-
weiterers der Stimmritze (Pfeiferdampf, f. d.).
Der D. gehört in vielen Ländern zu den sog. Ge-
währsmängeln. Volkstümliche Ausdrücke für D.,
Dämpfigkeit oder Dämpfigsein, sind: Eng-
brüstig keit, Bauch schlag igkeit,H artschnau-
fen, Herz- und Haarschlechtigkeit.
Dampfaufzug, s. Aufzug (Bd. 2, S. 103a).
Dampfbad, die Einwirkung einer mit Nasser-
dampf gesättigten oder übersättigten Lust von min-
destens 30 bis 40" R. auf den ganzen Körper
oder einen Teil desselben. Außer dem Dampfe
werden jedoch in den Dampfbadeanstalten noch
mancherlei andere Mittel, befondcrs kaltes und
warmes Wasser, Reiben, Bürsten, Peitschen u. s. w.
in Anwendung gebracht. Diese Art zu baden
ist zu uns aus Rußland gekommen (daher der
Name Russisches D.); doch sind D. verschie-
dener Art sowohl in Mitteleuropa während des
Mittelalters (als Schwitzbäder in Schwitzstuben)
als auch im grient, sowie bei vielen wilden, be-
sonders amerik. Völkern (z. B. in Mexiko) seit alten
Zeiten in Gebrauch. Das Wesentliche des deut-
schen D. besteht in folgendem. Der Baderaum ist
ein geschlossenes, mit heißen Dämpfen angefülltes
Zimmer, an dessen Seiten sich mehrere terrassen-
förmige Erhöhungen (Stufen) befinden, um dem
Badenden Gelegenheit zu geben, sich bald in einer
höhern, bald in einer gemäßigten Temperatur auf-
zuhalten. Die Wasserdämpfe erzeugt man entweder
durch Aufgießen von Wasser auf glühende steine
(welche zugleich eine Heizung des Baderaums unter-
halten) oder mittels eines Dampfkessels. Außerdem
befinden sich im Baderaume noch Gefäße mit kaltem,
lauem und warmem Wasser, Vorrichtungen zu kalten
und lauen Regenbädern, zu Begießungen und zur
Kaltwasser- und Dampfoouche.^ Die Temperatur
steigt auf jeder der Estraden (stufen) um einige
Grade, und in den meisten Badeanstalten kann man
aus einer Wärme von 30" N. am Boden des Zim-
mers bis in eine von 50" binauffteigen. Der Kör-
per wird, sobald er gehörig durchhitzt, mit kaltem
Wasser übergössen oder in die kalte Wanne getaucht
und dann aufs neue der Einwirkung der Dämpfe
ausgesetzt, worauf dann der Schweiß um so kräftiger
hervorbricht. Die Haut wird, sobald sie gehörig auf-
gelockert, durch sanftes Reiben und Bürsten mit
Seifenschaum gereinigt und abgeschilfert, sodann
durchpeitschen mit Virkenruten gereizt, um desto
ergiebiger zu schwitzen. Die Länge der Zeit, welche
man im Bade zubringt, wird durch den besondern
Zustand des Badenden und sein Wohlbehagen dabei
bestimmt; ebenso die Menge und Dauer der Ab-
kühlungen. Am Schlüsse des Bades kühlt man ent-
weder sofort (auf russ. Art) durch kalte Douchen
kräftig und andauernd den ganzen Körper ab, um
dann das Bad erfrischt zu verlassen. Diese Methode
eignet sich besonders für Gesunde. Oder man legt
sich (nach deutscher Art, welche besonders für Pa-
tienten paßt) auf ein Lager, wo man, dicht in wollene
Decken eingewickelt, noch ^ bis 1 Stunde nach-
fchwitzt. Hierauf begiebt man sich wieder auf kurze
Zeit in den heißen Dampf und küblt sich endlich
ebenfalls durch Douchen gebörig ab. Unterläßt
man letzteres, fo kann man leichte oder stärkere Er-
kältung davontragen.
Das D.ist ein treffliches diätetisches Anfrischungs-
mittel für kräftige, gefundc Personen und, in ge-
hörigen Zwischenräumen gebraucht, ein Schutzmittel
für solche, welche Anlagen zu Erkältungen, Rheu-
matismen und Katarrhen haben. Es dient ferner
als wichtiges, den Stoffwechfel zeitweilig erhöhen-
des und die Hautthätigteit stark anregendes Heil-
mittel bei manchen chronischen Ausschlä'gen und Ge-
schwüren; ferner bei langwierigen Rheumatismen
(rheumatischen Nervenschmerzen, Lähmungen und
Kontrakturen), bei Krankheiten der Schleimhäute,
besonders in den schling- und Atmungswegen,
bei Avzneivergiftungen, z. B. Merkurialkrankheit
nach Syphilis; endlich bei manchen Nervenübeln
(Zahn- und Gesichtsfchmerzen, Hüftweh u. dgl.).
Auch alte Entzündungsprodukte, z. B. sogenannte
kalte Geschwülste, Gelenkanschwellungcn, zerteilen
sich im D., besonders unter Mithilfe der Douchen
und der Massage (s. d.). Gefährlich ist das D. für
Perfonen, die zu Schlag- oder Stickfluß geneigt sind,
die brüchige Adern oder organische Herzfehler haben,
die fchwächlich und zu Ohnmacht oder Krämpfen
(besonders Fallsucht) geneigt sind, sowie für Fieber-
kranke. Das D. sollte daher niemals ohne ärztlichen
Rat gebraucht werden.
Artliche D. werden zu Heilzwecken auf ver-
schiedene Körperteile angewendet, mit oder ohne Zu-
satz arzneikräftiger Stoffe, z. B. des Weingeistes,
der ätherischen t)le, namentlich des flüchtigen Ols
der frifch gekochten Kieferuadeln, welches eine sehr
starke und nachhaltige Hautreizung hervorruft. So