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Dampfmaschine
der D. gesichert ist. Auch wurde durch Watt der Dampfcylinder durch schlechte Wärmeleiter (den sog. Zylindermantel) vor Wärmeausstrahlung geschützt. 1778 führte Watt eine Verbesserung ein, die bei allen modernen D. in Anwendung ist. Er sperrte den Dampfzutritt zum Cylinder ab, ehe der Kolben seinen ganzen Weg zurückgelegt hatte, sodaß für den Rest des Kolbenwegs der Dampf ohne frische Nachströmung wirkte und durch seine Expansionskraft den Kolben bis an das Hubende trieb. Der Vorteil dieser Einrichtung besteht in der Ersparnis von Dampf und somit auch von Brennmaterial. Die erste Wattsche D. aus dem J. 1769 war noch einfach wirkend, indem durch den Dampf nur der Niedergang des Kolbens, der Aufgang desselben aber durch am Balancier angebrachte Gegengewichte bewirkt wurde. Dagegen waren schon die in den J. 1781‒82 von Watt ausgeführten Maschinen doppelt wirkend, d. h. der Kolben wurde beim Aufgang wie beim Niedergang vom Dampf getrieben. Die bis dahin übliche Befestigung der Kolbenstange an den Balancier durch Kreissegment und Gelenkkette genügte für doppelt wirkende Maschinen nicht mehr. Watt erfand daher (1784) sein bekanntes Parallelogramm, jenen sinnreichen Mechanismus, welcher das Ende der Kolbenstange mit dem Endpunkt des Balanciers derart in Verbindung brachte, daß das Kolbenstangenende fast genau in einer geraden Linie, der Cylinderachse entsprechend, geführt wurde. Ferner datiert aus jener Zeit die Anwendung von Pleuelstange, Kurbel und Schwungrad zur Umsetzung der auf und ab gehenden Bewegung in eine drehende. Waren bis dahin die D. nur im Bergbau, ihrer hin und her gehenden Bewegung entsprechend, verwendet worden, so eröffnete ihnen die bei ihnen erreichte rotierende Bewegung die ausgedehnteste Benutzung in sämtlichen Zweigen industrieller Thätigkeit. Weiterhin brachte Watt auch den Centrifugalregulator zur Anwendung, dessen Einwirkung auf eine Drosselklappe im Dampfzuleitungsrohre er zur Erreichung eines gleichmäßigen Ganges benutzte. Auch die Konstruktion der Dampfverteilungs-Mechanismen erfuhr durch ihn wesentliche Verbesserungen, indem er an die Stelle der Hähne Ventile oder Schieber setzte, sodaß die Wattsche Maschine schließlich die Form erhielt, die in Taf. Ⅱ, Fig. 3 dargestellt ist.
Die auf Watts Thätigkeit folgende Periode der Geschichte der D. charakterisiert sich besonders durch die Bemühungen, Dämpfe von höhern Spannungen anzuwenden und das schon von Watt angegebene Princip der Expansion möglichst weit durchzuführen. Die Wattschen Maschinen arbeiteten nur mit Dampf von niederer Spannung (1,3 bis 1,5 Atmosphären Überdruck) und immer mit Kondensation. So ließ sich schon 1781 Hornblower ein Patent auf eine Maschine erteilen, in welcher der Dampf nacheinander in zwei verschieden großen Cylindern expandierte, wobei er mit höherm Kesseldruck arbeitete. Er konnte dieselbe jedoch nicht einführen, weil er den Watt patentierten Kondensator nicht verwenden durfte. Bei Hornblowers Maschine greifen die Kolbenstangen zweier nebeneinander angeordneter Dampfcylinder von ungleichem Hub und Durchmesser mittels Gelenkketten an einem Balancier an. Der Dampf tritt zunächst in den kleinern Cylinder, expandiert dort und strömt in den größern über, um die Expansion zu vollenden und in den Kondensator einzutreten. Dies ist bereits der Prozeß, welcher in den Compoundmaschinen zur Durchbildung gelangt ist. 1799 erfand Murray den einfachen Muschelschieber und gab dadurch dem Steuergetriebe eine außerordentlich einfache Gestalt.
Wenngleich schon von Watt darauf hingewiesen worden war, daß man auch lediglich durch die Spannkraft des Dampfes, den man, nachdem er den Kolben vorwärts getrieben hat, statt ihn im Kondensator zu verdichten, in die freie Luft auspuffen ließe, Maschinen treiben könne, die infolge des Wegfalls des Kondensators sich bedeutend einfacher gestalten würden, so war doch bei der noch unausgebildeten Konstruktion der Dampfkessel die Anwendung der dann zu gebrauchenden höher gespannten Dämpfe mit erheblicher Gefahr verbunden. An der praktischen Ausführung und Verbreitung einer solchen Hochdruckmaschine arbeiteten in England besonders Trevithik und Vivian. Die erste wirklich brauchbare Hochdruckmaschine baute der Amerikaner Oliver Evans 1801. Derselbe verwendete Dampf von einer Spannung bis zu acht Atmosphären, der in einem Röhrenkessel erzeugt wurde; dabei wurde der Dampfzufluß nach einem Drittel bis einem Sechstel des Kolbenweges abgesperrt und zuletzt kondensiert. In England bauten im folgenden Jahre Trevithik und Vivian eine doppelt wirkende Hochdruckmaschine ohne Kondensation, die sich durch Einfachheit und gedrängte Bauart auszeichnete. 1804 nahm Woolf den Gedanken von Hornblower über die Zweicylindermaschine wieder, und zwar mit Erfolg auf. Als Woolfsche Maschinen werden D. dieser Art auch in verschiedener Anordnung noch heute mit Vorteil verwandt (s. unten).
In diese Zeit, die ersten zwei Jahrzehnte unsers Jahrhunderts, fällt auch die Entwicklung der D. als Betriebsmittel für Eisenbahnen und Schiffe. Lokomotivenbau und Schiffsmaschinenbau wurden, den speciellen Anforderungen entsprechend, eigenartige Zweige des Dampfmaschinenbaues und brachten die mannigfaltigsten Abänderungen in Wirkungsweise, Anordnung und Konstruktion der Einzelteile mit sich. 1807 hatte Fulton das erste Dampfschiff in Neuyork gebaut und 1814, bei der Eröffnung der Stockton-Darlingtonbahn, trat Stephenson mit der ersten, den Anforderungen entsprechenden Lokomotive hervor. (Über die Entwicklung der Lokomotive und der Schiffsmaschine s. Lokomotive und Dampfschiff.)
Verfolgt man die Geschichte der stationären D. in der ersten Hälfte des Jahrhunderts und weiter bis gegen 1860, so findet man als Fortschritt hauptsächlich Vervollkommnungen der einzelnen Getriebsteile, insbesondere der Organe für die Dampfverteilung, der Steuerungen. In diese Periode fällt die Erfindung der Coulisse (speciell auch für Lokomotiven) für Umsteuerungen, der jetzt allgemein gebräuchlichen Meyer-Steuerung für Maschinen mit geringerer Füllung. Es wird auch das Bestreben allgemein, die Hochdruckmaschine weiter auszubilden und unter Anwendung höhern Dampfdruckes und dadurch ermöglichter weiterer Expansion den Betrieb auch ohne Kondensation zu einem ökonomischen zu machen. Die Kondensation wird jedoch, namentlich bei großen Maschinen, immer da angewendet, wo genügend Wasser vorhanden ist.
Eine neue Epoche in der Geschichte der D. begann um 1860 mit dem Bekanntwerden der Maschinen des Amerikaners Corliß, die sowohl in ihrer Bauart als in ihrer Steuerung wesentliche Veränderungen