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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dänemark (Geschichte)

einen Landesverteidigungsplan vor; da man aber über denselben nicht einig werden konnte, und das Folkething die für diese Zwecke geforderten Anleihen ablehnte, begann 1885 "die Selbstbesteuerung zur Verteidigung des Vaterlandes" mit dem Zweck, durch freiwillige Beiträge Forts um Kopenhagen anzulegen, während die Regierung provisorisch die Anlage von Festungswerken, namentlich zur Verteidigung Kopenhagens von der Seeseite, anfing. Bei den neuen Wahlen zum Folkething 1887 gewann die Regierungspartei acht Plätze. Die große nordische Industrie-, Landwirtschafts- und Kunstausstellung 1888 in Kopenhagen, an der auch andere Länder teilnahmen, bezeugte die großen Fortschritte D.s auf diesen Gebieten. Auch 1889 kam noch kein gesetzmäßiges Budget zu stande; 3. Jan. 1890 wurde das Folkething aufgelöst und für den 21. Jan. Neuwahlen angeordnet. Trotzdem die Regierung verschiedene Reformen in Aussicht stellte, fielen die Wahlen ungünstig für sie aus: die Rechte verlor 4 Sitze und sank auf 24 Mitglieder, die Opposition stieg auf 78 Stimmen. Am 1. April wurde die Reichstagssession geschlossen, nachdem noch in der Schlußsitzung des Folkethings die Opposition gegen die vom Landsthing angenommene Resolution, allen Regierungsvorlagen zuzustimmen, Verwahrung eingelegt hatte. Da das Folkething wieder einmal die Budgetberatung nicht beendet hatte, bestimmte ein königl. Erlaß, daß die Steuern provisorisch weiter zu erheben und die für die Staatsverwaltung nötigen Ausgaben übereinstimmend mit der Budgetvorlage zu leisten seien. Zugleich wurde der Kriegsminister ermächtigt, im laufenden Etatsjahre 3 1/2 Mill. Kronen für die Seebefestigung Kopenhagens zu verwenden. Bei den Neuwahlen für das Landsthing im Sept. 1890 verlor die Rechte zwei Sitze an die Socialdemokraten und einen an die Linke. Dem 6. Okt. 1890 eröffneten Reichstage wurde das Budget für 1891 vorgelegt, das mit 54 1/2 Mill. Kronen Gesamteinnahmen und 59 Mill. Kronen Gesamtausgaben einen Fehlbetrag von 4 1/2 Mill. Kronen aufwies. Die Vorlage des Finanzministers Estrup, betreffend Erhöhung der Biersteuer und Zollfreiheit für Kohlen, Kaffee, Reis und ähnliches, verschärfte noch den Verfassungskonflikt; doch wurde das vom Abgeordneten Berg beantragte Mißtrauensvotum gegen das Ministerium mit 64 gegen 11 Stimmen abgelehnt und 8. Febr. 1891 die Regierungsvorlage mit 55 gegen 33 Stimmen durchgesetzt. Andererseits bildete sich jetzt ein schroffer Gegensatz zwischen den gemäßigten und den radikalen Elementen der Socialdemokratie aus, sodaß Anfang 1891 die Rechte 25, die gemäßigte Linke 37, und die "Europäische Linke" unter Berg und Hörup 35 Mitglieder zählte. Am 1. April wurde der Reichstag geschlossen, ohne daß eine Einigung beider Häuser über den Inhalt des Finanzgesetzes erzielt worden war; ein neues provisorisches Finanzgesetz wurde erlassen. Jedoch waren diesmal wichtige Gesetze zu stande gekommen, außer der Annahme jener Zollvorlagen Gesetze über die Anlegung eines Freihafens in Kopenhagen, über die Altersunterstützung unbescholtener Armen, über die Sonntagsruhe u. a.

Der Reichstag wurde 5. Okt. wieder eröffnet; der Voranschlag des Staatshaushalts für 1892/93 schätzte die Einnahmen auf 54 Mill. Kronen, die Ausgaben auf 58 1/2 Mill., wies also ein Defizit von 4 1/2 Mill. auf, wobei 3 Mill. wieder für die Kopenhagener Befestigung bestimmt waren. Der Tod Bergs, des Führers der "Europäischen Linken" (28. Nov. 1891), trug wesentlich zur Versöhnung der Parteien bei. So kam es, daß, als 1. April 1892 die Reichstagssession geschlossen und am 20. desselben Monats die Neuwahlen stattfanden, sowohl die Rechte wie die gemäßigte Linke an Stimmen gewannen; es zählte jene 30, diese 43, dagegen die Radikalen nur 28 Mitglieder. Die Feierlichkeiten bei Gelegenheit der Goldenen Hochzeit des dän. Königspaares 26. Mai 1892 zeigten, welch große Verehrung dieses im Herzen des Volks genießt. Der Reichstag wurde 3. Okt. eröffnet. Er erledigte zwar eine Reihe von Gesetzen, so über das Konsulatswesen, die Förderung der Haustierzucht, die Bekämpfung der Viehseuchen, Vergünstigungen für ländliche Kreditvereine u. a., aber über die wichtigste Gesetzesvorlage, die des Kriegsministers Bahnson betreffend eine neue Organisation und Vermehrung der Festungsartillerie und der Genietruppen, die hauptsächlich durch die Befestigung Kopenhagens gefordert wurde, kam eine Einigung nicht zu stande. Der in einem gemeinsamen Ausschuß der beiden Thinge über die Mehrforderungen des Kriegsministers wie auch des Marineministers angebahnte Ausgleich scheiterte an dem Widerstand der gemäßigten Linken, als sich die von derselben im März 1893 nach Kopenhagen berufenen Redacteure der Parteipresse in der Provinz dagegen erklärten, und so wurde der Reichstag 1. April wieder geschlossen, ohne daß das Budget ordnungsmäßig zu stande gekommen war. Auf dem am 2. Okt. wieder eröffneten Reichstag fanden die inzwischen im Lande hervorgetretenen agrarischen Bestrebungen eine Stütze an der gemäßigten Linken, die eine Reihe agrarfreundlicher Vorlagen einbrachte.

Litteratur. Quellen: Scriptores rerum Danicarum medii aevi (hg. von Langebeck, Suhm u. a., 9 Bde., 1772-1878); Regesta diplomatica historiae danicae (I. Serie, Kopenh. 1847-85; II. Serie, ebd. 1892 fg.); Reedtz, Répertoire historique et chronologique des traités conclus par la couronne de Danemark jusqu'à 1800 (Gött. 1826); Monumenta historiae danicae. Historiske Kildeskrifter og Bearbeidelser af dansk Historie (hg. von Rördam 1871-84); Danske Tractater 1751-1879 (4 Bde., 1874-85).

Bearbeitungen der ältesten Zeit: P. E. Müller, Sagabibliothek (3 Bde., 1817-20); L. C. Müller, Danmarks Sagnhistorie (4. Aufl., 1874); Den danske Riimkrönike (hg. von Molbech, 1825); Worsaae, Danmarks Oldtid (1843); Petersen, Danmarks Historie i Hedenold (3 Bde., 2. Aufl. 1854); Saxonis Grammatici historia danica (hg. von Müller und Velschow, 2 Bde., Kopenh. 1839-58).

Gesamtdarstellungen: Arrild Huitfeldt, Danmarkis Rigis Krönnike (10 Bde., 1597-1604); Meursius, Historia Danica (Amsterd. 1638; Flor. 1746); L. Holberg, Danmarks Riges-Historie (3 Bde., 1753-54; neue Ausg. 1856); Suhm, Historie af Danmark fra de äldste Tider til Aar 1400 (14 Bde., 1782-1828; deutsch von Gräter, Bd. 1 u. 2, Lpz. 1803-4); Baden, Danmarks Riges Historie (5 Bde.,1829-32); Molbech, Fortällinger af den danske Historie (2 Bde., 1837-38); Dahlmann, Geschichte von D. (Bd. 1-3, Hamb. 1840-43; Bd. 4 von Schäfer, Gotha 1893); Allen, Det danske Sprogs Historie i Slesvig (2 Bde., 1857-58; deutsch Schlesw. 1857-58); Öttinger, Geschichte des dän. Hofes von Christian II. bis Friedrich VII. (8 Bde., Hamb. 1857-59): Lund-^[folgende Seite]