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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dante Alighieri

Absicht, dem Dichter ein würdiges Denkmal zu errichten, nicht verwirklichen; ein solches ist ihm erst 1483 vom damaligen Statthalter von Ravenna, Bernardo Bembo, dem Vater des Kardinals Pietro Bembo, errichtet worden. Seit Anfang 1892 wird in und außerhalb Italiens mit Eifer, aber mit wenig Erfolg, gesammelt für die Errichtung eines großartigen Dante-Denkmals in Ravenna; Papst Leo XIII. hat 10000 Frs. für diesen Zweck angewiesen.

D. war vermählt mit Gemma, aus dem Florentiner Geschlecht der Donati, die ihn um mehr als 10 Jahre überlebt hat, aber in Florenz geblieben ist, auch dann noch, als er in Ravenna drei Kinder, Pietro, Jacopo und Beatrice, bei sich hatte. Von andern Kindern des Dichters (man hat von sieben gesprochen) ist nur noch die Existenz einer Tochter, Antonia, verbürgt, welche in Florenz blieb. Das Geschlecht, von D.s Sohn Pietro fortgepflanzt, blühte in Verona bis zur zweiten Hälfte des 16. Jahrh., da Ginevra, die letzte des Geschlechts, mit dem Grafen Antonio Serego sich vermählte. Im gräfl. Geschlechte der Serego-Alighieri leben D.s Nachkommen noch in der Gegenwart fort.

Vgl. Paur, Über die Quellen zur Lebensgeschichte D.s (Görlitz 1862); Boccaccio, Vita di D. (mehrfach gedruckt; beste, kritische Ausg. von Macri-Leone, Flor. 1888); Leonardo Bruni, Vita di D. (ebenfalls vielfach gedruckt); G. Pelli, Memorie per servire alla vita di D. (2. Aufl., Flor. 1823); A. Bartoli, Vita di D. A. (ebd. 1884); Diaconis, Nuova ricognizione sulla vita, sulle opere e sui tempi di D. A. (Udine 1887); Scartazzini, Dante-Handbuch (Lpz. 1892). Außerdem zahlreiche Dante-Biographien in ital., deutscher, franz. und engl. Sprache, die aber wesentlich nur biogr. Romane sind.

D.s Werke. I. Kleinere Werke ("Opere minori", beste Ausg. von Fraticelli, 3 Bde., Flor. 1861-62; von Giuliani, 5 Bde., ebd. 1868-82): 1) "Lyrische Gedichte" (Il canzoniere), eine ziemlich reichhaltige Sammlung von Gedichten erotischen und philos. auch satir. Inhalts, zu verschiedenen Zeiten entstanden und von ungleichem Werte, die ältesten, aus dem vorletzten Decennium des 13. Jahrh., wesentlich Nachahmungen der provençalischen und alt-ital. Poesie, die spätern durchaus originell, selbständig, bahnbrechend (gute Ausg. von Fraticelli, Flor. 1861; Palermo, ebd. 1858; Giuliani, ebd. 1863 u. 1868; deutsch von Kannegießer und Witte, 2 Bde., Lpz. 1842; von Krafft, Regensb. 1859; von Wege, Lpz. 1879). Vgl. Pantano, Della lirica di D. (Neap. 1865); Carducci, Delle rime di D. A. (Livorno 1874). - 2) "Das neue Leben" (La vita nuova), eine poetische, vielfach in die Form der Vision eingehüllte Darstellung seiner Jugendliebe, aus Gedichten bestehend, die er während des Lebens und nach dem Tode der Geliebten gedichtet, zu welchen die Erzählung der jeweiligen Veranlassung und die scholastische Zergliederung gleichsam den prosaischen Kommentar bilden; nicht Wahrheit und Dichtung, aber künstlerische Darstellung einer wahren Herzensgeschichte, zwischen 1292 und 1295 geschrieben (erste Ausg. von Sermartelli, Flor. 1576; neue Ausg. von Giuliani, ebd. 1863 u. 1868; von Pizzo, Vened. 1865; beste Ausg. von Al. d'Ancona, Pisa 1872 u. 1884; Witte, Lpz. 1876; deutsch von Oeynhausen, Wien 1824; von Förster, Lpz. 1841; von Jacobson, Halle 1877; von Wege, Lpz. 1879). - 3) "Das Gastmahl" (Il convivio), eine philos. Encyklopädie in Form eines Kommentars zu philos. Canzonen des Dichters, sehr gelehrt, das erste Beispiel wissenschaftlicher ital. Prosa; hochwichtig, sowohl für die Kenntnis des Dichters, wie auch für die Erklärung seines Hauptwerkes. Das Werk ist unvollendet geblieben; von den 15 Traktaten, aus denen es nach dem Plane des Verfassers hätte bestehen sollen, liegen nur vier vor, die zwischen 1307 und 1309 geschrieben worden sind (beste Ausg. von Fraticelli, Flor. 1862; mit umfassendem Kommentar von Giuliani, 2 Bde., ebd. 1875; deutsch von Kannegießer, Lpz. 1845). Vgl. Selmi, Il Convivio, sua cronologia, disegno, intendimento, attinenza alle altre opere di D. (Tur. 1865). - 4) "Über die Volkssprache" (De vulgari eloquentia), gewissermaßen ein Lehrbuch der Poetik, worin vom Ursprung und Wesen der Sprache, besonders der ital. Litteratursprache, sowie von dem Stil und den metrischen Formen gehandelt wird. Auch dieses um 1309 verfaßte Werk ist unvollendet geblieben. Von den mindestens fünf Büchern, auf die es berechnet war, ist nicht einmal das zweite vollendet (beste Ausg. von Fraticelli, Flor. 1861; von Giuliani, ebd. 1878; von Maignien und Prompt, Faksimile-Ausg. der Handschrift von Grenoble, Vened. 1892; deutsch von Kannegießer, Lpz. 1845). - 5) "Über die Monarchie" (De monarchia), eine wahrscheinlich bei Anlaß des Römerzuges Heinrichs VII. (nach andern schon vor der Verbannung, wieder nach andern in den letzten Jahren des Lebens des Dichters) verfaßte lat. Abhandlung über das Verhältnis zwischen Staat und Kirche, die den Zweck verfolgt, die Selbständigkeit des Staates der Kirche gegenüber zu verfechten (beste Ausg. von Witte, Wien 1874; von Giuliani, Flor. 1878; deutsch von Kannegießer, Lpz. 1845; von Hubatsch, Berl. 1872). - 6) Briefe (Epistolae), im ganzen 14, die meisten unzweifelhaft unecht, von D. selbst herrührend etwa drei bis vier, die von hoher Wichtigkeit wären, wenn ihre Echtheit keinem Zweifel unterliegen würde (Ausg. von Torri, Livorno 1842; von Fraticelli, Flor. 1862; von Giuliani, ebd. 1882; deutsch von Kannegießer, Lpz. 1845). - 7) "Eklogen", zwei lateinische poet. Sendschreiben an den Dichter Joh. de Virgilio in Bologna, deren Echtheit aber angefochten wird (Ausg. von Fraticelli, Flor. 1861; Giuliani, ebd. 1882; Pasqualigo, Lonigo 1888; deutsch von Kannegießer und Witte, Lpz. 1842; Krafft, Regensb. 1859); vgl. Fr. Macri-Leone, La bucolica latina nella letteratura italiana del secolo XIV (Tur. 1889). Andere, dem Dichter zugeschriebene Arbeiten, wie die "Bußpsalmen", der "Glaube", die Abhandlung "Über Wasser und Land", sind ungeschickte Fälschungen, als solche heutzutage allgemein anerkannt.

II. Die "Göttliche Komödie" (Divina Commedia), das Hauptwerk seines Lebens, bereits in des Dichters Jugend, vor 1290 beabsichtigt und von da an stets vorbereitet, in seiner jetzigen Gestalt aber erst nach 1313 bearbeitet und 1321 vollendet, ist dem Buchstaben nach die Geschichte der visionären Wanderung des Dichters durch die drei Reiche des Jenseits; dem allegorischen Sinne und seinem Zwecke nach ist es die Darstellung des Weges, den der sündige Mensch gehen muß, um zum Heil zu gelangen, das Epos der Erlösung. Der Dichter hebt an mit der Schilderung seiner Verirrung in einem finstern Walde, das Bild des weltlichen, von Gott abgekehrten Lebens. Seinem Versuche, den Wald zu verlassen und die sonnenbestrahlte Höhe zu erreichen, widersetzen sich drei Tiere: ein Leopard, ein Löwe