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Dehn – Dehnbarkeit
aber auch die Größe und der Glanz des alten D. Nach ihnen herrschten hier lange Zeit ind. Könige. 1011 wurde D. vom Sultan Mahmud von Ghasna erstürmt und geplündert und das Land eine Provinz des Ghasnavidenreichs unter eigenen Radschas, die sich allmählich selbständig machten. Daher drang 1193 der Sultan Muhammad Ghori abermals nach D. vor, besiegte nach hartnäckigem Kampf den Fürsten von D., eroberte die Hauptstadt und setzte über sie einen ihm zinsbaren Radscha. Aber bald nachdem er Indien wieder verlassen, stürzte der Gouverneur Qutb-ud-din den eingesetzten Fürsten, machte D. zum Mittelpunkt eines noch mächtigern Reichs und wurde Gründer der ersten türk. (sog. Sklaven-) Dynastie, deren Herrscher alles Land vom Pandschab bis Bengalen sich unterwarfen, und deren Hof der glänzendste und prächtigste in Asien wurde. Diese Dynastie ging 1290 unter, und die zweite türk. Dynastie, die Childschi, kam in den Besitz des Reichs. Ala-ud-din (1295‒1315) verteidigte dasselbe siegreich gegen die wiederholten Angriffe der Mongolen. Bald nach seinem Tod gelangte die dritte türk. Dynastie (Pandschab-Türken) unter Muhammed Tughlak zur Regierung. 1398 zog Timur vor D., besiegte die Mohammedaner, eroberte die Stadt und plünderte sie. Dem Haus Tughlak folgten 1414‒50 die Sajjid, bis 1450 die Pathanen- oder Afghanendynastie Lodi den Thron bestieg. Allein schon 1526 wurde dieselbe durch einen Nachkommen Timurs, Sultan Babar, nach der Schlacht bei Panipat gestürzt, worauf Babar als erster Großmogul den eroberten Thron bestieg. In furchtbarer Weise wurde D. 1729 nach dem Sieg Nadir-Schahs über den Großmogul verwüstet; ebenso 1756 durch die Afghanen unter Ahmad-Schah und durch die Mahratten 1771. Hierdurch verlor D. seinen berühmten Glanz und sank in Ruinen. Als die Engländer 1803 den Mahrattenführer Daulat Rao Sindhia besiegt hatten, besetzten sie auch D., ließen dem völlig machtlosen Großmogul zwar noch einen Schein seiner frühern Größe, stellten ihn aber unter die Aufsicht eines brit. Residenten. Seit dieser Zeit war D. engl. Besitztum. Doch galt es noch immer als die eigentliche Hauptstadt der mohammed. Indier und war der Hauptsitz des moslem. Fanatismus.
Nachdem 10. Mai 1857 in der 45 km nordöstlich von D. gelegenen Garnisonsstadt Mirat die Sipahi sich gegen die brit. Herrschaft erhoben hatten, vereinigten sie sich am folgenden Tage mit den Sipahi von D., welches von europ. Truppen entblößt war und nun der Brennpunkt des Aufstandes wurde. Im Besitz der Waffenmagazine und des Artillerieparks, riefen die Aufständischen den 90jährigen Radscha Bahadur zum König von Indien aus. Die herbeigeeilten Briten, kaum 6000 Mann stark, mußten sich gegen die ihnen zehnmal überlegenen Sipahi monatelang darauf beschränken, D. eingeschlossen zu halten. Sie erlitten zwar durch Cholera und Fieber sowie durch wütende Ausfälle der Aufständischen bedeutende Verluste, hielten aber doch ihre Stellungen vor der Stadt fest. Erst nach der Ankunft schweren Belagerungsgeschützes und dem Zuzug des Generals Nicholson mit dem Hilfskorps aus dem Pandschab (20. Aug.) zählte die Belagerungsarmee 13‒14000 Mann, darunter kaum 5000 Europäer. 29. Aug. begann General Wilson die Offensive und nach heftigem Bombardement 14. Sept. die Bestürmung. Jedes Thor, jede Straße, jedes Gebäude mußte in mörderischem Kampf erobert werden. Erst 20. Sept., nach dem Abzug der letzten Sipahi und der Flucht des Hofs, war D. wieder vollständig der brit. Herrschaft unterworfen. 1877 fand in D. der glänzende «Durbar» der Fürsten Indiens unter Lord Lytton als Vicekönig statt, um der Königin Victoria den Titel «Kaiserin von Indien» beizulegen.
Dehn, Siegfr. Wilh., Musiktheoretiker, geb. 25. Febr. 1799 zu Altona, studierte 1819‒22 zu Leipzig Rechtswissenschaft, wandte sich aber später der Musik zu, in der er sich durch die Herausgabe älterer Werke (sieben Bußpsalmen des Orlandus Lassus, Berl. 1838) und durch Lehrbücher verdient machte. Unter ihnen ist die in zweiter Auflage von B. Scholz (ebd. 1883) bearbeitete «Lehre vom Kontrapunkt u. s. w.» das wichtigste. 1842‒48 redigierte D. die Zeitschrift «Cäcilia»; er starb 12. April 1858 als Kustos der musikalischen Abteilung an der königl. Bibliothek zu Berlin. Zu seinen Schülern zählen Kiel, Rubinstein, Kullack, Cornelius.
Dehna oder Dahna (d. h. die Rote), auch Roba el-Khali («leerer Raum») genannt, Landwüste in Südarabien, ist etwa 132000 qkm groß und wird von Oman, Hadramaut und Jemen begrenzt. Der etwa 120 m mächtige Sand ruht auf dem wahrscheinlich archäischen oder basaltischen Gerüst der Halbinsel. Der herrschende Ostwind häuft den Sand zu hohen und langen nordsüdstreichenden Rücken auf und verweht jede Spur; auch herrscht Wassermangel. Unter 20° nördl. Br. tritt die Wüste nahe an das Meer heran (Golf von Mosera). Hitzegrade von 40° C. im Schatten sind nicht ungewöhnlich; auch nachts hält sich die Temperatur hoch, da das Land niedrig liegt. Gegen N. geht die Wüste D. in die Wüste der Kleinen Nefud über, welche wieder gegen NW. den Übergang zu der zweiten großen arab. Wüste bildet, welche ebenfalls D. oder die Große Nefud heißt und 900 m hoch liegt.
Dehnbarkeit, die Eigenschaft fester Körper, infolge Einwirkung mechan. Kräfte ohne Aufhebung des Zusammenhangs durch Verschiebung ihrer Teilchen eine bleibende Veränderung ihrer Gestalt in einer oder mehrern Richtungen zu gestatten. Die D. ist nicht zu verwechseln mit der Elasticität (s. d.), da es bei der Bestimmung der D. auf bleibende Gestaltsänderung ankommt, also die D. erst da angeht, wo die Elasticität aufhört. Als Maß für die Größe der D. hat man die Dünne der Drähte, Fäden oder Bleche und Blätter zu betrachten, zu der man einen Körper auszudehnen im stande ist, wobei zu beachten ist, ob dies allmählich und langsam geschieht, bei welcher Temperatur der Körper, bei welchen chem. Beimischungen zum Hauptstoffe, in welcher Weise die Bearbeitung der Körper erfolgt u. dgl. m. Vorzüglich wichtig ist die Eigenschaft der D. bei Metallen, da besonders bei diesen davon technische Anwendung gemacht wird. Man unterscheidet bei den Metallen drei Hauptarten der D., nämlich die Ziehbarkeit, d. h. die Eigenschaft, sich zu feinen Drähten ziehen zu lassen; die Streckbarkeit oder die Eigenschaft, sich zwischen Walzen zu Blechen strecken zu lassen, und die Hämmerbarkeit, d. i. sich beim Hämmern geschmeidig zu erweisen. Diesen Eigenschaften entsprechen drei Hauptarten der Bearbeitung, und es ordnen sich hiernach die Metalle in besondere Reihen. Die an gesponnenen Fäden oder Geweben beobachtete D. ist nur zum Teil der Substanz an sich zuzuschreiben, da sie meist darauf beruht, daß jene ein lückenhaft verbundenes Aggregat von Haaren und Fäden sind.