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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Derwisch Pascha - De Sanctis (Francesco)
lässigung der grundlegenden Gesetze des Islam be-
merkbar machen (sie werden persisch Asäd, d. h. Freie,
oder Bi Scher', Gesetzlose, genannt); unter ihnen
sind die Kalenderderwische die bekanntesten.
Der Widerwille der orthodoxen Ulema' trifft diese
letztern D. mehr als die dem Religionsgesetz sich
unterwerfenden Orden, gegen welche sich die Ortho-
doxie zumeist wegen ihrer dogmatischen Unkorrektheit
und ihrer mit Musik und Tanz verbundenen unkano-
nischen Riten zwar ablehnend, aber nicht völlig aus-
schließend verhält. Viele Derwischorden haben durch
ihre in der ganzen Mohammed. Welt herumbettelnden
Mitglieder auch auf die polit. Bewegungen des
Islam als Agitatoren Einfluß geübt. In neuerer
Heit sind in Nordasrika neue Orden entstanden, deren
Tendenz auf die Vernichtung des europ. Übergewich-
tes in den afrik. Ländern des Islam abzielt. Unter
diefen ist der Senußi-Ordcn (s. Snussi) der hervor-
ragendste. - Vgl. I. P. Vrown, ^ks V6rvi8k68 or
Orientai 8pii-iwg.1i8iQ (Lond. 1868); über die Vek-
täschi: Lamartine, soiivLnirg, imz)i'688i0Q8, p6N8668
ot p3.vLaF63 P6lläant UN V0^ÄF6 6N Orisnt (4 Bde.,
Par. 1835 u. ö.).
Derwisch Pascha, Ibrahim, türk. General und
Staatsmann, geb. 1817inEjub, einer Vorstadt von
Konstantinopel, trat früh in die Armee, war beim
Ausbruch des Krimkrieges (1853) Oberst, übernahm
1862 als Divisionsgeneral den Oberbefehl über ein
Operationskorps gegen Montenegro und wurde nach
Beendigung des Feldzugs zum Muschir (Marschall)
ernannt. Später war er mehrmals gleichzeitiger
Chef der Militär- und Civiladministration von Al-
banien und Syrien. 1873 wurde D. P. in eine aus
Anlaß der damaligen Reorganisation der osman.
Armee eingesetzte Specialkommission als Mitglied
berufen und bald darauf zum Generalgouverneur
und Militärkommandanten von Bosnien und der
Herzegowina ernannt. Da er aber in der Bekäm-
pfung des Aufstandes 1875 kein Glück hatte, ver-
lor er diesen Posten und befand sich längere Zeit in
Ungnade. Erst bei Ausbruch des Russisch-Türki-
schen Krieges wurde ihm 1877 wieder der Oberbefehl
über das bei Batum aufgestellte Korps übertragen,
und hier glückte es ihm, mit schwächern Kräften
und ohne starke Befestigungen einen mit zahl-
reicher Artillerie versehenen Gegner in Schach zu
halten. Im Frühjahr 1879 kehrte D. P. nach Konstan-
tinopel zurück, nachdem er kurze Zeit die Stelle eines
kommandierenden Generals des 4. Armeekorps in
Erzerum bekleidet hatte. Als er 1880 zum Pforten-
tommissar für Albanien ernannt wurde, mit der Auf-
gabe, den Widerstand der Albanesen gegen die
Übergabe Dulcignos an Montenegro zu brechen,
gelang es ihm die Albanesen zu schlagen, sich aller
namhaften Führer zu bemächtigen und sic gefangen
nach Konstautinopel einzuliefern. Im Juni 1882
wurde D. P. nach Ägypten gesandt, um in dem Streit
zwischen dem Chediv und Arabi Pascha zu vermit-
teln; doch endete seine Sendung erfolglos. Seit
1888 ist er Generaladjutant des Großherrn.
Dos (ital. i6 dkuioiis; frz. rö demol; engl.
ä üat), in der Musik das um einen halben Ton
erniedrigte D, bezeichnet durch die Note für v mit
vorgezeichnetem!?.
Dös, Deös (spr. d^ehsch), rumän. DtMn, Stadt
mit geordnetem Magistrat in Siebenbürgen und
Hauptstadt des ungar. Komitats Szolnok-Doboka,
am Zusammenfluh des Kleinen, Großen und Alten
SzamiMusscs, in 251 in Höhe, zwischen waldigen
Bergen gelegen und an den Linien D.-Besztercze
(Vistritz) und Klausenburg-D.-Zilah der Szamos-
thaler Eisenbahn, deren Direktorium hier seinen
Sitz hat, ist gut gebaut, hat (1890) 7728 magyar. E.
(1791 Rumänen, 203 Deutsche), darunter 2887
Reformierte, 1601 röm., 1731 griech. Katholiken
und 1114 Israeliten, Post, Telegraph, eine reform.
Kirche (15. Jahrh.) im got. Stil, eine römisch- uud
eine griech.-kath. Pfarrkirche, ein Franzistanerkloster,
ein schönes Rat- und Komitatshaus, große Eisen-
brücke, ein Spital, einen alten fürstl. Thökölyscheu
Palast, ungar. Nationaltheater, Finanzdircktion,
Kreditbank, Sparkasse; sehr besuchte Salzbäder,
Dampfmühle, Brennerei, Acker- und Weinbau. Ge-
genüber der eine schöne Aussicht bietende Vclaberg
mit Schießstätte. In der Nähe das großartige
Salzbergwerk Des-Akna (1879 rumän. und ma-
gyar. E.), das jährlich über 10000 t Salz liefert,
mit einer schon im 15. Jahrh, bebauten Grube. Ein
Teil des Bergwerks ist 1839 eingestürzt.
Desaguadcro, zwei Flüsse in Südamerika.
1) Fluh in den Cordilleren, führt das Wasser des
Titicacasees in Peru nach dem südöstlich davon ge-
legenen See Aullagas in Volivia. Sein Bett liegt in
einem 3800 m hohen Thale einer Hochfläche, zwischen
parallelen Gebirgszügen. Er hat einen reißenden
Lauf von 300 kui Länge. - 2) Fluh in der Argen-
tinischen Republik, im W. der Laguna Bebedero,
bildet zum Teil die Grenze zwischen den Provinzen
Mendoza und San Luis.
Desaignes (spr. -ßänj), Flecken im Kanton
Lamaftre, Arrondissement Touruon des franz. De-
part. Ardeche, 5 kin westlich von Lamastre, an dem
rechts zur Rhone gehenden Doux, hat (1891) 559,
als Gemeinde 3600 E., Post, eine prot. Kirche;
Mühlen, Seidenfabriken und Handel mit Getreide
und Wein. In der Nähe Ruinen eines alten Schlosses
und eine kalte alkalische Heilquelle.
Desaix de Voygoux (Veygour, spr. -ßäh de
wöäguh, weguh), Louis Charles Antoine, franz.
General, geb. 17. Aug. 1768 zu St. Hilaire d'Ayat,
wurde mit 15 Jahren Unterlieutenant, zeichnete
sich vielfach in den franz. Revolutionskriegen aus
und schwang sich schnell empor. 1794 bereits Di-
visionsgeneral, begleitete D. 1798 Vonaparte nack
Ägypten, that sich hier besonders in der Schlacht bei
den Pyramiden hervor und wurde mit der gänzlichen
Vertreibung Murad Veis und der Verwaltung Ober-
ägyptens beauftragt, wo er sich durch seine Recht-
schaffenheit bei den Arabern den Namen "Der ge-
rechte Sultan" erwarb. 1800 kehrte er nach Frank-
reich zurück, folgte Vonaparte nach Italien und
brachte durch sein energisches Eingreifen in der
Schlacht bei Marengo die siegreiche Entscheidung für
die Franzosen, fand aber zugleich von einer Kugel
aetroffen den Heldentod. - Vgl. Marthe-Becker,
Hwä68 Ki8t0ri<iu68 8ur 16 86N6i-ki6 v. (Clermom
Dös-Akna, s. Dss. l1852).
De Sanctis, Francesco, ital. Staatsmann und
Literarhistoriker, geb. 28. März 1817 zu Morra
Irpino im Salerniramschen, wurde 1837 Lehrer an
der militär. Vildungsanstalt derNunziatclla iu Nca-
pel und gründete daneben selbst eine Schule für das
Studium der Sprache und Litteratur. 1843 war er
linterstaatsfekretär im Unterrichtsministerium in
Neapel; 24. Dez. 1850 wurde er in Cosenza ver-
haftet und 3 Jahre im Castel dcll' Ovo ohne
Untersuchung festgehalten. Es gelang ihm dann
nach Malta zu entkommen, von wo aus er sich nach