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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dessauer - Dessoir (Ludwig)

7 km westlich von D. das Dorf Mosigkau; im Schloß (1752), seit 1780 Sitz eines Adlig-Fräuleinstiftes, wertvolle Gemälde. 18 km entfernt Wörlitz (s. d.).

Geschichte. D., ursprünglich Dissouwe, später Desso, Dessow, wurde wahrscheinlich von Albrecht dem Bären durch einwandernde Flamländer gegründet: doch wird es erst 1213 urkundlich als Stadt erwähnt. Bei der Teilung Anhalts (s. d., Bd. 1, S. 639 a) wurde D. 1603 Residenz der Anhalt-Dessauischen Linie. Während des Dreißigjährigen Krieges schlug Wallenstein 25. April 1626 an der Dessauer Elbbrücke in der Nähe von Roßlau den Grafen Ernst von Mansfeld. Großen Ruf erlangte D. am Ende des 18. Jahrh. durch das 1774 von Basedow gegründete Philanthropin wie durch die Buchhandlung der Gelehrten und die Chalkographische Gesellschaft. Es ist Geburtsort des Dichters Wilh. Müller (1794), des Philosophen Moses Mendelssohn (1729). – Vgl. Siebigk, Ein Bild aus D.s Vergangenheit (Dessau 1864); Würdig, Chronik der Stadt D. (ebd. 1875/76).

Dessauer, Leopold, s. Dessoir, Ludwig.

Dessauer Marsch («So leben wir»), Marschmelodie ital. Ursprungs, die nachweislich zuerst bei der Siegesfeier der Schlacht bei Cassano 1705 geblasen wurde. Nach der Erstürmung von Turin 1706 wurde Fürst Leopold von Anhalt-Dessau (der «Alte Dessauer») bei seinem Einzug in die Stadt mit diesem Marsch empfangen, der seitdem sein Lieblingsmarsch blieb und nach ihm benannt wurde.

Dessein (frz., spr. -ßäng), Vorhaben, Plan.

Dessert (frz., spr. -ßähr) oder Nachtisch, der aus Zuckerwerk, Torten, Früchten, Gefrorenem oder auch aus Butterbrot und Käse bestehende Schluß eines größern Mittag- oder Abendessens, wozu auch besondere Dessertweine, meist schwere süße Weine oder Champagner, gereicht werden.

Desservant (frz., spr. -wáng, das lat. deservitor), früher der an einer Nebenkirche angestellte Vikar oder der Verwalter einer Pfarrstelle während deren Erledigung (s. Pfarrvikar); seit Anfang des 19. Jahrh. die Succursalpfarrer (s. d.).

Dessewffy (spr. déschöfi), altes ungar. Adelsgeschlecht, das 1666 den Freiherrenstand, 1775 die österr. Grafenwürde erlangte und gegenwärtig in drei Zweigen blüht. Graf Joseph D., geb. 13. Febr. 1771 zu Krevian im Saroser Komitat, gest. 2. Mai 1843, erwarb sich durch mehrere Schriften sowie als Freund Kazinczys, des Wiedererweckers der neuern ungar. Litteratur, in der Geschichte derselben einen geachteten Namen. D. hinterließ drei Söhne. Der älteste, Graf Aurel D., geb. 27. Juli 1808, gest. 9. Febr. 1842, war seit 1833 Führer der konservativen Partei auf den Landtagen wie in der Journalistik. Dessen jüngerer Bruder, Graf Emil D., geb. 17. Aug. 1814 zu Eperies, vertrat bis 1848 im öffentlichen Leben die Interessen der Konservativen. Während der Revolutionszeit zog er sich ins Privatleben zurück, entwickelte aber später eine bedeutende polit. und sociale Wirksamkeit. Er verfaßte 1857 eine Denkschrift, in der der Kaiser gebeten wurde, die neuen Anordnungen in Ungarn mit Rücksicht auf die gewonnenen Erfahrungen einer neuen Erwägung unterziehen zu lassen. Unmittelbar vor dem 20. Okt. 1860 war er als einer der sog. Oktobermänner sehr thätig. Man erwählte ihn 1856 zum ersten Präsidenten der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, und diese Wahl wurde dann jedes dritte Jahr erneuert. In dieser Stellung suchte D. namentlich ausreichende Fonds zur Errichtung eines eigenen Gebäudes sowie für litterar. Unternehmungen der Akademie zu beschaffen. Ferner begründete D. 1862 eine von ihm selbst geleitete Bodenkreditanstalt. Als Repräsentant auf dem Reichstage 1865 neigte er zu der polit. Auffassung Deáks. Er starb 10. Jan. 1866 in Preßburg. Er schrieb u. a.: «Über die schwebenden österr. Finanzfragen» (Wien 1856). Ein dritter Bruder, Graf Marcell D., geb. 24. März 1813, gest. 3. März 1886, schrieb: «Der polit.-sociale Radikalismus der Neuzeit» (Wien 1851).

Dessignolles Pulver, s. Designolles Pulver.

Dessin (frz., spr. -ßäng), Zeichnung, Muster (s. d.).

Dessinateur (spr. -töhr), Dessinateurschulen, s. Musterzeichner.

Dessinstahl (spr. -ßäng-), s. Drehstahl.

Dessoff, Felix Otto, Musiker, geb. 14. Jan. 1835 zu Leipzig, wurde am dortigen Konservatorium gebildet und war an verschiedenen Theatern Musikdirektor, bis er 1860 Hofopernkapellmeister in Wien wurde, welche Stellung er 1875 mit einer ähnlichen in Karlsruhe vertauschte. Seit 1880 wirkte D. als Kapellmeister am Opernhaus in Frankfurt a. M., wo er 28. Okt. 1892 starb. Er veröffentlichte mehrere Kammermusikwerke.

Dessoir (spr. -ßŏahr), Ferd., Schauspieler, Sohn von Ludwig D., geb. 29. Jan. 1836 zu Breslau, bildete sich in Mannheim für die Bühne aus und war nach längern Wanderfahrten Mitglied der Bühnen in Mainz, Heidelberg, Stettin und seit 1857 in Leipzig. 1861 ging er nach Riga, von da nach Bremen und 1863 an das Hoftheater in Weimar, dem er auch nach Verlauf seines Engagements am Berliner Hoftheater (1864‒67) wieder angehörte. 1869 trat D. in den Verband des Breslauer Lobe-Theaters, 1870 in den der Hofbühne zu Dresden. Hatte D. früher besonders auf dem Gebiete der Liebhaber und Naturburschen sich bewegt, so gab er später erste, namentlich aber humoristische Charakterrollen, wie Falstaff, Vansen u. s. w., mit feinem Verständnis. 1878 übernahm D. die Leitung des Dresdener Residenztheaters, die er jedoch schon 1879 aufgab, um sich zunächst ausschließlich dem Gastspiel zu widmen. 1880 nahm er ein Engagement in Prag an und ging später nach Petersburg, dann an das Deutsche Volkstheater in Wien, wo er im Nov. 1889 geisteskrank wurde. Er starb 13. April 1892 in Dresden.

Dessoir (spr.-ßŏahr), Ludwig, eigentlich Leopold Dessauer, Schauspieler, geb. 15. Dez. 1810 zu Posen als Sohn eines jüd. Kaufmanns, erschien schon 1825 in kleinen Rollen auf dem Stadttheater seiner Vaterstadt und zog später mit Wandertruppen umher. 1831 engagierte ihn Direktor Haake für die vereinigten Theater Mainz und Wiesbaden, wo er mit Erfolg jugendliche Helden und Liebhaber spielte. Auch als er 1834 einem Rufe nach Leipzig Folge leistete, blieb ihm dieser Erfolg treu, ebenso in Breslau, wohin er sich nach seiner Vermählung mit Therese Reimann (1835) gewandt hatte. Doch mußte die Ehe schon nach 2 Jahren getrennt werden; eine später (1844) geschlossene zweite Verbindung mit Helene Pfeffer aus Pest löste der Wahnsinn, in den die letztere verfiel. D. nahm 1837 sein Wanderleben wieder auf, gastierte in Prag, Brünn, Wien und Pest, und erst hier ließ er sich bis 1839 fesseln. In diesem Jahre ging er als Nachfolger Karl Devrients nach Karlsruhe und begründete hier als Charakterdarsteller seinen Ruf, der die Ursache seines Engagements am Hoftheater zu Ber- ^[folgende Seite]