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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutsche Kunst

(1016 geweiht), Speyer (1030 gestiftet) und Worms (1036 geweiht), welche in späterer Zeit eingewölbt wurden, die Klosterkirchen zu Limburg an der Hardt, die Dome zu Würzburg, Konstanz u. a.

Während allen diesen Bauten des 11. Jahrh. noch eine gewisse Befangenheit im Detail, wie in der Technik anhaftet, erlangte der romanische Stil in Deutschland seine höchste Blüte im 12. Jahrh. in der Zeit der durch die Kreuzzüge hervorgerufenen religiösen Begeisterung. Die Einwölbung der Basiliken wird nun zur Regel, das System des roman. Kirchenbaues gelangt zu seiner vollendetsten Ausbildung, und zwar geschieht dies mit gewissen provinziellen Verschiedenheiten in fast allen Teilen des damaligen Deutschland. Die Führung übernehmen die Rheinlande, in welchen die großen Dome von Worms, Mainz und Speyer nun ihrer Vollendung entgegen gingen, in Köln das dort an Sta. Maria im Kapitol ausgebildete System der halbkreisförmigen Endung der Querschiffe in St. Aposteln und Groß St. Martin, aber auch die völlig entwickelte Centralanlage in dem ovalen Kuppelbau von St. Gereon (1219-27) großartige Entfaltung erhielten. Die Zahl der stattlichen, namentlich auch im Detail und der Gruppierung reichen Kirchen mehrt sich derart, daß es unmöglich wird, die Bauten hier einzeln aufzuführen. Hervorzuheben ist jedoch der 1235 geweihte Dom zu Limburg a. d. Lahn mit 7 Türmen (s. Taf. I, Fig. 7 u. 8). Strenger und derber zeigen sich die Bauten Westfalens, sowohl hinsichtlich des Schmuckes als der malerischen Anordnung in Aufriß und Grundriß. Die Dome zu Soest, Osnabrück, Münster und Paderborn, obgleich stattliche Bauwerke, erheben sich doch nicht zur Wirkung der rhein. Anlagen. Interessant sind die sächs. Schöpfungen, die Klosterkirchen zu Paulinzelle, Hamersleben, Wechselburg, Riddagshausen, die Dome zu Braunschweig (1194), Naumburg, Königslutter, Arnstadt, die Godehardskirche zu Hildesheim (1133-72) u. a., in denen noch vielfach Säulen die Schiffe trennen, die Überdeckung eine flache, erst später durch Gewölbe verdrängte ist. Hier zeigen sich zuerst reichere Chorentwicklungen, die den Einfluß der burgundischen Bauschule und des Cistercienserordens erkennen lassen, indem einerseits Kapellenkränze an die Chorumgänge gelegt (Hildesheim) erscheinen, andererseits eine reichere Ausgestaltung der rechtwinkligen Chöre (Riddagshausen, Loccum, Altzelle) angeordnet wurde. In Franken erhält der Stil seine üppigste Entfaltung: der Dom zu Bamberg mit doppelten Chören und vier stattlichen Türmen (s. Taf. II, Fig. 9), die Klosterkirchen zu Ebrach, Aschaffenburg, Seligenstadt, Bronnbach legen Zeugnis hierfür ab. Der Oberrhein nimmt burgundische Anregungen (Emporen, offene Vorhallen) früher auf als der fernere Westen und bedient sich der dort entfalteten technischen Meisterschaft mit praktischem Sinn für das Erreichbare und Notwendige in Abmessung und Ausschmückung seiner Bauten. Die Dome zu Basel, Zürich, Teile des Münsters zu Straßburg sind als Beispiele zu nennen. Schwaben steht im allgemeinen zurück, auch Bayern erhebt sich nur in wenigen Werken über das mittlere künstlerische Maß, wie in Ellwangen, Bebenhausen, Maulbronn dort, in Freising, Altenstadt und die Bauten in Regensburg (St. Emmeram, Niedermünster) hier. In den österr. Landen ragen die eines Querschiffs entbehrenden Dome zu Seccau und Gurk neben zahlreichen Klosteranlagen (Heiligenkreuz, Lilienfeld, Altenburg, Kirchen zu Wiener-Neustadt, Salzburg, Westansicht der Stephanskirche zu Wien [s. Taf. II, Fig. 6]) hervor. Böhmen hat in vielen Beziehungen besondere Kunstformen, namentlich bei kleinen Anlagen eine unverkennbare Vorliebe für Centralkirchen (Karner). Ebenso bildet die an Hausteinen arme norddeutsche Tiefebene ein getrenntes Gebiet, worin der Backstein die Ornamentation bedingt. Die Dome zu Jerichow, Brandenburg, Salzwedel, Dobrilugk, Ratzeburg, Lübeck und die sich ihnen anschließenden Kirchenbauten der baltischen Länder (Dom zu Riga, Kirche zu Üxküll u. a.) zeigen bei typischen Grundformen vielfach eigenartige Detailbehandlung. Die Kirche auf dem Harlunger Berg bei Brandenburg und die Michaelskirche zu Schleswig (beide zerstört) waren als Centralbauten in stattlichen Abmessungen durchgeführt. So war in ganz Deutschland die kirchliche Kunst auf Grund altchristl. Anregungen zu durchaus nationaler Entfaltung gelangt. Die reichste Ornamentik, die zierlichste Durchbildung der Säulenknaufe, der Rundbogenfriese (s. Taf. I, Fig. 1-3), der Thoranlagen und Giebelfelder mit einem aus unerschöpflicher Phantasie hervorquellenden Gestaltungsdrange geben den Bauwerken einen steigenden Reiz. Auch profane Aufgaben, namentlich großartige Klostersäle, Burgen und Pfalzen (Kaiserhaus zu Goslar; s. Tafel: Burgen II, Fig. 1), Festungsanlagen und bürgerliche Wohnhäuser schuf sie in reichlicher Fülle und mit völliger Beherrschung des architektonischen Systems, welches keineswegs in seiner Durchbildung abgeschlossen oder gar erschöpft war, als in der Mitte des 12. Jahrh. das in der Umgegend von Paris erfundene System des Gotischen Stils (s. d.) eine allgemeine Wandlung des Baues herbeiführte.

Zunächst wurde dieser nur teilweise aufgenommen (sog. Übergangsstil). Schon am Kuppelbau von St. Gereon zu Köln (1219-27), am Dom zu Limburg (s. oben), an der Cistercienserkirche zu Heisterbach tritt der Spitzbogen vereinzelt auf. Er wird zur bestimmenden Konstruktionsform zuerst in Deutschland am Dom zu Magdeburg (1207 begonnen), der schon jene der Gotik eigene Neigung zu schlanker Höhenentwicklung und in der Emporenanlage burgundische Einflüsse zeigt. Das gotische System tritt zuerst völlig klar an der merkwürdigen Centralanlage der Liebfrauenkirche zu Trier (1227-43) hervor, bemächtigt sich des Kölner Grundrißsystems in der Elisabethkirche zu Marburg (1235-83), die zugleich die erste durchgebildete Hallenkirche (s. d.) darstellt. Der Dom zu Wetzlar und andere hess. Bauten schließen sich unmittelbar an sie an. Früh nahm der schon während der roman. Zeiten dem Westen sich zuneigende Oberrhein die Gotik auf, wo das Münster zu Freiburg i. Br. (s. Taf. II, Fig. 4, sowie Fig. 2 u. 3) und das Münster zu Straßburg (s. Taf. II, Fig. 10) großartige Denkmale der neuen Richtung sind, an denen die feinere und reichere Formensprache der gleichzeitigen franz. Gotik vollendete Ausbildung erhielt. Straßburg wird durch die hohe Kunst seines Steinwerkes zum wichtigsten Sitz der got. Bauschule. Neben ihm erhielt sich Köln seine Bedeutung, wo seit 1248 der Dom (s. die Tafel: Kölner Dom) in engem Anschluß an das Vorbild der Kathedrale von Amiens durch Meister Gerhard von Rile entstand. Die Kirchen zu Altenberg, ferner die zu Xanten, Oppenheim und Wimpfen im Thal zeigen den got. Stil alsbald in durchgebildetster Form. In Sachsen äußert sich am Dom zu Halberstadt