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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutscher Krieg von 1866

warb insgeheim Bundesgenossen in Deutschland und verstärkte die Truppen in Böhmen und Mähren, wodurch Preußen sich bedroht und Ende März zu Gegenrüstungen veranlaßt sah. Ein darüber entstandener Notenwechsel nahm einen immer gereiztern Ton an; die Rüstungen wurden fortgesetzt. Zwischen Preußen und Italien führte 8. April das gemeinsame Interesse zu einem Schutz- und Trutzbündnis. Vom 3. bis 12. Mai erfolgten die Befehle zur Mobilmachung der preuß. Armee, die in 14 Tagen planmäßig vollendet war. Am 27. Mai versuchten die europ. Großmächte den drohenden Bruch noch durch den Vorschlag einer Konferenz zu verhindern, die Preußen annahm, Österreich jedoch durch die Forderung, daß dabei nicht über Venetien verhandelt werde, unmöglich machte. Am 1. Juni brachte Österreich die schleswig-holstein. Frage zur Entscheidung an den Bund und berief zum 11. die holstein. Stände nach Itzehoe. Darauf hin erklärte Preußen den Gasteiner Vertrag für gebrochen, beantragte 2. Juni die Zurückziehung der preuß. und österr. Truppen aus den Bundesfestungen und ließ 7. Juni seine Truppen aus Schleswig unter General von Manteuffel in Holstein einrücken, von wo der österr. Statthalter, Feldmarschalllieutenant von Gablenz, die einzige dortstehende Brigade, General Kalik, abmarschieren ließ. Auf dieses selbständige Vorgehen Preußens beantragte Österreich 11. Juni beim Bunde die Mobilmachung der ganzen Bundesarmee, mit Ausschluß des preuß. Kontingents, und dieser Antrag wurde 14. Juni von der Majorität angenommen. Noch bot Preußen den Königen von Hannover und Sachsen und dem Kurfürsten von Hessen 15. Juni die Garantie ihrer Souveränität an, wenn sie neutral bleiben und sich den in den preuß. Cirkulardepeschen vom 21. März und 11. April aufgestellten und 10. Juni an den Bund gebrachten Reformvorschlägen für die Bundesverfassung, wonach Österreich aus Deutschland ausgeschlossen werden sollte, anschließen würden. Diese Forderungen wurden jedoch abgelehnt, worauf unmittelbar die Kriegserklärung an die drei Staaten erfolgte.

Österreich hatte gegen Preußen eine Nordarmee unter Benedek, gegen Italien eine Südarmee unter Erzherzog Albrecht aufgestellt. Die Nordarmee umfaßte sieben Armeekorps (1. bis 4., 6., 8. und 10.), jedes bestehend aus 4 Brigaden (zu 6 Infanterie- und 1 Jägerbataillon, 1 Eskadron und 1 Batterie), einer Geschützreserve von 6 Batterien, 2 leichten und 3 schweren Reserve-Kavalleriedivisionen, die erstern zu 6 und 4, die letztern zu 6 Regimentern mit je 2 Batterien. Die Gesamtstärke der Nordarmee betrug 283000 Mann, zu denen noch 26000 Sachsen hinzutraten. Dazu kamen die Besatzungen von Theresienstadt, Josefstadt, Königgrätz, Olmütz und Krakau mit 46000 Mann. Die süddeutschen Staaten verpflichteten sich, bis 15. Juni folgende Kräfte bereit zu stellen: Bayern 46000 Mann, nach einigen Wochen weitere 14000 Mann, Württemberg 20000 Mann, Baden 12000 Mann, Nassau 5400 Mann, Großherzogtum Hessen 12700 Mann. Ferner müssen hinzugerechnet werden 20500 Mann Hannoveraner, 7000 Österreicher bei dem 8. Bundesarmeekorps und 8500 Mann kurhess. Truppen. Preußens Streitkräfte waren in drei Armeen formiert. Die Erste Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl (2., 3., 4. Armeekorps nebst 1 Kavalleriekorps) stand rechts von der Elbe an der sächs. Grenze bis Görlitz 93300 Mann); ihr war zuerst noch das Gardekorps zugeteilt, das Mitte Juni zur Zweiten Armee abrückte. Die Zweite Armee unter dem Kronprinzen, anfangs in weitläufigen Kantonierungen bei Landshut und Hirschberg stehend, war jetzt bei Neisse konzentriert (1., 5., 6. Korps und die Garden, zusammen 115000 Mann). Die Elbarmee unter General Herwarth von Bittenfeld, 1 Division vom 7., das 8. Armeekorps (zusammen 46000 Mann), sowie ein aus Landwehr bei Berlin neugebildetes Reservekorps (24300 Mann) stand auf dem linken Elbufer gegen Sachsen. Diese Kriegsmacht zählte nur völlig ausgebildete Soldaten in ihren Reihen und stand seit 6. Juni schlagfertig, was bei der österreichischen, trotz der längern Rüstung, noch nicht vollständig der Fall war. Außerdem stand die 13. Division (14300 Mann) bei Minden, das Korps Manteuffel (14100 Mann) bei Hamburg und die Division Beyer (19600 Mann) bei Wetzlar zur Bekämpfung der deutschen Bundesarmee bereit. Im ganzen bezifferten sich die Feldtruppen Preußens auf 326600, die seiner Gegner auf 309000 Mann in Böhmen und 146000 Mann in Deutschland, abgesehen von den gegen Italien aufgestellten drei österr. Armeekorps (5., 7. und 9.). Unbedingt feindlich gegen Preußen waren die vier Königreiche (von denen Bayern 14. Juni in Olmütz einen besondern Vertrag mit Österreich geschlossen), beide Hessen, Nassau, durch seine Lage genötigt auch Baden, schwankend die meisten kleinern Staaten; nur Coburg-Gotba und Lippe erwiesen sich gleich von Anfang an als seine Bundesgenossen.

I. Feldzug in Böhmen. Für Preußen war nun kein längeres Verharren auf der Defensive statthaft. Die Zweite Armee, die bei Neisse stand, erhielt 19. Juni Befehl, hier nur ein Korps (das 6. Armeekorps) stehen zu lassen, mit den übrigen aber in Böhmen einzurücken und mit der Ersten Armee Verbindung zu suchen; diese sollte aus der sächs. und preuß. Oberlausitz über Reichenberg, die Elbarmee von Dresden aus über Gabel (weil die nähere Straße im Elbthal durch den von den Sachsen noch besetzten Königstein gesperrt war) auf Gitschin vorrücken. Die Sicherung der oberschles. Grenze blieb zwei Detachements (General von Knobelsdorff und General Graf Stolberg) überlassen, die hier den Parteigängerkrieg führten. Unterdessen hatte aber auch Benedek bereits 17. Juni seine Hauptmacht von Olmütz nach Böhmen abrücken lassen, wahrscheinlich um den Prinzen Friedrich Karl in der Lausitz zu schlagen und dann gegen Berlin vorzudringen. Die Preußen kamen diesem Unternehmen jedoch zuvor. Nach einigen kleinern Gefechten und einer Kanonade bei Liebenau (25. Juni) rückten die Vortruppen des Prinzen Friedrich Karl 26. gegen Podol, welches Dorf nebst der Iserbrücke in einem hartnäckigen Nachtgefecht durch General von Bose den Österreichern entrissen wurde. In diesem Gefecht wurde zum erstenmal die viergliedrige Salve angewendet. Am 27. Juni hatte auch die Vorhut der Elbarmee bei Hühnerwasser ein glückliches Gefecht. Beide Armeen vereinigten sich 28., worauf Prinz Friedrich Karl deren Oberbefehl übernahm und an demselben Tage den österr. General Clam-Gallas in dem blutigen Gefecht bei Münchengrätz schlug. Die Österreicher und Sachsen gingen nunmehr nach Gitschin zurück. Auch hier wurden sie 29. Juni von zwei preuß. Divisionen angegriffen und aus einer steilen Felsposition nach