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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutscher Krieg von 1866

der Stadt gedrängt, die Prinz Friedrich Karl noch in der Nacht nach erbittertem Straßenkampfe besetzte.

Die österr. Hauptarmee stand damals mit dem Gros bei Königinhof und hatte, als der Rechtsabmarsch der preuß. Zweiten Armee bekannt geworden, das 6. Korps (Ramming) mit der Kavalleriedivision Holstein 27. Juni nach Stalitz, das 10. (Gablenz) gegen Trautenau und das 8. Korps (Erzherzog Leopold) gegen Jaroměř vorgeschoben. Von der preuß. Zweiten Armee rückte das 1. Korps (Bonin), gefolgt von der Kavalleriedivision Hartmann, über den Paß von Trautenau, das 5. (Steinmetz) über den Paß von Nachod in Böhmen ein; das Gardekorps (Prinz August von Württemberg) hielt zwischen beiden Verbindung und marschierte über Braunau. Die Spitze des Gardekorps überschritt 26. Juni die Grenze, die beiden andern 27. Das 6. Korps (Mutius), das zunächst bei Habelschwerdt gegen das 2. österreichische (Thun) stehen blieb, sollte baldmöglichst dem 5. folgen. Das 1. Korps stieß bei Trautenau auf österr. Truppen, wurde aber nach längerm und verlustreichen Kampfe zum Rückzuge in das Gebirge genötigt. Dagegen war an demselben Tage das 6. Korps (Ramming) bei Nachod durch das Erscheinen der Preußen überrascht und zurückgeschlagen worden. Benedek verstärkte das Korps Ramming durch das 8. Armeekorps, aber dieses, unter Erzherzog Leopold, wurde 28. Juni von Steinmetz bei Skalitz geschlagen, indem es aus allen Stellungen geworfen wurde, wobei auch die Stadt verloren ging. An demselben Tage griffen die preuß. Garden das 10. österr. Korps bei Soor und Altrognitz an. Die Garden hatten anfangs gegen überlegene Artillerie zu kämpfen (12 gegen 64 Geschütze), gingen aber mit unwiderstehlichem Andrang bei Burkersdorf und Altrognitz vor und erstürmten Trautenau. Gablenz wurde vollständig geschlagen, auch ging eine Fahne verloren. Nun konnte auch das 1. preuß. Armeekorps ungehindert vorrücken. Am 29. Juni nahmen die Garden nach hartem Gefecht noch Königinhof, während Steinmetz bei Schweinschädel (Jaroměř) Teile des 4. österr. Korps (Festetics) schlug. Jetzt traf auch das 6. preuß. Korps ein und vereinigte sich 30. Juni mit dem 5. bei Gradlitz; das 1. war den Garden gefolgt. Benedek ging nach diesen Unfällen der vorgeschobenen Korps (1., 6., 8. und 10.) über die Bistritz zurück und konzentrierte seine ganze Armee westlich der Festung Königgrätz. Prinz Friedrich Karl entsendete das 1. Garde-Dragonerregiment, um Verbindung mit dem Kronprinzen zu suchen, und dieses kam 30. Juni nach einem Gewaltmarsche bei Arnau auf dem rechten Flügel der Zweiten Armee an. Am 1. Juli erreichten Truppen dieser Armee Miletin, womit die Verbindung der gesamten preuß. Streitmacht vollkommen gesichert war.

König Wilhelm von Preußen, der auf die Nachricht von den ersten Siegen in Böhmen Berlin verlassen hatte, traf 2. Juli in Gitschin bei seinem Heere ein und übernahm dessen Oberbefehl. In seinem Gefolge befanden sich der General von Moltke, der Kriegsminister von Roon, der Ministerpräsident von Bismarck, außerdem viele fürstl. Personen. Man gedachte der Armee einen oder zwei Ruhetage zu geben; aber die abends 11 Uhr durch den General von Voigts-Rhetz, Generalstabschef der Ersten Armee, überbrachte Meldung, die Österreicher hätten die Bistritz bei Sadowa überschritten, veranlaßte den Entschluß, am folgenden Tage eine Hauptschlacht zu liefern. Der Befehl dazu ging in doppelter Ausfertigung in der Nacht an den Kronprinzen, und 3. Juli wurde bei Königgrätz die österr. Nordarmee nebst dem sächs. Korps entscheidend geschlagen. Doch wurde der Sieg preußischerseits nicht genügend ausgenutzt. Am 4. Juli nachmittags 4 Uhr erst begann die preuß. Armee ihre unausgesetzte Verfolgung. Sie überschritt die Elbe auf mehrern Punkten und erhielt nun, indem im Hauptquartier des Königs ein aufgefangenes Marschtableau Benedeks den fernern Operationsplan bestimmte, neue Befehle. Benedek nämlich hatte seine Hauptmacht eiligst nach Olmütz geführt und nur das 10. Korps, die drei schweren und Edelheims leichte Kavalleriedivision nach Wien geschickt; das 8. Korps und die Sachsen bildeten zunächst die Nachhut und blieben einen Marsch hinter der Armee zurück. Benedek hoffte dadurch die ganze preuß. Armee von der Hauptstadt abzuziehen und bei Olmütz festzuhalten. Aber nur die preuß. Zweite Armee erhielt Befehl, ihm zu folgen, während die Erste Armee auf Brünn, die Elbarmee auf Iglau vorrückten, also in der geraden Richtung nach Wien. Der Kaiser von Österreich hatte nach der Schlacht bei Königgrätz Venetien an Kaiser Napoleon abgetreten, in der Hoffnung, daß dieser Italien damit beschwichtigen werde, vielleicht auch, um ihn selbst als Bundesgenossen für Österreich zu gewinnen. Aber dieser scheute sich, nach dem glänzenden Siege der Preußen bei Königgrätz, bei der ungenügenden Schlagfertigkeit seines Heers in den Krieg einzugreifen. Der größte Teil der Südarmee wäre dadurch gegen Preußen verfügbar gewesen. Auch wurden bereits vom 7. Juli an das österr. 3. und 5. Korps nach Wien befördert, und der Erzherzog Albrecht, der 24. Juni die Italiener bei Custozza geschlagen hatte, erhielt das Oberkommando über alle österr. Streitkräfte. Benedek wurde angewiesen, mit der Nordarmee von Olmütz nach Wien zu rücken. Bei Floridsdorf waren inzwischen zur Verteidigung der Kaiserstadt provisorische, mit den schwersten Geschützen armierte Verschanzungen angelegt worden. Am 14. Juli setzte Benedek sein Heer in Marsch. Zu dieser Zeit befand sich das Hauptquartier des Königs von Preußen bereits in Brünn. Von der Zweiten Armee sollte das 1. Korps (Bonin) die Eisenbahn bei Prerau, also die Verbindung zwischen Olmütz und Wien, zerstören. Die Kavalleriedivision Hartmann nebst der Infanteriebrigade Malotki wurde 15. Juli dahin entsendet und stieß bei Tobitschau auf die Vorhut des österr. 8. Korps. Es kam zu einem lebhaften Gefecht, in dem das 5. Kürassierregiment 18 feindliche Geschütze nahm. Die Benutzung der Eisenbahn nach Wien wurde aber den Österreichern (16. Juli) inzwischen durch General Horn, der Lundenburg besetzte, entzogen. Benedek mußte deshalb links der March über die Kleinen Karpaten nach Wien marschieren. Vor Josefstadt und Königgrätz war nur eine schwache preuß. Division (12.), vor Olmütz die 1. Division zurückgeblieben. Das Detachement des Generals Knobelsdorff hatte Österreichisch-Schlesien besetzt und marschierte auf Brünn. Die übrigen Korps der Zweiten Armee folgten in zwei Kolonnen über Brünn und Lundenburg der Ersten Armee, die auf Wien marschierte, ebenso die Elbarmee, während die Garde-Landwehrdivision des nachgerückten 1. Reservekorps (Mülbe) Prag besetzt hatte.