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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutsch-Französischer Krieg von 1870 und 1871

lation; inzwischen hatte sich 27. Nov. auch La Fère mit 2000 Gefangenen und 70 Geschützen nach zweitägiger Beschießung einer Brigade des 1. Korps ergeben. Kameke war im Dezember zur Leitung des Ingenieurangriffs nach Paris berufen worden und General von Senden an seine Stelle getreten. Dieser nahm 15. Jan. Rocroy durch einen Handstreich (200 Gefangene und 70 Geschütze), nachdem Mezières (2000 Gefangene und 70 Geschütze) 2. Jan. sich ergeben hatte. Longwy wurde nach neuntägiger Beschießung 25. Jan. vom Oberst von Krenski genommen (4000 Gefangene und 200 Geschütze). Von den übrigen, rückwärts der Heere seit deren Vormarsch noch belagerten Festungen hatte Verdun 8. Nov. kapituliert (4000 Mann und 136 Geschütze) und Pfalzburg sich 12. Dez. ergeben (1900 Gefangene und 65 Geschütze). Manteuffel erreichte mit der Ersten Armee, deren beide Korps sich auf zwei Hauptstraßen, auf Laon-Noyon das 1., auf Reims-Compiègne das 8., bewegten, 20. Nov. die Oise und erhielt durch die vorausmarschierende Kavalleriedivision Graf von der Groeben die Nachricht, daß sowohl bei Amiens als bei Rouen stärkere feindliche Streitkräfte ständen. Um diese einzeln zu schlagen, wurde der Marsch zunächst auf Amiens (s. d.) gerichtet, wo der Feind 27. Nov. die Schlacht annahm. Sie dauerte bis zum Abend; die Franzosen wurden gegen die Somme und auf ihre verschanzte Stellung vor Amiens zurückgeworfen, die sie jedoch nicht verteidigten; sie zogen sich in ziemlicher Auflösung nach Lille und Arras zurück. Amiens wurde 28. Nov. besetzt; auch die Citadelle ergab sich, nachdem sie durch Schützen der Infanterie beschossen und der Kommandant dabei getötet worden war. Manteuffel wandte sich darauf gegen den andern Teil der Nordarmee, der bei Rouen stand, und ließ nur einige Truppen zur Beobachtung des bei Amiens geschlagenen Gegners zurück; der Feind, etwa 30000 Mann stark, nahm jedoch bei Rouen den Kampf nicht an, sondern wich nach dem linken Seine-Ufer und nach Havre aus, sodaß Rouen 6. Dez. vom 8. Korps (Goeben) besetzt wurde und eine Abteilung bis an den Kanal (nach Dieppe) vorging. Die feindliche Nordarmee bestand also nunmehr aus zwei getrennten Teilen, die allerdings mit Hilfe der Flotte jederzeit ohne erhebliche Schwierigkeit vereinigt werden konnten. Faidherbe hatte an den Festungen Arras, Douai, Cambrai, Valenciennes und dahinter als Hauptpunkt Lille eine starke Operationsbasis, in der sein Heer nach jeder Niederlage reorganisiert werden konnte. Er beabsichtigte hinter der gegen Rouen vorgegangenen Ersten Armee mit der etwa 50000 Mann starken Nordarmee gegen Paris durchzubrechen; Manteuffel kehrte jedoch rasch zurück und schlug ihn 23. Dez. zum zweitenmal in der Gegend von Amiens in der Schlacht an der Hallue. Faidherbe ging auf Arras zurück und wich 25. Dez. seitwärts auf Douai aus, von wo er schon Anfang Jan. 1871 zum drittenmal die Offensive ergriff. Seine Vorhut stieß 2. Jan. bei Savigny auf die preuß. Brigade Strubberg, von der sie zurückgewiesen wurde; am 3. griff er mit gesamter Macht den General von Goeben an, der ihn nur mit der 15. Division (nunmehr Kummer) und einer Truppenabteilung, die Prinz Albrecht (Sohn) von Paris herbeigeführt hatte, in neunstündigem Kampfe bei Bapaume aufhielt, worauf er wiederum den Rückzug in der Nacht antrat. Auch an der untern Seine, wo das 1. Korps, geführt vom General von Bentheim, gegen die sog. Armee von Havre (General Briand) stand, wurden Vorteile errungen; Bentheim überfiel 3. Jan. den General Roye bei Monlineaux-Calond und zersprengte seine Truppen am 4. bei Bourgachard. Dem General von Goeben ergab sich 10. Jan. Peronne mit 3000 Mann, ein wegen der Lage dieser Festung strategisch bedeutsamer Erfolg. Faidherbe rückte bald darauf zum viertenmal vor, um sich die Straße nach Paris zu öffnen. General von Goeben, der nach Manteuffels Ernennung zum Oberbefehlshaber der neugebildeten Südarmee das Oberkommando der Ersten Armee übernommen hatte, trat Faidherbes Vorrücken entgegen, warf 18. Jan. seine Vortruppen von Beauvais auf Saint Quentin (s. d.) zurück, griff am 19. die Nordarmee in ihrer Stellung an und brachte ihr eine entscheidende Niederlage bei. Damit war im Norden der letzte Entsatzversuch von Paris gescheitert und Faidherbes Armee in einen Zustand der Auflösung versetzt, daß sie für längere Zeit nicht im Felde erscheinen konnte. An demselben Tage wurde auch der letzte große Ausfall vor Paris (s. Mont-Valérien), den Trochu unternommen hatte, entscheidend zurückgeschlagen und dadurch das Schicksal der belagerten Stadt entschieden. Im Süden stellte sich in denselben Tagen die Unmöglichkeit einer Hilfe ebenfalls heraus, und auch der neuersonnene Operationsplan Gambettas, durch einen Marsch der Armee Bourbakis nach Osten Belfort zu entsetzen (s. unten), die Verbindungslinien der Pariser Belagerungsarmee zu durchbrechen und das obere Rheinthal zu bedrohen, um auf diesem Wege Paris zu retten, scheiterte und hatte den Untergang dieser Armee zur Folge, zu deren Bekämpfung aus dem 7. Korps, das in Lothringen abkömmlich war, und dem 2. Korps, das erst kürzlich vor Paris angekommen war, eine neue Armee, die Südarmee, gebildet und nach Südosten in Marsch gesetzt wurde; General von Manteuffel erhielt deren Oberbefehl.

c. Hier im Osten war General von Werder mit dem 14. Armeekorps Anfang Oktober durch die Vogesen vorgegangen und hatte die früher entsandte fliegende Kolonne Degenfeld an sich gezogen. Letztere hatte 6. Okt. bei Etival den General Cambriels mit den zuerst fertig gewordenen Truppen der franz. Ostarmee nach siebenstündigem Kampfe zum Rückzug gezwungen, worauf das Armeekorps in vier Kolonnen seinen Vormarsch fortsetzte und den Feind überall zurückwarf. Am 18. Okt. wurde Vesoul besetzt. Cambriels hatte darauf Stellung am Oignon genommen, wurde aber 22. Okt. von den Badenern unter General von Beyer in mehrern Gefechten geschlagen und wich auf Besançon zurück. Ohne Belagerungspark war ein Angriff dieser starken Festung aussichtslos; Werder wandte sich daher westlich auf Dijon, das 30. Okt. nach schwerem Kampfe eingenommen wurde. Garibaldi war in dem nahen Dôle noch mit Organisation seines Korps beschäftigt und konnte Cambriels nicht unterstützen. Sein Sohn Ricciotti hatte aber inzwischen einen glücklichen Handstreich gegen die Verbindungslinie der deutschen Armeen gemacht und 19. Nov. in Châtillon ein Landwehrbataillon und zwei Schwadronen Reservehusaren überfallen. Durch Befehl der Regierung wurde Garibaldi nach Autun zurückgezogen, um dort ungefährdet die Organisation seiner Freischaren zu vollenden. Im Laufe des November glaubte er, einen Angriff auf Dijon unternehmen