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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Deutsch-Kralup; Deutsch-Krawarn; Deutsch-Krone; Deutschland

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Deutsch-Kralup - Deutschland und Deutsches Reich (Lage, Grenzen und Größe)

zunächst in Preußen, dann weiter im ganzen Reiche zu versuchen. Das von 27 Parteimitgliedern unterschriebene Programm formuliert die Grundsätze der Partei in sechs Punkten dahin: 1) Ausbau der deutschen Einheit auf dem Boden der Reichsverfassung unter Wahrung der berechtigten Selbständigkeit der einzelnen Staaten; 2) Stetigkeit der Entwicklung des öffentlichen und privaten Rechts durch Festhalten an den geschichtlichen Grundlagen; 3) Stärkung der Regierungsgewalt auf monarchischer Grundlage, Beteiligung der Nation an der Gesetzgebung und Selbstverwaltung der kommunalen Verbände nicht auf Grund des allgemeinen Wahlrechts, sondern auf Grund der organischen Gliederungen des Volks; 4) Forderung der christlich-konfessionellen Volksschule, Verurteilung des "Kulturkampfs" und Regelung der kirchlich-polit. Verhältnisse durch Gesetz, aber ohne Gewissenszwang und ohne Übergriffe auf das Gebiet des innern kirchlichen Lebens; 5) Bekämpfung der Begünstigungen des Großkapitals, gerechte Würdigung der landwirtschaftlichen und kleingewerblichen Verhältnisse, insbesondere Revision des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz und der Gewerbeordnung; 6) Bekämpfung der Socialdemokratie durch gesetzlichen Schutz der redlichen Arbeit gegen Ausbeutung auf dem Wege einer wirksamen Fabrikgesetzgebung. Im Reichstage zählte die D. P. unmittelbar nach ihrer Konstituierung 40 Mitglieder; 1884 stieg sie auf 76, 1887 auf 80 Mitglieder, sank 1890 auf 71 und 1893 einschließlich der Hospitanten auf 68 Mitglieder, welche Zahl sich bis März 1894 durch Austritte auf 63 verminderte. Die Mitgliederzahlen im preuß. Abgeordnetenhause waren 1882: 130, 1885: 136, 1888: 130, 1893: 142. Die Gegensätze zwischen einem rechten und linken Flügel der Partei, die zum Teil auf die ursprüngliche Zusammensetzung derselben zurückgehen, führten, nachdem der namentlich von der Kreuzzeitung vertretene rechte Flügel die Oberhand gewonnen hatte, auf dem sog. Tivoliparteitag zu Berlin 8. Dez. 1892 zu einer Revision des Parteiprogramms und Aufnahme einer antisemit. Erklärung in dasselbe.

Deutsch-Kralup, czech. Kralupy Německé, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Komotau in Böhmen, an der Linie Karlsbad-Komotau der Buschtiehrader Eisenbahn, hat (1890) 1064 deutsche E., Post, Telegraph. D. war einst das sog. Landesthor, bei dem der Grenzzoll erhoben wurde. Hier stand die im 16. Jahrh. erbaute Burg der Hassenstein von Lobkowic.

Deutsch-Krawarn, Dorf im Kreis Ratibor des preuß. Reg.-Bez. Oppeln, an der Oppa, nahe der österr. Grenze, hat (1890) 3404 mährische kath. E., Post, Telegraph, Brennerei, Brauerei, Käsefabrik. Dabei Rittergut (262 E.) mit Schloß und Park.

Deutsch-Krone. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Marienwerder, hat 2156,84 qkm, (1890) 65707 E., 5 Städte, 98 Landgemeinden und 57 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im Kreis D., zwischen dem Schloß- und Stadt- oder Großen Radunsee, die sich in die Küddow entleeren, an der Nebenlinie Schneidemühl-Callies der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamts, eines Amtsgerichts (Landgericht Schneidemühl), Hauptsteuer- und Katasteramts, hat (1890) 6964 (3447 männl., 3517 weibl.) E., darunter 3044 Katholiken und 492 Israeliten, Post erster Klasse, Telegraph, eine Brücke über den Radunsee, ein königl. kath. Gymnasium, 1672 von den Jesuiten gegründet, kath. Präparandenanstalt, höhere Mädchen-, Baugewerkenschule, 2 Krankenhäuser, Schlachthaus; Zweikaiserdenkmal (Wilhelm I. und Friedrich III., seit 1893); Eisengießerei, Dampfmolkerei, Brauerei, Dampfschneidemühlen, Bienenzucht und Landwirtschaft. In den nahen Waldungen eine der stärksten Eichen Deutschlands (3 m Durchmesser). - D. wurde 1303 von dem Markgrafen von Brandenburg angelegt.

Deutschland und Deutsches Reich, an Flächeninhalt der viertgrößte und an Einwohnerzahl der zweitgrößte Staat Europas, an Dichtigkeit der Bevölkerung aber Belgien, den Niederlanden, Großbritannien und Italien nachstehend.

Lage, Grenzen und Größe. Das Deutsche Reich besteht seit 1871 in seiner jetzigen polit. Gestaltung und Ausnahme von Österreich, Luxemburg und Liechtenstein, dafür aber mit Einschluß von Ost- und Westpreußen, Posen, Schleswig und Elsaß-Lothringen.

Der nördlichste Punkt des Deutschen Reichs liegt bei dem Dorfe Nimmersatt unter 55° 54' nördl. Br. an der Ostsee und der russ. Grenze. Die Nordgrenze ist mit Ausnahme eines kleinen Teils auf der Halbinsel Jütland, wo Deutschland an Dänemark grenzt, Meeresgrenze; sie zieht zuerst südwestwärts gegen Danzig und zur Putziger Wiek, dann an den Gestaden der Ostsee, die Insel Rügen einschließend, westlich bis zur Neustädter Bucht, wo sie, die Insel Fehmarn in ihr Bereich ziehend, nach N. sich wendet, um nördlich von Hadersleben in die Landgrenze zwischen Deutschland und Dänemark überzugehen. Sie erreicht auf dieser Strecke 55° 27' nördl. Br. und wendet sich dann wieder als Meeresgrenze über die nordfries. Inseln südwärts bis zur Mündung der Elbe. Hier setzt sie die durch die Halbinsel Jütland unterbrochene Westrichtung wieder fort bis zur westlichsten Insel (Borkum), wo sie dann südlich die Emsmündung aufwärts zieht, bis sie die niederländ. Grenze erreicht. Von nun an hat Deutschland nur mehr Landgrenzen und zwar grenzt es im W. an die Niederlande, wo es bei dem Dorfe Isenbruch unter 5° 52' den westlichsten Punkt erreicht, an Belgien, Luxemburg und an Frankreich. Die Südgrenze, die es von der Schweiz, Vorarlberg, Tirol und dem salzburgischen Gebiete trennt, fällt anfangs mit dem Rhein zusammen, durchzieht dann den Bodensee, verläuft aber, sobald sie die Alpen betritt, ziemlich unregelmäßig, indem sie bald den Thälern, bald dem Kamme folgt; ihren südlichsten Punkt erreicht sie in den Allgäuer Alpen, am Ursprung der Stillach unter dem 47° 16'. Die Ostgrenze, welche Deutschland von Österreich-Böhmen und Rußland scheidet, erreicht ihren östlichsten Punkt unter 22° 53' östl. L. von Greenwich bei dem Dorfe Schilleningken bei Schirwindt. Die Entfernung vom westlichsten zum östlichsten Punkte beträgt 1240 km, die vom südlichsten zum nördlichsten 1200 km, der Umfang der gesamten deutschen Grenze 7675 km, wovon 5205 km Landgrenzen sind, während 2470 km auf die Küsten entfallen, sodaß sich die Land- und Wassergrenzen wie 2 : 1 verhalten.

Das Reich bedeckt nach den neuesten Feststellungen (1892) eine Fläche von 540504,4 qkm mit Ausschluß der Meeresteile (Haffe, Bodden u. dgl.). Über Verteilung des Flächenraums auf die einzelnen Bundesstaaten s. die Tabelle S. 120.