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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dialektik - Dialog
zu einer Familie zusammenfaßt, lassen sich Deutsch,
Englisch, Dänisch u. s. w. auch als Mundarten der-
selben bezeichnen; und es ist z. B. ganz einerlei, od
man die slaw. Sprachen so nennt oder als Mund-
arten bezeichnet. Das letztere kann man sehr wohl,
da sie sich sprachlich näher stehen als z. B. Platt- ^
deutsch und Hochdeutsch, sodaß man diese beiden
auch verschiedene Sprachen nennen könnte. Es läßt !
sich somit eine genaue Definition von D. oder Mund-
arl nicht geben, man wird nur im allgemeinen sagen
tonnen, D. seien die Sprachversckiedenheiten eines
sich als einheitlich fühlenden und so betrachteten
Volks, .hat ein solches Volk eine allgemein an-
genommene Schriftsprache ausgebildet, die ge- i
wohnlich so entsteht, daß ein einzelner D. von allen
Schreibenden angewendet und von den Gebildeten ^
auch gesprochen wird, so gelangen die übrigen D. z
entweder gar nicht zu einer Litteratur, oder wenn !
eine solche vorhanden war, wird sie aufgegeben. Wo
eine Schriftsprache herrscht, verliert die Sprache des !
gemeinen Mannes leicht die Fähigkeit zu höherm
und feinerm Gedankenausdruck, und man empfindet
sie in einem gewissen Gegensatz zur Schriftsprache
als etwas weniger Edles'. Die D. erscheinen als >
Patois (s. d.), und man versteht deswegen auch in ,
der gewohnlichen Rede unter D. zuweilen nur die
lokale Abweichung von der Schriftsprache. Es ist !
aber ein Vorurteil, daß der D. an sich etwas ^
Gemeineres als die Schriftsprache und aus dieser !
nur verderbt sei. Diese Auffassung hat die neuere
Sprachwissenschaft beseitigt; jede Mundart ist viel-
mehr nach bestimmten erkennbaren Gesetzen aus
einem ältern Zustande der Sprache heraus ent-
wickelt und bildet ein notwendiges Glied zur Er- !
tenntnis der Gesamtsprache eines Volks, weshalb in
der neuern histor. Grammatik die Dialektologie
<Dialektkunde) eine besondere Rolle spielt. Die Aus-
drücke D. und Mundart unterscheidet man bisweilen
so, daß man unter Mundarten Sprachverschieden- >
heiten einer Gesamtsprache versteht, die nicht littera- ,
risch verwendet werden, unter D. die schriftmähig
früher oder gelegentlich noch verwendeten; die Unter-
scheidung ist aber willkürlich, da es kaum eine Mund-
art giebt, in der nicht gelegentlich auch geschrieben
worden wäre. (S. Deutsche Mundarten.)
Dialektik lgrck.), ursprünglich die Kunst der
Unterredung, wie sie von Sokrates und seinen Schü-
lern geübt und zu einem regelrechten wissenschaft-
lichen Verfahren gemeinschaftlicher Prüfung der Be-
griffe und Verständigung über dieselben ausgebildet
wurde; daher (seit Plato) das methodische Verfahren
mit Begriffen überhaupt, um deren wechselseitige
Beziehungen klarzustellen. Somit deckt sich bei Plato
D. ungefähr mit Logik (s. d.), nur daß sie nicht, wie
diese, bloß Regelndes Verfahrens mit Begriffen auf-
stellt, sondern das Verfahren selbst (das zur Ideen-
lehre führt) bedeutet. Weil aber die SokratisckcUntcr-
redungskunst bei den Nachfolgern vielfach zum bloßen
Spiel, zu einer Fertigkeit, den andern durch Ge-
brauch scheinbar logischer Formen zu sachlich un-
möglichen Folgerungen zu führen, ausartete, er-
hielt D. in der Folgezeit fast den Sinn von So-
phistik (f. Sophisten). Bei Aristoteles nimmt sie
eine Mittelstellung ein zwischen dieser und dem
wissenschaftlichen Verfahren, sofern sie auf Wahr- '
heit zwar ausgeht und logischer Formen sich be-
dient, aber nicht wie der strenge Beweis nur auf!
bewiesene oder an sich gewisse Voraussetzungen, ^
sondern auf gemeinhin angenommene Meinungen >
sich stützt und es daher höchstens zu wahrscheinlichen
Schlüssen bringt. Bei Kant heißt transcenden-
tale D. der Teil der Vernunftkritik, der die Verwick-
lungen entwirren soll, in die das menschliche Denken
gerat, wenn es, ohne das sichere Bewußtsein der
Grenzen, die unserer Erkenntnis gestellt sind, über
das Weltganze zu spekulieren sich unterfängt. Bei
Kants Nachfolgern, namentlich bei Hegel, heißt D.
oder dialettische Methode das spekulative Verfahren,
das durch Satz, Gegensatz und Überwindung des
Gegensatzes zu höhern und höhern Begriffen fort-
schreitet. Allgemeiner nennt man auch wohl so ein
jedes Unternehmen, aus einem bloßen Begriffs-
system die ganze Wirklichkeit der Dinge zu dedu-
zieren, wie es die Absicht der Hegelschen D. war.
Dialektologie lgrch.), Mundartenkunde, Mund-
artenforschung, s. Dialekt.
Dialemma (grch.), Unterbrechung, besonders
bei Wechselfiebern die sieberfreie Zwischenzeit.
Diallag, ein braunes, graues oder schmutzig-
grünes, in zuweilen mehrereZoll großen, dicktafeligen
Individuen ausgebildetes Mineral, das zur Gruppe
des Pyrorcns ss. d.) gehört und, obschon es mit dem
eigentlichen Augit isomorph (monoklin) ist, sich doch
dadurch unterscheidet, daß es prismatisch nur unvoll-
kommen, sebr aufgezeichnet aber nach dem Ortho-
pinakoid spaltet, welcher Fläche zugleich eine schalige
Zusammensetzung entspricht. Die vollkommenste
Spaltungsfläche ist meist vertikal gestreift oder ge-
fasert, dabei metallartig, oft schillernd, perlmutter-
glänzend. Mancher D. enthält zahllose mikroskopische
dunkelbraune Krystall-Lamellen und -Nüdelchen in
seiner Masse eingelagert. Wie der Augit hat der D.
die Fähigkeit, sich in faserige Aggregate grüner Horn-
blende anzusetzen. Die chem.Zusammensetzung stimmt
bis auf einen fast konstanten kleinen Wassergehalt
wesentlich mit der des Augits überein, auch das Ver-
halten vor dem Lötrohr und gegen Säuren ist das-
selbe. Der D. bildet einen wesentlichen Gemengteil
des Gabbros (s. d.) und verwandter Gesteine.
Diallaggranulit, s. Granulit.
Diallele (grch.), s. Zirkelschluß.
Dialog (grcb., "Zwiegespräch", "Unterredung"),
die mündliche Unterredung zwischen mchrern Per-
sonen, sodann auch ein litterar. Werk in Gesprächs-
form; dialogisieren, etwas in Gesprächsform
einkleiden. Der litterarische D. paßt besonders zur
Entwicklung von Begriffen und zur Beleuchtung be-
stimntter Probleme. Frage und Antwort müssen sich,
vom Schriftsteller scheinbar unbeeinflußt, äußerlich
und innerlich die Wage halten. Die Philosophen
der Alten, besonders der Griechen, bedienten sich
dieser Darstellung gern zur Mitteilung wissenschaft-
licher Untersuchungen. Der sog. ^>okratische D.
ist ein in Fragen und Antworten dergestalt einge-
kleidetes Gespräch, daß der Befragte durch die Fra-
gen bestimmt wird, die Vorstellungen selbst zu ent-
wickeln, die der Frager in ihm hervorbringen will,
und die philosophischen D. des Plato sind gleichsam
pbilos. Dramen, die diese Untersuchungsweise auf
Gegenstände der Metaphysik anwenden. Von den
Neuern gebrauckten diese Form unter den Deutschen
Erasmus von Rotterdam, Hütten, Hans Sachs,
später Lessing, M. Mendelssohn, Engel, Herder,
Klinger, A. G. Meißner, Iacobi, Schellmg, Solger,
M. Meyr; im tomischen und satirischen D. folgte
Wieland mit Glück dem Muster Lucians. Unter den
Italienern haben sich Petrarca, Machiavelli, Gelli,
Algarotti und G. Gozzi ausgezeichnet, bei denFran-