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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Diamant (Edelstein)
Stein bei verschiedenen Banken verpfändete und
schließlich denselben als Deckung für die aufgelaufe-
nen Zinsen abtreten mußte. Bei kleinen Steinen
sind namentlich die Schliffkosten zu berücksichtigen,
die nahezu die Hälfte des Verkaufspreises der kleinen
Ware ausmachen.
Der letzte, aber wichtigste Umstand für die Be-
wertung des Rohmaterials ist die unvermeidliche
Gewichtsverminderung, die durch das Schleifen er-
zeugt wird und die durchfchnittlich 40 Proz., oft
sogar bis 50 Proz. beträgt. Jeder Brillant setzt
also ein doppelt schweres Rohmaterial voraus, und
der Preis pro Karat des letztern kann daher, um
Schliffkosten, Spesen, Zinsen, Kommissionsgebühren
decken zu können, höchstens ein Viertel von dem der
geschliffenen Ware betragen.
Der GroßhandelmitD. hat gegenwärtig seinen
hauptsitz in London. Von den Firmen, die durch
den Kauf großer Solitärs vom Kap bekannt wur-
den, sind Joseph Mosenthal & Co. sowie Hunt &
Roskell zu erwähnen. Auch Deutschland pflegt in-
tensiven Geschäftsverkehr mit dem Kap, und zahl-
reiche deutsche Firmen, z. B. Lilienthal & Brüder
in Hopetown, haben dort für deutfche Rechnun-
gen gehandelt. Die Firma Lippert in Hamburg
ist namentlich in diesem Artikel engagiert. Das
auf den Auktionen feilgebotene Rohmaterial wurde
in frühern Jahren zunächst von den Kommis-
sionären (Edelsteinhändlern) angekauft, die das-
selbe schleifen ließen. Heute ist der Geschäftsgang
meist der entgegengesetzte. Durch das Aufblühen
ihres Geschäftszweiges sind die Amsterdamer Fak-
toreien selbst kapitalkräftig geworden und baben,
um sich den größtmöglichen Verdienst und Gewinn
zu sichern, die passive Rolle im Diamanthandel auf-
gegeben. Sie erstehen das unsortierte Material in
versiegelten Partien, verschleifen dasfelbe uno geben
die fertige brillantierte Ware ebenfo, Partienweife,
unsortiert, an die Edelsteinhändler zu einem Limito-
preis. Erst der Kommissionär sortiert die Ware
nach dem Wasser, nach dem Gewicht, trennt die
kleine Ware von den Karatsteinen, den schwer
verkäuflichen Ausschuß von der feinen Ware und
bestimmt nun im Vergleiche mit dem Limito-
preife der Partie den Karatpreis für die verfchie-
denen Qualitäten der in der Partie enthaltenen
Steine. Mit diesen Preisen geht die Ware in den
Detailhandel über.
In den Zeiten der Renaissance faßte man den D.
in Gold und gab ihm, um sein Heuer zu erhöhen,
eine schwarze Folie. Heute faßt man ihn meist in
Silber und ü. ^our, denn der D. hat für sich ganz
allein die reinste und schönste Wirkung, das Gold der
Fassung aber giebt ihm einen leichten gelben Schein,
wie wenig derselbe auch sich bemerkbar macht.
Zu Imitationen des D. (allgemeines über
Edelstein-Imitationen s.d.) sind verwendbar alle sehr
harten, farblosen Mineralien. Aber fast nie werden
farblofe Saphire, Spinelle, Zirlone, Phenakite un-
ter fremden Namen gefaßt, weil diese Steine auch
unter ihrer wahren Benennung Wert besitzen. Häufig
werden dagegen die fast wertlosen Topase und
Quarze zu billigen Schmuckwaren verwendet. Die
letztgenannten Imitationen besitzen aber selbst bei
günstigem Brillantschliff nicht den lebhaften Glanz
und das feurige Farbenfpiel des D. In diefen
beiden Eigenfchaften erreichen den D. nur der farb-
lofe Zirkon und Phenakit, die aber nur sehr felten
in der Natur vorkommen, über die aus Glas her-
gestelltenImitationen f. Similidiamanten. übrigens
unterscheidet die Doppelbrechung die genannten vier
Juwelen leicht vom D., der die durchgehenden
Strahlen nur einfach bricht, abgesehen von der
obenerwähnten anomalen Doppelbrechung. Von
Diamant-Imitationen ist erwähnenswert der dem
Marquis Dupoisat gehörende D., der, von Hühnerei-
größe, 1858 die Welt in Staunen versetzte, bis er
endlich durch Bestimmung feiner Doppelbrechung
als Topas erkannt wurde. Ebenso soll auch der
nahezu faustgroße, 1680 Karat fchwere, "Braganza"
genannte Stein im portug. Schatze kein D., son-
dern Topas sein.
Betreffs der Entstehung des D. hat man teils
angenommen, daß er durch die Sublimation des in
der Erde enthaltenen Kohlenstoffs (Leonhard), oder
Chlorkohlenstoffs (Favre und Deville), oder Kohlen-
wasserstoffs (Chancourtois) entstehe, teils die ent-
gegengesetzte Meinung (Newton, Brewster,Iameson,
Petzholdt, Wöhler) geäußert, nämlich, daß der D.
vegetabilischen Ursprungs sei. Die Bildung des D.
aus präexistierenden Kohlenstoffverbindungen, die
zu Kohlenstoff reduziert worden sind, haben Göbcl,
Himmler, Liebig angenommen. Schrauf hat eine
Umwandlung von Harzen ins Auge gefaßt. Unter
den zahlreichen Verfuchen zur künstlichen Her-
stellung von D. hatten erst 1879 angestellte einen
gewissen Erfolg, und zwar auf die Reduktion von
Kohlehydraten gegründete. Die Methode, die I. V.
Hannay in Glasgow anwendete und 26. Febr.
1880 der No^ai 8oei6t^ in London mitteilte, ist
sehr kostspielig und schwierig. Sie beruht im wesent-
lichen auf der Reduktion von Kohlehydrate ent-
haltenden Verbindungen durch in der Glühhitze ver-
brennende, d. h. sich oxydierende Metalle. Der frei-
werdende Kohlenstoff vermag dann unter günstigen
Umständen zu krystallisieren. Die Reaktionen ver-
langen fomit hohe Temperatur und hermetischen
Abschluß der äußern Luft als Vorbedingungen für
das Eintreten der Reduktion. Hannay gab Tieröl
und etwas Parafsinfpiritus nebst einigen Gramm der
Metalle Magnesium, Kalium, Natrium oder Lithium
in 40 cin lange sehr dickwandige Gußeisenrohre, die
nach dem Füllendurch Zuschwei'ßen des offenen Endes
luftdicht verschlossen wurden. Solche Rohre wurden
dann im Reverberierofen 14 Stunden lang zur dun-
keln Rotglut erhitzt. Aber von 80 auf diefe Weife
beschickten Rohren hielten nur die wenigsten den
enormen Druck der Dämpfe aus, die sich aus den ein-
geschlossenen Flüssigkeiten in der Hitze bilden. Stahl-
rohre explodierten, Schmiedeeiseurohre zerrissen, und
nur ein Rohr, und zwar jenes, das mit Lithium-
metall beschickt war, ergab ein vollkommen günstiges
Resultat. Im obern Teile des Rohres ^and man
eine schwarze, glatte Masse von Kohle enthc"^-^"^.
Eisen, die einige kleine, durchsichtige, s
Krystalle umschloß. Hannay hat diese analysiert uno
sie als D. erkannt. Alle frühern Verfuche, auch jene
von Silliman, Cagniard Latour, Despretz, mittels
des elektrischen Funkens die Kohlenelektroden in D.
zu verwandeln, sind mißglückt. Nur die jahrelang
fortgefetzten Verfuche von Hannay haben zum ersten-
mal künstliche D. geliefert. Doch verbürgt auch
diese Methode nicht immer ein sicheres Resultat;
sie ist auch viel zu gefahrvoll, um im großen ange-
wendet werden zu können. Von besonderm Interesse
für die Aussicht auf künstliche Darstellung des D.
war die 1891 gemachte Entdeckung eines ^ uim
großen klaren D., der sich nebst mehrern schwarzen