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Doktorpromotion - Dolabella
der vorgeschriebenen Studien und Prüfungen rite
pt-omoti. Diese Unsitte riß ein, weil die den D.
verliehenen Privilegien (gesellschaftliche Ehrenrechte,
bevorzugter Gerichtsstand u. s. w.) den ursprüng-
lich nur zum Zwecke des Lehramtes geschaffenen Titel
in eine Art Adelstitel verwandelt hatten. (S. Uni-
versitäten.) In neuerer Zeit ist der D. in Deutfch-
land als akademischer Grad für alle Fakultäten ge-
bräuchlich geworden und neben dem Licentiaten der
Theologie der einzige akademische Grad von Be-
deutung. Der Magistertitel gilt da, wo er noch
verliehen wird als eine Vorstufe des D. Für die
Habilitation als Docent an einer Universität ist
der Doktortitel Vorbedingung, ebenso für einige
andere gelehrte Verufsarten, Bibliothekare, Archi-
vare u. s. w. mehr oder weniger notwendig oder
erwünscht. Bei der Verleihung haben sich oft
tauch in neuerer Zeit) Mißbräuche eingeschlichen;
sie wurde bisweilen mehr als Einnahmequelle der
Professoren behandelt, doch ist dagegen gerade
aus Universitätslrciscn heraus Abhilfe gefordert
und im wesentlichen auch herbeigeführt worden.
Die Doktorpromotion, d. h. die Erhebung zum
D., erfolgt durch den Dekan der betreffenden Fakul-
tät entweder nach vorher bestandener Prüfung (exa-
inen riForoLum) und nach Einreichung einer über
einen gelehrten Gegenstand geschriebenen Disser-
tation, welche auf einigen Universitäten noch
öffentlich verteidigt werden muß, oder auch ehren-
halber (nonoris cau89.) bloß per dipioma (durch
Diplom). Als Abkürzung für die Bezeichnung des
Titels ist v. und Dr. gebräuchlich.-Vgl. M. Vaum-
gart, Grundsätze und Bedingungen zur Erlangung
der Doktorwürde bei allen Fakultäten der Universi-
täten des Deutschen Neichs, nebst einem Anhang,
enthaltend die Promotionsordnungen der übrigen
Universitäten mit deutfcherUnterrichtssprache Basel,
Bern, Zürich, Dorpat, Czernowitz, Graz, Innsbruck,
Prag und Wien (4. Aufl., Verl. 1892).
D. ist auch ein Ehrentitel der Kirchenväter
(Voct0i'68 ecciLäiae). Voct0i'68 ^emariei heißen
die jüd. Gelehrten, welche in der Gemara, Vootoi-LL
uiiLcdniaci diejenigen, welche in der Mischna cr-
wähnt werden; beide werden auch voetöres tkkl-
muäiäci genannt. - Vgl. G. Kaufmann, Gefchichte
der deutschen Universitäten, Bd. 1 (Stuttg. 1888).
Doktorpromotion, s. Doktor.
Doktrin (lat.), Lehre, Wissenschaft, auch Lehrfach.
Doktrinär, sich an eine Doktrin klammernd,
lehrhaft, für pedantisch-schulmeisterliches, die ge-
gebenen Verhältnisse nicht berücksichtigendes, un-
praktisches Verfahren gebraucht. In Frankreich
wurden während der Restauration Doktrinärs
die Mitglieder einer Fraktion der parlamentarischen
Opposition genannt, die gegen die Politik der Will-
kür eine wissenschaftliche Staatslehre geltend machen
wollten. Diese Fraktion war aus den Salons des
Herzogs von Vroglie hervorgegangen, hatte in der
Kammer Noyer-Collard zum Haupte und wurde in
der Presse und den Vereinen durch Guizot vertreten.
Ihre Hauptorgane waren "1^6 (^lode", "1.6 <üou-
8tituticmii6i" u. a. Die Ausbildung des konstitu-
tionellen Systems auf Grund der Charte Lud-
wigs XVIII. war das Losungswort dieser Männer.
Doktrinarismus, doktrinäres Wesen, Thun.
Dokumönt (lat.), im weitern Sinne jeder Gegen-
stand, welcher dazu dient, die Wahrheit einer zu er-
weisenden Thatsache, besonders einer für ein Rechts-
verhältnis erheblichen Thatsache, zu bestätigen. Im
engern Sinne versteht man darunter Urkunden oder
Schriftstücke, im Gegensatz zu andern körperlichen
Beweisstücken, wie Grenzsteinen, Wappen, beschädig-
ten Sachen. Dooninkuta. communia (gemeinschaft-
liche Urkunden) sind Urkunden, die für das unter
den Parteien bestehende Ncchtsverhältnis errichtet
sind, sich auf dies Nechtsverhä'ltnis beziehen, sodaß
die eine Partei von der andern die Vorlegung solcher
in ihrem Besitz befindlichen Urkunden fordern kann.
(Vgl. Kohler im "Archiv für die civilistische Praxis'^
Bd. 79, S. 22 fg.) - Ilocuinoutg. FUHi-enti^iHtk
nannte man früher Urkunden, aus denen im Erc-
kutivprozeß (s. d.) namentlich wegen Geldschulden
geklagt werden konnte. Sie muhten enthalten den
Grund der Forderung, deren Betrag, die eingetretene
Zahlungszeit, die Person des Gläubigers und des
Schuldners. (S. auch Urkunde und Urkundenbeweis.)
Dokumentenschrift, s. Kanzleischrift.
Dol(D.deVretagne),Hauptstadtd'cs Kantons
D. (137,19 cikm, 8 Gemeinden, 16 881 E.) im Arron-
dissement St. Malo des franz. Depart. Ille-ct-Vi-
laine, 24 km südöstlich von St. Malo, an dem in
die Bai von Mont-St. Michel mündenden Couesnon
und an den Linien Avranches-Lamballe und St.
Malo-Nennes der Franz. Westbahn, hat (1891)
3753, als Gemeinde 4814 E., Post, Telegraph, eine
schöne Kathedrale aus dem 13. und 14. Jahrh.,
Ruinen einer Abtei, ein Collöge, Austernkultur,
Leinwand- und Konservenfabrikation, Tabaksbau,
Branntweinbrennerei und Handel mit Getreide und
Vieh. Ein im 12. Jahrh, angelegter, 36 km langer
Damm fchützt gegen die Einbrüche des Meers den
15 000ii3. mit 23 Gemeinden einnehmenden Ma-
rais de D., aus welchem nur im N. von D. der
65 m hohe Granithügcl Mont-Tol und ein 12 in
hoher Dolmen (lüliainp downt) hervorragt.
Vol., mufik. Abkürzung, s. voieuäo.
Dola, Mehrzahl Doli, kleinstes russ. Gewicht,
'/yg desSolotnik, oder ^'9216 des Pfundes-^ 0,044435 3
(etwas weniger als ^y ^).
Dolabella, Beiname eines Zweigs des patri-
cischen cornelischen Geschlechts. Bekannt sind be-
sonders: Publius Cornelius D.,der283v.Chr.
als Konsul die kelt. Senonen in Oberitalien völlig
vernichtete. Gajus D., der Gemahl von Ciceros
Tochter Tullia, befehligte als Parteigänger Cäsars
im Bürgerkriege 49 v. Chr. eine Flotte im Avria-
tischen Meere, verlor aber den größten Teil seiner
Schiffe und muhte fliehen. 48 v. Chr. ließ er sich
von einem Plebejer adoptieren, um Volkstribun
werden zu können. Als folchcr nahm er 47 die Ge-
setzesvovschläge des Prätors Cälius über Zinsen-
und Schuldencrlaß wieder auf, was zu ernstlichen
Unruhen führte. Er begleitete Cäsar in den Krieg
nach Afrika und Spanien. Nach der Ermordung
Cäsars trat er anfangs auf die Seite der Ver-
fchworenen, lieh sich dann aber von Antonius durch
das Versprechen gewinnen, daß D. gemein mit ihm
das Konsulat bekleiden und sich die Statthalterschaft
von Syrien, die Cassius zugeteilt war, vom Volke
übertragen lassen sollte. Ende des Jahres ging er
nach Asien ab, überrumpelte zunächst in Smyrna.
den vom ^enat gesandten Statthalter der Provinz,
Gajus Trebonius, und tötete ihn, weil er Partei-
gänger des Cassius war, worauf er vom Senat für
einen Feind des Staates erllärt wurde. In Syrien
konnte D. jedoch gegen Cafsius nichts ausrichten und
gab sich, von diesem in Laodicea eingeschlossen, im.
Juni 43 v. Chr. selbst den Tod.