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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Donau
zwei Drittel ihres Laufs der Schiffahrt darbieten,
als auch darin, daß sich die D. in ein Binnenmeer
ergießt, dessen enger Zugang jeden Augenblick ver-
schlossen werden kann, und das durch weite Zwischen-
räume von den Weltmeeren geschieden ist. Dazu
kommt noch, daß gerade der schissbare untere Teil
während des ganzen Mittelalters und der Neuzeit
sich in den Händen nur halb civilisierter Völker be-
fand. Erst in neuer Zeit hat der Verkehr auch trotz
der Konkurrenz der Eisenbahnen einen hohen Auf-
schwung genommen.
DieSchiffbarkeit beginnt bei Ulm anderIller-
mündung für leichtere Ruderfchiffe. Die Schwierig-
keit der Bergfahrt hat hier seit 300 Iabren eine
eigentümliche Industrie entwickelt. Es werden näm-
lich dreierlei fiache Fahrzeuge (Hauptschiffe, Plätten
und Zillen) gebaut, mit Waren nach Wien und der
untern D. befrachtet und dort nach Abgabe der
Ladung als Brenn- oder Nutzholz verkauft. Es
gehen jährlich gegen 100 folcher Schiffe mit 60-
70000 Ctr. Ladung auf diefe Weise stromabwärts.
Die Dampfschiffahrt beginnt erst bei Donauwörth,
nachdem die bayr. Regierung seit 1838 an8V-2 MM.
M. auf die Verbesserung des Fahrwassers, Anlage
von Häfen, die Entsumpfung weiter Strecken u. s. w.
verwandt hat. Von Donauwörth an verkehren
Dampfdoote von 25 bis 58, von Passau bis Wien
solche (Remorqueurs) von 80 bis 120 Pferdestärken,
die von Passau an je nach dem Wasserstande 4000
- 9000 Ctr. befördern. Von Gönyö an führen
eichene Zugschiffe (Razinen) bis zu 8000 Ctr. thal-
und bcrgwärts, und neben ihnen verkehren Nemor-
queurs bis zu 400 Pferdestärken, welche 40000 Ctr.
und darüber in 8-10 Warenbooten stromab und
stromauf schleppen. Zwischen Gönyö und Bazias
konzentriert sich überdies durch den Zutritt der schiff-
baren Theiß, Dräu und Save ein weitverzweigtes,
der Thal- und Bergfahrt auf Tausende von Kilo-
metern zugängliches Netz von Wasserstraßen. Allein
unter Baziäs wird dieser merkantilen Entwicklung
wieder eine Schranke gesetzt durch das Eiserne Thor
(f. unten). Erst jenseit Orsova ist die Verkehrs be-
wegung um so reger, als hier <^ee- und Flußschiff-
fahrt zusammenfallen und die Ein- und Ausfuhr sich
beinahe ausschließlich auf dem Strome konzentriert.
Dampfboote von 150 bis 200 Pfcrdekräften, mit
Rudern undSegeln ausgerüstete Flachbootc(Czaiken)
von 1500 dis 8000 Ctr. Tragfähigkeit und hoch-
dordige Se^'chisfe verkehren hier, letztere meist bis
Braila und Galatz, aber auch noch weiter hinauf.
In Österreich-Ungarn, dem eigentlichen Donau-
staate, ist für die Verbesserung der Schiffahrtsstraße
Bedeutendes geschehen. Zunächst hat der früher be-
rüchtigte "Wirbel" unterhalb Grein feit den durch
Joseph II. bewirkten Sprengungen, namentlich aber
durch die 1845, 1853 und 1893 ausgeführten Arbei-
ten seine Gefährlichkeit ganz verloren. Für die Durch-
führung dieser Stromtorrektionen, mit Einschluß der
bei Wien im Donaukanal sowie unterhalb Preßburg
bis zur Einmündung der Naab oberhalb Gönyö
hergestellten Uferschutz-- und Dammbauten, hat die
österr. Negierung von 1818 bis 186113 550000 Fl.
verausgabt. Die Hauptaufgabe für die Regulie-
rung der D. innerhalb des österr. Gebietes lag aber
bei Wien vor und ist, nachdem sie schon wiederholt
ins Auge gefaßt worden war, seit 1869 zur that-
sächlichen Lösung gelangt und der Hauptsache nach
als vollendet zu betrachten. (S.Wien.) Die Regu-
lierung der D. innerhalb des Wiener Beckens hat
Brockhaus' Konversations-Lexilon. 14. Aufl.. V.
nicht nur ein örtlich beschränktes Interesse, sondern
äußert auch einen belebenden Einfluß auf den Han-
del im Gebiete des ganzen Stroms. Diese mit sehr
günstigem Erfolge durchgeführte Regulierung be-
steht in der Schaffung eines neuen, Wien bedeutend
näher liegenden, 285 m (mit dem Inundations-
gebiete 475 m) breiten und 3,2 m tiefen Bettes. Die
ganze regulierte Strecke vom Kahlenbergerdörfel
bis Fischamend ist 30 km lang, und diese Arbeiten
haben bis 1879 29,3 Mill. Fl. gekostet. Bedeu-
tender aber ist der Einfluß der Donauregulie-
rung bei Wien insofern, als die dabei gemachten
Erfahrungen verwertet werden sollen bei der
von der ungar. Regierung bereits in Angriff ge-
nommenen Regulierung der beiden andern ver-
besserungsbedürftigen Strecken, von Prehburg bis
Gönyö und am Eisernen Thor. Der Arbeitsplan
für dre letzte wichtigste Verbesserung wurde durch den
ungar. Vaurat Wallandt festgestellt; die Sprengun-
gen begannen Sept. 1890, die Arbeiten, für die
9 Mill. Fl. bewilligt wurden, sollen Ende 1895
vollendet sein. Nach dem Plane soll eine ununter-
brochene Fahrrinne von mindestens 60 m Breite und
2 w Sohlentiefe hergestellt werden, was teils durch
Vertiefung der Wasserrinne mittels Sprengung, teils
durch Hebung des Wasserspiegels mittels Dämmen
geschehen muh. Im ganzen betragen die zu sprengen-
den Felsmassen 388000 odm, die Aufschüttungen
1388000 cdm. Die Länge der Dämme (bei Greden
und Iucz) beträgt 10200 m, die der neu schiffbar ge-
machten Strecken 10490 m. Die größte Schwierig-
keit bietet das Eiserne Thor (s. d.) selbst, am Ostende
der Klissura (s. d.), durch das ein Kanal von 80 m
Breite und 2 m Tiefe gezogen wird.
In früherer Zeit war die D. innerhalb Deutsch-
lands noch stärker als der Rhein mit Zöllen be-
lastet. Erst der Teschener Friede von 1779 be-
stimmte für Österreich und Bayern gemeinsame Be-
nutzung der D., des Inns und der Salzach, und diese
Bestimmungen wurden zwischen beiden Staaten im
Vertrage vom 14. April 1816 erneuert. Sodann
erfolgte zwifchen Osterreich und Bayern die Ab-
schließung der Verträge vom 2. Dez. 1851, welche
nach dem Grundsatze der Gegenseitigkeit den Ver-
kehr auf den Wasserstraßen der beiden Staaten
wesentlich erleichterten, aber das Privilegium der
österr. Donauschiffahrtsgesellschaft gegen fremde
Konkurrenz bestehen ließ. Außerdem räumte 1854
die Türkei den Waren und Schiffen, die von der
obern, nichtösterreichifchen D. kamen, bei ihrer Fahrt
auf der untern dieselben Begünstigungen ein, welche
die österr. Güter und Schiffe genossen. Die Do-
naumündungen gehörten feit dem Frieden von Bu-
karest 1812 samt dem Donaudelta, obwohl dieses
vertragsmäßig neutrales Gebiet sein sollte, doch
faktisch zu Rußland, welches, wenn auch nicht ge-
flissentlich, wie man ihm vorwarf, die Versandung
der Mündungen förderte, indem es nichts zu deren
Beseitigung that und überdies eine drückende Über-
wachung der Schiffahrt eintreten ließ. Eine zwifchen
Österreich und Rutzland 10. Sept. 1840 geschlossene
Konvention, in welcher Abstellung der Schwierig-
keiten an der Sulinamündung festgesetzt war, än-
derte nichts, und es stand zu befürchten, daß die
Mündung des Zauptstroms von Ccntraleuropa sich
endlich dem Verkehr gänzlich verschließen würde.
Im Pariser Frieden vom 30. März 1856, Art. 16,
wurden die Donaumündungen unter den Schutz des
europ. Völkerrechts gestellt, indem man die D. in
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