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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Drouet (Louis) - Drouyn de l'Huys
seine Gefangennahme. Er empfing für seine Dienst-
leistung 30000 Frs., ward in den Konvent gewählt,
schloß sich den Jakobinern an und stimmte für den
Tod des Königs sowie für die radikalsten Maß-
regeln. Sept. 1793 erhielt er eine Sendung zur
Nordarmee. Hier geriet er in Gefangenschaft und
wurde nach dem Spielberg in Mähren abgeführt.
Um zu entfliehen, sprang er 6. Juli 1794 vom
Fenster seines Gefängnisses herab, brach aber ein
Bein und wurde zurückgebracht. Mit Camus, Beur-
nonville u. a. wechselte man ihn Nov. 1795 zu Basel
gegen die Herzogin von Angouleme aus, worauf er
als ehemaliges Konventsmitglied in den Rat der
Fünfhundert trat. In die Verschwörung des Babeuf
verwickelt, ward er 1796 gefangen gesetzt; doch fand
er Gelegenheit zu entfliehen und ging in die Schweiz.
Nach seiner Freisprechung vor Gericht kehrte er nach
Frankreich zurück, wo er 1799 als Unterpräfekt zu
St. Menehould angestellt wurde. Während der
Hundert Tage war er Mitglied der Deputierten-
kammer; nach der zweiten Restauration wurde er
1816 als sog. Königsmörder aus Frankreich ver-
bannt, lebte zunächst in Deutschland, später jedoch
bis zu seinem 11. April 1824 erfolgten Tode un-
erkannt in Macon unter dem Namen Merger.
Drouet (fpr. drüeh), Louis, franz. Flötist, geb.
1792 in Amsterdam, wurde auf dem Parifer Kon-
servatorium gebildet, wirkte als Flötist an den
Napoleonischen Höfen in Amsterdam und Paris,
ging später nach London, wo er mit seinem Spiel
mehr Glück hatte als mit einer daselbst errichteten
Flötenfabrik. Nach vielen Kunstreisen kam D. 1836
als Hofkapellmeister nach Coburg und starb in Bern
30. Sept. 1873. Seine Flötenkompositionen sind
zahlreich und gehaltvoll. Er gilt als Komponist des
franz.-napoleonischen Volksliedes "?Hrta,iit pour 1a
3^ri6", das ihm die Königin Hortense angeblich in
die Feder diktiert hat.
Drouet d'Grlon (spr. drüeh derlöng), Jean
Baptiste, Graf, franz. Marschall, geb. 29. Juli 1765
zu Reims, diente zuerst in der königl. Armee, wurde
1787 verabschiedet und trat 1792 in ein Freiwilligen-
bataillon ein. Nachdem er die Feldzüge 1793-96
mitgemacht hatte, 1799 zum Vrigadegeneral und
1803 zum Divisionsgencral ernannt war, zeichnete
er sich als Chef des Generalstabs des Generals
Lannes 1807 bei Friedland aus, kommandierte 1810
das 9. Korps in Portugal und focht dann unter
Masse'na in Spanien und 1814 unter Soult bei
Toulouse. Ludwig XVIII. machte ihn zum Befehls-
haber der 16. Militärdivision: März 1815 ging er
mit allen Offizieren seiner Division zu Napoleon
über und wurde von diesem zum Pair von Frank-
reich und Befehlshaber des 1. Korps ernannt. Als
solcher kämpfte er bei Quatrc-Vras und Velle-Al-
liance, floh dann geächtet und zum Tode verurteilt
nach Deutschland, kehrte infolge der Amnestie vom
28. Mai 1825 nach Frankreich'zurück, erhielt 1830
den Befehl der 12. Militärdivision und wurde, nach-
dem er von Sept. 1834 bis Aug. 1835 Gencral-
gouverneur in Algerien gewesen, im Mai 1843
Marschall und starb 25. Jan. 1844 zu Paris.
Drouotsches Pflaster (spr. drüohsches), s.
Spanische Fliege. >^s. Wollspinnerei.
Droufsetwolf (von frz. ärouLLktw, spr. drußstt),
Drouyn de l'Huys (spr. drüäng de lüih),
Edouard, franz. Staatsmann, geb. 19. Nov. 1805
zu Paris, besuchte daselbst die Rechtsschule, war
1833 - 36 Gesandtschaftssekretär im Haag, so-
dann Geschäftsträger in Madrid, erhielt 1840 die
Direktion der Handelssachen im Ministerium des
Auswärtigen und wurde 1842 im Depart. Seine-et-
Marne in die Kammer gewählt, wo er als Gegner
der Guizotschen Politik auftrat, sodaß er sein Amt
aufgeben mußte. Nach der Februarrevolution 1848,
die er durch seine Teilnahme an der Reformbewegung
hatte vorbereiten helfen, in die Constituante, sodann
in die Legislative abgeordnet, stimmte er in beiden
Versammlungen mit der Rechten. Am 20. Dez. 1848
zum Minister des Auswärtigen im ersten Kabinett
Ludwig Napoleons ernannt, unterstützte D. die
Politik des Präsidenten gegen die Römische Re-
publik und für die Wiederherstellung der päpstl.
Herrschaft. Nachdem er 2. Juni 1849 sein Porte-
feuille an Tocqueville abgetreten hatte, ging er als
Gefandter nach London, kehrte aber bald wieder
zurück und übernahm in dem Übergangskabinett
vom 10. bis 24. Jan. 1851 abermals das Aus-
wärtige. In dieser Stellung half er den Staats-
streich vorbereiten, beteiligte sich nachher an der
Konsultativ-Kommission und erhielt dann die Se-
natorwürde. Hierauf trat er 28. Juli 1852 zum
drittenmal an die Spitze der auswärtigen Ange-
legenheiten. Der Ausbruch der orient. Wirren
gab ihm Gelegenheit zur Begründung des Bünd-
nisses zwischen Frankreich und England. Als be-
sonderer Gesandter erschien er auch neben dem
Baron Vourqueney April 1855 auf den Wiener
Konferenzen. Die Geneigtheit, die er hier, in Ver-
bindung mit Lord Russell, den Friedensvorschlägen
Österreichs bewies, fand jedoch nicht den Beifall
Napoleons III., und nach feiner Rückkehr sah er sich
genötigt, 3. Mai 1855 sein Portefeuille dem Gra-
fen Walewfki zu überlassen. D. zog sich auf sein
Landgut zurück und gab sogar 1856 als Senator
seine Entlassung. Zur Rechtfertigung seines Ver-
haltens in der Orientalischen Frage veröffentlichte er
die Schrift "Hi8toii-6 äipi0M3.ti(iu6 äs Ia ori86 orisn-
tg.16 etc." (Brüss. und Lpz. 1858). Mitte Okt. 1862
entschloß sich D. noch einmal, anstatt Thouvenels
das Ministerium des Auswärtigen zu überneh-
men. Im Mittelpunkt der Politik stand damals die
ital. Frage. D. war als Freund Österreichs und
Verehrer des Papstes bekannt, und man hielt daher
diesen Portefeuillewechsel den Einheitsbestrebungen
Italiens für sehr ungünstig; jedoch rechtfertigte der
neue Minister weder die Hoffnungen der einen noch
die Befürchtungen der andern. Er schloß 1863 den
Handelsvertrag zwischen Frankreich und Italien
und unterschrieb sogar die Übereinkunft vom 15. Sept.
1864, welche die Zurückberufung der franz. Truppen
aus Rom entschied. Die von England gewünschte
Unterstützung Dänemarks, 1864, in dem Konflikt mit
Deutschland lehnte er ab. Während des Deutschen
Krieges von 1866 erstrebte D. ein franz. Protek-
torat über das westl. und südl. Deutschland und
Abtretuug linksrheinischer Gebiete. Durch den franz.
Gesandten in Berlin, Venedetti, forderte er 6. Aug.
1866 von Bismarck die Grenzen von 1814, Nhein-
bayern und Rheinhessen, Auflösung des zwischen
dem Deutschen Bunde und Luxemburg bestehenden
Verhältnisses, Aufhebung des preuß. Garnisons-
rechts in der Festung Luxemburg und Abzug der
preuß. Garnison aus Mainz und stellte für den
Fall einer abschlägigen Antwort die Kriegserklärung
Frankreichs in sichere Aussicht. Als Bismarck alle
Forderungen zurückwies und Napoleon wegen un-
genügender Rüstungen keinen Krieg anzufangen