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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Dysphorie; Dysphrasie; Dysphrenie; Dyspnoe; Dysthymie; Dystokie; Dysurie; Dyticidae; Dyveke; Dzaisan; Dzialynski

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Dysphorie - Dzialynski

Dysphorie (grch.), Übelbefinden, insbesondere körperliches Unbehagen.

Dysphrasie (grch.), Sprachstörung infolge fehlerhafter Gedankenbildung.

Dysphrenie (grch.), Seelenstörung, Geisteskrankheit.

Dyspnoe (grch.), Schwer- oder Kurzatmigkeit, Atemnot, diejenige Abweichung des normalen Atmungsvorganges, bei welcher die Atembewegungen infolge von Sauerstoffmangel und Kohlensäureanhäufung im Blut häufiger, unter stärkerer Beteiligung der Atmungsmuskulatur des Rumpfes und des Halses sowie unter mehr oder minder starkem Beklemmungs- und Angstgefühl erfolgen. Der entgegengesetzte Zustand heißt Apnoe (s. d.). Die D. entsteht durch reflektorische Erregung des sog. Atmungscentrums im verlängerten Mark bei den meisten chronischen Herz- und Lungenkrankheiten, welche durch Verkleinerung der Atmungsfläche oder durch Cirkulationsstörungen innerhalb des kleinen Kreislaufs eine Überladung des Blutes mit Kohlensäure zur Folge haben, und unterscheidet sich vom Asthma, mit dem sie übrigens manche Ähnlichkeit hat, hauptsächlich dadurch, daß sie nicht, wie dieses, periodisch in längern oder kürzern Anfällen auftritt, sondern kontinuierlich andauert. (S. Asthma, Atmung, Engbrüstigkeit, Lunge.)

Dysthymie (grch.), Schwermütigkeit, krankhafte Gemütsverstimmung.

Dystokie (grch)., fehlerhafte, schwere Entbindung.

Dysurie (grch.), Harnstrenge, Harnzwang (Stranguria), der häufige und schmerzhafte Drang zum Urinieren, wobei die Ausleerung des Harns nur unter krampfhaftem Pressen und Schneiden in der Blasengegend, nur sparsam und tropfenweise vor sich geht und häufig auch mit brennenden Empfindungen in der Harnröhre verbunden ist. D. wird als ein sehr häufiges und lästiges Symptom beim Blasenkatarrh und andern Blasenkrankheiten (s. Harnblase) beobachtet, kommt aber auch vorübergehend (als sog. Kalte Pisse) infolge scharfer und reizender Beschaffenheit des Harns nach dem Genuß von jungem Bier, Most, jungem Wein sowie nach dem Mißbrauch scharfer harntreibender Mittel vor. Eine weitere häufige Ursache der D. sind Erkrankungen der Harnröhre, insbesondere angeborene oder erworbene Verengerungen der Vorhaut (s. Phimose), entzündliche Schwellungen und die nach diesen häufig zurückbleibenden narbigen Verengerungen oder sog. Strikturen (s. d.) der Harnröhre; auch rufen bei Männern, zumal in vorgerückten Jahren, die Vergrößerungen und entzündlichen Anschuppungen der Vorsteherdrüse (s. Prostata) nicht selten D. hervor. Die Behandlung ist natürlich je nach der Grundursache sehr verschieden; sie besteht im allgemeinen in reizloser Diät, dem reichlichen Genuß von schleimigen Getränken und warmen Umschlägen auf die Blasengegend. Bei allen auf mechan. Hindernissen beruhenden Formen der D. kann nur von sachgemäßer mechan. Behandlung, von der Erweiterung der verengten Harnröhre durch Katheter oder Messer, von der Zertrümmerung und Entfernung des Blasensteins und ähnlichen chirurg. Eingriffen dauernde Abhilfe erwartet werden.

Dyticidae, Dyticus, s. Schwimmkäfer.

Dyveke (spr. dei-) oder Düveke (d.h. Täubchen), von den lat. Chronikenschreibern Columbula genannt, geb. um 1490 zu Amsterdam, die Tochter der Sigbrit Willums, ist bekannt durch ihr Verhältnis zu dem dän. König Christian II. und deshalb in Werken der Dichtkunst gefeiert worden. Christian lernte sie in Bergen 1507 kennen und setzte auch nach seiner Thronbesteigung (1513), trotz seiner Vermählung (1515) mit Isabella, der Schwester Kaiser Karls V., sein Verhältnis mit ihr fort und gestattete ihrer klugen Mutter einen bedeutenden Einfluß auf die Angelegenheiten des Landes. Sigbrit war deswegen dem mächtigen dän. Adel verhaßt, und man hat dieser Erbitterung den plötzlichen und wie die Sage geht durch Gift herbeigeführten Tod D.s (1517) zugeschrieben. Doch auch nach dem Tode D.s behielt Sigbrit großen Einfluß. Als Opfer der That fiel der Schloßhauptmann Torben Oxe, welcher die Gunst D.s erstrebt hatte und welchen das Gerücht als ihren Mörder bezeichnete. Dramatisch wurde die Geschichte der schönen D. behandelt von Samsöe (1796; deutsch von Manthey, Altona 1798; neue Aufl., Lpz. 1810), von H. Marggraff (Lpz. 1839), von Niekhoff (Berl. 1843), von Mosenthal (Lpz. 1860). Novellistisch-historisch behandelte denselben Stoff Münch in seinen "Biogr.-Histor. Studien" (2 Bde., Stuttg. 1836), rein novellistisch Schefer und Tromlitz, als histor. Roman der Däne Hauch in "Wilhelm Zabern" (2.Aufl., Kopenh. 1848) und Ida Frick in "Sybrecht Willms" (Dresd. und Lpz. 1843).

Dzaisan, See in Asien, s. Saisan.

Dzialynski, Titus, Graf, poln. Patriot, geb. 1797 in Konarzewo bei Posen, setzte seine zu Hause begonnenen Studien nach Ernennung seines Vaters zum Senator und Gesandten bei Napoleon I. in Paris fort, kehrte 1812 in die Heimat zurück und besuchte dann in Prag die Polytechnische Schule. Beim Ausbruch der poln. Revolution (1830) eilte D. nach Warschau, trat als Freiwilliger in die Posener Legion und war nach der Schlacht bei Dembe als Adjutant Skrzyneckis thätig. Nach neunjähriger Beschlagnahme seiner Besitzungen in Posen dorthin aus Galizien zurückgekehrt, wirkte er als Abgeordneter zum Provinziallandtage, war 1850 der einzige poln. Deputierte auf dem Reichstage in Erfurt und wurde 1859 in das preuß. Abgeordnetenhaus gewählt. Er starb 12. April 1861. D. veröffentlichte unter andern das von Lelewel redigierte "Statut Litewski" (Pos. 1841), "Liber genescos illustris fimiliae Schidloviecie" (Par. 1848), "Acta Tomiciana", Aktenstücke zur Regierung König Sigismund I. (9 Bde., Pos. 1852 fg.), "Lites ac res gestae inter Polonos ordinemque Cruciferorum" (4 Bde., ebd. 1855; neue Ausg. 1891), "Collectanea vitam resque gestas Joannis Zamoyscii illustrantia" (ebd. 1861).

Sein einziger Sohn, Graf Johann D., geb. 1832, studierte in Berlin Rechts- und Staatswissenschaften, vermählte sich 1857 mit Isabella, Prinzessin Czartoryska, wurde 1862 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, nahm als Haupt der aristokratischen Partei im preuß. Polen an dem 1863 im Königreich Polen ausgebrochenen Aufstande gegen die russ. Herrschaft thätigen Anteil und leitete die Zuzüge von preuß. Gebiet aus. Wegen Hochverrats gegen Preußen 1864 angeklagt, wurde er in contumaciam zum Tode, darauf, als er sich dem Gericht stellte, 1869 zu dreijähriger Einschließung verurteilt, aber infolge der allgemeinen Amnestie begnadigt. Hierauf lebte er abwechselnd in Kurnik und Paris, befaßte sich mit Förderung der poln. Litteratur und unterstützte poln. Schriftsteller sowie gemeinnützige Anstalten. Er starb 30. März 1880 in Kurnik. Mit ihm erlosch die Familie in männlicher Linie.