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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ehestatistik

Staaten Jahre Männer Junggesellen Witwer und Geschiedene Frauen Jungfrauen Witwen und Geschiedene

Preußen 1876/85 86,54 13,46 91,21 8,79

Bayern 1876/85 85,10 14,90 92,05 7,95

Sachsen 1876/85 85,09 14,91 90,83 9,17

Schweiz 1876/85 84,21 15,79 90,63 9,37

Österreich 1876/85 82,09 17,91 88,86 11,14

Italien 1876/80 87,51 12,49 92,84 7,16

Frankreich 1876/80 88,69 11,31 92,13 7,87

England 1876/80 86,34 13,66 90,15 9,85

Die allgemein bekannte Thatsache, daß Witwer häufiger eine Ehe eingehen als Witwen, findet hier ihren ziffernmäßigen Ausdruck. Was die gegenseitigen Beziehungen der verschiedenen Kategorien zueinander anlangt, so sind erste Ehen, d. h. solche zwischen Junggesellen und Jungfrauen, weitaus am häufigsten; es folgen dann die zwischen Jungfrauen und Witwern, weiterhin die zwischen Junggesellen und Witwen und endlich die zwischen Witwern und Witwen. Im Königreich Preußen entfielen 1876-85 von 100 Eheschließungen 81,38 auf die erste, 9,83 auf die zweite, 5,16 auf die dritte und 3,63 auf die vierte Gruppe. In andern Staaten vertauschen die beiden letzten Gruppen ihre Rangstufen.

Von allgemeinem Interesse ist neben dem Familienstand das Alter der Brautleute. In Preußen heirateten in den J. 1871-85 von 100

Im Alter von Jahren Männer Frauen Personen überhaupt

Unter 20 0,50 10,06 5,28

20-30 67,43 70,16 68,79

30-40 22,54 14,72 18,63

40-50 6,18 4,01 5,09

50-60 2,52 0,91 1,72

60 und darüber 0,83 0,14 0,49

Die große Mehrzahl der Frauen gelangt also im Alter von 20 bis 30 Jahren zur Ehe und entspricht damit den Forderungen der natürlichen und socialen Verhältnisse der mitteleurop. Bevölkerung. Die andern Ehen pflegt man als frühzeitig oder verspätet anzusehen. Auch der größte Teil der Männer heiratet rechtzeitig, zumal bei Berücksichtigung des als normal zu betrachtenden Altersunterschiedes von wenigen Jahren. Letzterer kommt statistisch zur Erscheinung durch die Berechnung des durchschnittlichen Heiratsalters, welches als einfacher Ausdruck der Altersverhältnisse der Eheleute besonders bei räumlichen Vergleichungen bequem zu verwerten ist.

Staaten Jahre Durchschnittsalter im J. beider Eheleute des Mannes der Frau Unterschied

Preußen 1881/85 28,2 29,4 27,1 2,3

Bayern 1881/85 29,1 30,6 27,6 3,0

Württemberg 1881/85 29,5 31,3 27,8 3,5

Belgien 1881/85 29,2 30,6 27,7 2,9

Italien 1881/85 27,5 29,9 25,1 4,8

Österreich 1881/85 28,9 30,9 26,8 4,1

Ungarn 1881/85 26,0 28,6 23,4 5,2

Schweiz 1881/85 29,1 30,9 27,3 3,6

Frankreich 1881/84 27,5 29,6 25,4 4,2

Dänemark 1880/84 28,6 30,1 27,2 2,9

Schweden 1882/86 29,1 30,4 27,8 2,6

Den Eheschließungen stehen die Ehelösungen gegenüber, die zum geringen Teil durch Scheidungen, zum weitaus größten durch den Tod des einen Ehegatten erfolgen. Meistens begnügt man sich damit, bei der Erhebung der Todesfälle festzustellen, ob die Verstorbenen ledig, verheiratet, verwitwet oder geschieden waren. Man kann dann auch für die Dauer der Ehen höchstens eine hypothetische Mittelzahl angeben (s. unten). Neuerdings beginnt man die Dauer der durch den Tod gelösten Ehen auf direktem Wege zu ermitteln. Auch die Frage nach der ehelichen Fruchtbarkeit berührt die E. (s. Geburtsstatistik). Andere für die E. interessante Fragen betreffen die Ehen unter Verwandten, das Religionsbekenntnis der Brautleute, das Verhältnis der kirchlichen zu den bürgerlichen Trauungen u. s. w.

Das Religionsbekenntnis der Eheschließenden verdient insbesondere mit Rücksicht auf die Häufigkeit der Mischehen gewürdigt zu werden. In Preußen betrug die Zahl der

Jahre Gleichen Ehen absolut Proz. aller Ehen Mischehen absolut Proz. aller Ehen

1871/75 220898 93,73 14782 6,27

1876/80 169414 93,09 14587 6,91

1881/85 204344 92,52 16518 7,48

1886 214039 92,42 17549 7,58

1887 212146 92,24 17853 7,76

1888 214588 91,93 18833 8,07

1889 221486 91,86 19510 8,14

1890 224753 91,90 19904 8,10

1891 225061 91,52 20845 8,48

1892 225062 91,20 20385 8,30

Sofern die neuerdings auch in andern Staaten beobachtete stetige Zunahme der gemischten Ehen erkennen läßt, daß der konfessionelle Unterschied in den Augen des Volks immer weniger als Ehehindernis in Betracht kommt, mag man hierin je nach seinem Standpunkte entweder eine Abnahme der religiös-kirchlichen Gesinnung oder aber eine Zunahme der Toleranz erblicken. Jedenfalls spielt neben diesen beiden Momenten die neuere Verkehrsentwicklung eine wesentliche Rolle, indem dieselbe auf eine immer stärkere Vermischung der früher räumlich getrennten Volkskreise hinarbeitet und damit auch die Gelegenheit zum Eingehen von Mischehen vermehrt.

Die Dauer der Ehe ist durch das Heiratsalter und die Sterblichkeit bedingt. Bei dem Mangel an direkten Ermittelungen dieser Dauer müssen indirekte Bestimmungen Ersatz leisten. Eine solche besteht in der Division der mittlern Zahl der stehenden Ehen durch die halbe Summe der Trauungen und Ehelösungen. Sie ergiebt für den Zeitraum 1881-85 eine mittlere Dauer der Ehen in Preußen von 24,45, in Bayern von 25,66, in Württemberg von 27,10, in Belgien von 25,01, in Frankreich von 27,54, in Italien von 26,07, in Ungarn von 24,35, in der Schweiz von 25,17, in Dänemark von 25,99 und in Schweden von 29,54 Jahren. Freilich sind diese Zahlen zu unsicher, um eingehendern Vergleichen als Grundlage zu dienen; immerhin aber ist es von Interesse zu erfahren, daß die durchschnittliche Dauer einer Ehe ungefähr dem Termin der Silbernen Hochzeit entspricht.

Vgl. die Litteratur zum Artikel Bevölkerung; außerdem Movimento dello stato civile. Anno