Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

815
Einsiedl - Einsiedlerkrebse
Heiligenbildern, Rosenkränzen, Medaillen, Cruci-
fixen und andern sog. Devotionalien, der nament-
lich durch das Geschäft von Benziger & Co. (s. d.)
betrieben wird. In der Revolution litt E. sehr und
wurde nebst der Abtei (s. unten) geplündert. Hier be-
gann Ulrich Zwingli als Pfarrverweser sein kirch-
liches Reformationswerk. - 2) E., Koti-L-O^ino des
6i-6mit68, NonHäwrium I^mitm-um, berühmtes
Vcnediktinerstift über dem Marktflecken E. und
einer der besuchtesten Wallfahrtsorte der Welt, in
<^5 m Höhe, ist ostlich und westlich von zwei Reihen
Vergen umschlossen' südlich öffnen sich das Alptbal
und das Sihlthal. Die Straße nach dem Berge Ezel
und nach Ravperswyl führt über die Sihl mit der
sog. Teufelsbrücke und vorher an dem Hause vorbei,
wo Theophrastus Paracelsus geboren sein soll. Das
Kloster, in einem finstern und früher weit aus-
gedehnten Walde, im Laufe der Zeit bis ins
16. Jahrh, sechsmal ganz oder teilweife durch Feuer
zerstört, wurde 1701-19 im ital. Stil aufgeführt
und bildet mit den Ringmauern ein gewaltiges,
258 m langes, 255 m breites Viereck' die Kirche
mit zwei schlanken Türmen steht in der Mitte der
Hauptfacade. Berühmt ist besonders das Gnaden-
bild "Maria zu den E.", bei dem sich 11. ^ept.
lsog. Engelweihe) die meisten Wallfahrer einfinden
lim Durchschnitt der letzten drei Jahrhunderte
jährlich etwa 150000 Wallfahrer, hauptsächlich
aus der Schweiz, dem südwcstl. Deutschland und
dem nördl. Italien). Zwischen dem Flecken und dem
Kloster steht ein mit dem Bild der heiligen Jung-
frau und einer goldenen Krone verzierter Brunnen
aus schwarzem Marmor mit 14 Röhren, aus denen
die Pilger zu trinken pflegen. Das ^tift besitzt
eine Bibliothek von 40000 Bänden, 1190 Hand-
fchriften und 1015 Inkunabeln und hatte bis zur
helvet. Staatsumwälzung einen sehr reichen Kirchen-
schatz. Bei dem Kloster, zu welchem 84 Priester,
12 Kleriker und 24 Brüder des Benedittinerordens
gehören, bestehen ein Priesterseminar, Gymnasium
(6 Klassen, 218 Schüler) und Lyceum (2 Klassen,
60 Schüler) mit 21 Lehrern. Das Kloster betreibt
auch musterhafte Rindvieh- und Pferdezucht (Ein-
siedler-Schlag).- Seine Gründung wird dem Grafen
Meinrad von Sulgen (861 ermordet) zugefchrieben,
der zu Ehren eines ihm von der Äbtissin Hildegard
m Zürich geschenkten wunderthätigen Marienbildes
eine Kapelle erbaute. Nach seinem Tode wurde hier
ein Benediktiner-Eremitentloster von Propst Eber-
hard von Straßburg erbaut, bei dessen Weihe der
Heiland selbst, von Engeln und Heiligen begleitet,
herabgestiegen sein soll. Rudolf von yabsburg er-
teilte 1274 den Äbten des reichsfreien Klosters die
Fürstenwürde, und schon früher machten die Kaiser
des sächs. Hauses, besonders Otto d. Gr. und Hein-
rich 11., dem Kloster sehr bedeutende Schenkungen.
Die Herrschaft des Klosters, nach Aufhebung durch
die Helvetische Republik 1817 teilweise wiederher-
gestellt, dauerte bis 1830. - Vgl. Tschudi, Einsied-
lische Chronik lEinsied. 1823); Landolt, Ursprung
und erste Gestaltung des Stifts Maria sebd. 1845);
Ningholz, Geschichte des fürstl. Benediktinerstiftes
U. L. F. zu E. unter Abt Johannes I. von Schwanden.
1298-1327 (ebd. 1888); Gelpke, Christl. Sagen-
geschichte der Schweiz (Bern 1862).
Einsiedl, czech. Nniclio^, Stadt in dem Ge-
richtsdeznt Marienbad der österr. Vezirkshaupt-
mannfchaft Tcp/itt Mhmen, in 736 m Höbe, hat
l1890) 1166 deutsche E., Post, Telegraph, eine der
schönsten Kirchen des Landes, schönes Kloster der
Schulschwestern äe KoU'6'O3.in6; bedeutende Ser-
pcntinsteinbrüche und -Schleifereien, Dampfbrauerei,
Ackerbau, Viehzucht und Handel nut Hopfen.
Ginsiedler, f. Anachoreten. - über E. in der
Jägerei, s. Eingänger.
Einsiedler (DiäuL 8. kkropliapZ 80iit3.riu8
Fii'ic/ci.), Solitäre, eine flugunfähige Voden-
form der Tauben (f. Dronte), welche noch in der
zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auf der
Insel Rodriguez lebte, seitdem aber ausgerottet ist.
Der Vogel war so groß wie eine Gans, von fchwarz-
weißer Färbung des Gefieders.
Einsiedler des heiligen Hieronymus, f.
Hicronymitcn.
Einsiedlerkrebse, Diogenes-, Bernhards-
oder Bernhardiner krebse ti^uriäas), eine
Familie der zehnfüßigen Krebse, die durch die Bil-
dung ihres Hinterleibes eine vermittelte Stellung
zwischen den langschwänzigen Krebsen und den turz-
schwänzigen Krabben einnehmen und die man des-
halb als Mittel krebse t^noinui-a) zusammenge-
faßt hat. Die eigentümliche Umbildung ihres
Hinterleibes in einen weichhäutigcn, unsymme-
trischen Sack mit Klammcrfüftchen am Ende ist die
Folge ihrer Gewohnheit, in Schneckenschalen zu
hausen, die sie entweder als leere Gehäuse gefunden
lind bezogen haben oder aus denen sie die legitimen
Besitzer herausfressen, um sich dann an deren Stelle zu
setzen. Sie klammern sich sodann mit den zu diesem
Zwecke umgebildeten Anhängen ihres wurstförmigen
Abdomens an der ^chneckenfpindel fest und ziehen
sich bei Gefahr fo weit in das Haus zurück, daß die
größere der beiden, znr Herstellung des Gleichge-
wichts verschieden großen Scheren die Gehäus-
mündung vollkommen verschließt. Dabei halten sie
so fest, daß man bei dem Versuche, sie herauszu-
ziehen, die meisten entzweireiht. Da das Tier
stets ein seiller Größe entsprechendes Haus wählt,
so ist es genötigt, von Zeit zu Zeit nach der Häu-
tung eine neue größere Schneckcnfchale zu suchen;
der Umzug wird nach sorgfältiger Prüfung des
neuen Gehäufes sehr rafch vollzogen, da der fchutz-
lofe Hinterleib einLeckerbiss'en für hungrige Iiscke ist.
Eine interessante Beobachtung an diesen Krebsen
ist ihr Frenndschaftsverbältnis zu gewissen See-
ancmonen, Tieren aus der Gruppe der Aktinien,
welche auf den Schneckenschalen, die von E. be-
wohnt sind, hausen und offenbar durch ihre nesselnden
Fühler einen wirksamen Schutz für den Krebs bilden,
der wieder feinerfeits durch feine Ortsbewegung
der Attinie die Ernährung fo sehr erleichtert, daß
bierin ein wesentlicher Vorteil für sie gegenüber
ihren an den Felsen seßhaften Gattungsver-
wandten geschaffen wird. Aquariumbeobachtungen
haben es hierbei über allen Zweifel erhoben, dah
der Krebs vielfach beim Umzug die Freundin mit-
nimmt, indem er mit der schere sie vorsichtig von
dem alten Gehäuse ablöst und solange auf der
neuen Schale festhält, bis das Fußblatt der Aktinie
wieder angeheftet ist. Im Gegensatze zu diesem
auf gemeinsame Interessen gegründeten Verhältnisse
wird ein auf folchen Gehäufen oft angesiedelter
Kiefelfchwamm (8ud6i-it68, f.Spongien) häusig zum
Verderben des Infassen, indem er die Schale lang-
fam umwächst und den Krebs durch Überwachsen
der Mündnng tötet. Die meisten Gattungen dieser
Gruppe, wie?^ni-u8, von welcher Gattung die häu-
sigste Art der gemeine Bernhardskrebs (I^Zu-