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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbahnbehörden
die zu seiner Mitzeichnung gelangen, verantwortlich.
In dieser Übertragung der Verantwortlichkeit auf
eine einzelne Person liegt ein wesentlicher Unter-
schied der neuen Organisation der preuß. Staats-
eisenbahnverwaltung gegen die frühere Einrichtung
(von 1872), bei der die Direktionen tollegialische
Behörden waren und für die örtliche, den frühern
Eisenbahnkommissionen Übertrag en eVetrieb sleitung
der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit
nicht so streng durchgeführt war. Infolge der hier-
durch gebotenen Möglichkeit leichterer Erledigung
der Geschäfte wurden auch unter Auflösung der
früher bestandenen kleinern Direktionen zu Saar-
brücken, Wiesbaden, Cassel und Münster überall
größere Verwaltungsbezirke gebildet. Gegenwärtig
bestehen elf Direktionen und zwar je eine in Al-
tona, Berlin, Breslau, Bromberg, Elberfeld, Er-
furt, Frankfurt a. M., Hannover und Magdeburg
sowie zwei in Köln, davon eine für die linksrhein.,
die andere für die rechtsrhein. Linien. Der Umfang
der von den einzelnen Direktionen verwalteten Be-
zirke schwankt (1894) zwischen 1299 km (Elberfeld)
und 4777 km (Bromberg), die Zahl der den einzel-
nen Direktionen unterstellten Betriebsämter (im gan-
zen 75) zwischen 4 (Elberfeld und Frankfurt a. M.)
und 10 (Berlin und Vromberg) mit je einem Ge-
schästsbezirk von 106 km (Berlin, Stadt- und Ring-
bahn) bis 712 km (Königsberg i. Pr.) Umfang. Das,
wenn auch nickt nach seiner örtlichen Ausdehnung,
so doch nach der Dichtigkeit und Lebhaftigkeit des
Verkehrs der unterstellten Strecken bedeutendste Be-
triebsamt ist das zum Bezirk der tönigl. Eiscnbahn-
direktion (rechtsrheinischen) zu Köln gehörende Be-
triebsamt zu Essen, mit dem seit 1. April 1890 das
an demselben Orte bisher bestandene Betriebsamt
des Eisenbahndirektionsbezirks Elberfeld zusammen-
gelegt worden ist, um die im Ruhrkohlengebiet ge-
legenen Linien unter der Leitung einer Direktion
und eines Betriebsamtes zu vereinigen. Mit Rück-
sicht auf den großen Umfang (519 km) und die
eigenartigen Verhältnisse des neuen Betriebsamte?
sind bei demselben nach dem Vorgange der bei den
Direktionen bestehenden Einrichtung drei besondere
Abteilungen unter je einem Vorstände gebildet.
Wenngleich der der gegenwärtigen Organisation
der preuß. Staatsbahnen zu Grunde liegende Ge-
danke der Dezentralisation und der persönlichen
Verantwortlichkeit die Durchführung der Verstaat-
lichung der Privatbahnen erleichtert hat, so sind doch
bald auch in Kreisen von Fachmännern Stimmen
laut geworden, welche behaupten, daß die bestehenden
Verwaltungseinrichtungen zu schwerfällig und kost-
spielig seien. Insbesondere würde durch die Gliede-
rung in drei Instanzen (Ministerium, Direktionen
und Be trieb sämter) die schnelle und sachgemäße Er-
ledigung der Geschäfte beeinträchtigt, viele Arbeiten,
dei denen die Zuständigkeit der Direktionen und der
Betriebsämter sich begegneten, würden doppelt ge-
macht, wodurch das lHchreibwesen ungebührlich ver-
mehrt und dic Verwaltung verteuert worden sei.
Abhilfe könne nur durch Beseitigung einer der drei
Instanzen geschaffen werden, sei es, daß man die
Betriebsamer unter Erweiterung ihrer Befugnisse
und Vergrößerung ihrer Bezirke zu Direktionen
mache und dem Minister unmittelbar unterstelle, die
gegenwärtigen Direktionen also als Zwischeninstanz
aufbebe, sei es, daß man die Betriebsämter durck
Überlraaung ihrer Venvaltungsbefugnisse auf die
Direktionen ihrer Eigenschaft als öffentlicher
Behörden entkleide und zu lediglich ausfüh-
renden Dienststellen der Direktionen mache.
Die Berechtigung von Reformbestrebungen ist auch
an maßgebender Stelle nicht verkannt worden; be-
reits zum 1. April 1895 steht auf der letzterwähnten
Grundlage eine Neuordnung der Staatseisenbahn-
verwaltung bevor. Unter dem Minister sollen
20 Direktionen mit dem Sitze in Altona, Berlin,
Breslau, Bromberg, Eassel, Danzig, Elberfeld,
Erfurt, Essen, Frankfurt a. M., Halle a. d. S., Han-
nover, Kattowitz, Köln, Königsberg i. Pr., Magde-
burg, Münster i. W., Pofen,^ Stettin und St. Jo-
hann-Saarbrücken die Verwaltung und den Betrieb
der Strecken ihres Bezirks (durchschnittlich 1400 km)
leiten; als Ausführungsorgane werden ihnen Bau-
und Betriebsinspektionen, Maschinen-, Verkehrs-
und Telegrapheninspektionen unterstellt. Wegen
der mit der anderweiten Organisation der Staats-
eisenbahnverwaltung zusammenhängenden Frage
einer Verbesserung in der Vor- und Ausbildung der
höhern Eisenbahnbeamten s. Eisenbahnbeamte.
In Bayern ist die Verwaltung der Staats-
bahnen (s. Bayrische Eisenbahnen) durch königl. Ver-
ordnung vom 17. Juli 1886 ähnlich wie in Preußen
geregelt, nur daß hier eine Direktion, die General-
direttion in München, die Mittelinstanz bildet, die
unter oberster Leitung des Stagtsministeriums des
tönigl. Hauses und des Äußern ihre Geschäfte er-
ledigt. Unter der aus 5 Abteilungen mit je einem
Vorstande bestehenden Generaldirektion sind 10
Oberbahnämter, in Augsburg (357 km), Bamberg
(543 km), Ingolstadt (399 km), Kempten (423 km).
München (391 km), Nürnberg (474 km), Regensbura
(580 km), Rosenheim (549 km), Weiden (587 km),
Würzburg (467 km), für die örtliche Betriebsverwal-
tung thätig. Hierzu treten Lotalbetriebslcitungen
in Ebermannstadt, Haßsurt, Kötzting, Freyung und
Krumbach für Lokalbahnen von etwa 138 km Länge.
In Sachsen bildet die oberste Eisendahnverwal-
tungsbehörde das Finanzministerium, zum Teil un-
ter mitwirkender Thätigkeit des Ministeriums des
Innern. Unter dem Ministerium steht die Königl.
Generaldirektion der Sachs. Staats eisenbahnen (i.
sächsische Eisenbahnen) zu Dresden mit drei Ab-
teilungen, die I. für die allgemeinen Verwaltung?-,
die II. für die Verkehrs-, die III. für die technischen
Angelegenheiten. Unter der Generaldirettion sind
thätig: sechs Betriebsdirektoren für die Beaufsich-
tigung des Betriebsdienstes, ein Transportdirektor
für die des Fahrdienstes, ein Maschinendirektor für
den Betriebsmaschinendienst, ein Maschiuendirektor
sür die Maschinenhauptverwaltung, ein Betriebs-
telegraphen-Oberinspektor für den technischen Tele-
graphendienst, denen wiederum für bestimmte Ge-
schäfte und örtlich abgegrenzte Bezirke Assistenten
und Ausführungsorgane unterstellt sind.
In Württemberg werden die Staatsbahncn
(s. Württembergische Eisenbahnen) unter der ober
sten Leitung der Abteilung für die Verkehrsanstal'
ten des Ministeriums der auswärtigen Angelegen
heiten von einer Generaldirektion in Stuttgart vcr
waltet, der fünf Oberinspettoren (einschließlich eine?
Obermaschincnmeisters) für die Leitung einzelner
Dienstzweige unterstellt sind.
In Baden verwaltet die aus drei Abteilungen
bestehende Generaldirektion in Karlsrudo unter der
obersten Leitung des Finanzministeriums die bad.
Staatsbahnen <s. Badische Eisenbadnen). Für dic
einzelnen Dienstzweige sind Oderdeamte bestellt.