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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Eitelkeit; Eiter

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Eitelkeit - Eiter

denden Künste in Wien, der Verbesserung des Zeichenunterrichts und des kunstgewerblichen Fachunterrichts in Österreich. Er starb 18. April 1885 in Wien. E. schrieb: "Die Reform des Kunstunterrichts" (Wien 1848), "Briefe über die moderne Kunst Frankreichs" (ebd. 1858), "Bericht über einen archäol. Ausflug in Ungarn" (ebd. 1856), "Das bürgerliche Wohnhaus und das Wiener Zinshaus" (mit Heinr. von Ferstel, ebd. 1860), "Mittelalterliche Kunstdenkmale des österr. Kaiserstaates" (mit Heider und Hieser, 2 Bde., Stuttg. 1858-60), "Die mittelalterlichen Kunstdenkmale Dalmatiens" (Wien 1861), "Cividale in Friaul und seine Monumente" (ebd. 1857), "Die Kunstdenkmäler Friauls" (ebd. 1859). Von den im Verein mit Fachgenossen herausgegebenen "Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance" (Wien 1871-82) sind 18 Bände erschienen. E.s "Gesammelte kunsthistor. Schriften" erschienen in 4 Bänden (ebd. 1879-84).

Eitelkeit, in objektivem Sinne die Nichtigkeit dessen, was in sich selbst keinen Wert hat, wie Schein und Flitterstaat; auch braucht man den Ausdruck für alle irdischen Güter, insofern sie niemals vollkommene Befriedigung gewähren. Im subjektiven Sinne nennt man den eitel, der in Vorzügen von nur geringem Wert seine Ehre sucht und wegen ihrer sich gern gelobt und bewundert sieht. Auch nennt man E. die Sucht nach Lob und Bewunderung überhaupt ohne Rücksicht auf den Wert ihres Gegenstandes. In diesem Sinne bildet E. den Gegenstand zu Stolz und Hochmut, der im Bewußtsein seiner wirklichen oder eingebildeten Vorzüge rücksichtslos gegen andere verfährt, wogegen der Eitle vor allem um den Beifall anderer buhlt und daher immer sorgfältig die dazu erforderlichen Rücksichten nimmt. Der Eitle bedarf der Bewunderung anderer, um zur Bewunderung seiner selbst zu gelangen, wogegen der Stolze und Anmaßende des Beifalls anderer nicht bedarf, um sich selbst über alles hochzuschätzen und sich über andere hinwegzusetzen, an deren Beifall oder Abneigung ihm wenig liegt. - Vgl. Chr. Sigwart, Über die E. (in den "Kleinen Schriften", 2. Reihe, 2. Ausg., Freib. i. Br. 1889).

Eiter (Pus) und Eiterung (Suppuratio). Der Eiter ist im frischen Zustande eine gelblichweiße, geruchlose, rahmartige Flüssigkeit von schwach alkalischer Reaktion, in welcher man durch das Mikroskop eine dichtgedrängte Menge kugeliger Körperchen, die Eiterkörperchen oder Eiterzellen, erkennt, welche in einer fast wasserhellen Flüssigkeit, dem Eiterserum, aufgeschwemmt sind. Letzteres besteht zum größten Teile aus Wasser, in welchem, wie im Blutserum oder dem Milchserum (Molken), Eiweißstoffe (1-4 Proz.), Salze und Extraktivstoffe aufgelöst sind. Aus diesem Grunde sondert sich Eiter, den man in einem tiefen Gefäße stehen läßt, sehr bald in zwei Schichten, in eine obere, wasserhelle und dünnflüssige Serumschicht und in eine untere, gelbgefärbte, zähflüssige Schicht von Eiterkörperchen. Die letztern, deren Menge im Vergleich der Eiterflüssigkeit sehr verschieden ist, gleichen durchaus den farblosen oder weißen Blutkörperchen (s. Blut), sie sind kleine Kugeln von etwa 0,01 mm im Durchmesser, welche aus einer zähflüssigen, einen oder mehrere kleine Kerne enthaltenden Protoplasmamasse bestehen. Im ganz frischen Zustande, solange nicht atmosphärische Luft oder Wasser mit den Eiterkörperchen in Berührung gekommen ist, sie auch kein Wasser durch Verdunstung oder ihre natürliche Wärme verloren haben, zeigen diese Körperchen unter dem Mikroskop deutliche und lebhafte Bewegungen, indem sie ihre Gestalt mannigfach ändern, Fortsätze ausstrecken und wieder einziehen, oder mit Hilfe solcher Fortsätze langsam auf dem Glase hinkriechen. Sie gleichen dann vollständig gewissen niedrigsten Organismen, den sog. Amöben (s. Kammerlinge), weshalb ihre Bewegungen auch amöboide genannt werden. Die geringste Einwirkung der Luft, des Wassers, der Wärme oder Kälte, wie aller eingreifenden Störungen, reicht hin, die Eiterkörperchen zu töten. Sie ziehen dann ihre Fortsätze ein, runden sich zu einer Kugel ab und sehr bald verändern sie sich auch chemisch und zerfallen schließlich. Dieses Absterben tritt sehr bald auch dann ein, wenn der Eiter noch im Organismus eingeschlossen ist, und bedingt die weitern Umwandlungen des Eiters überhaupt.

Der Eiter ist eine krankhafte Neubildung des Körpers, welche überall da sich bildet, wo in irgend einem Gewebe oder Organ ein schwerer Entzündungszustand vorhanden ist, und zwar dachte man sich früher, nach einer ältern Anschauung von Virchow, jedwede Eiterung entstanden durch eine massenhafte Entwicklung von jungen Zellen aus gewissen, dem Organismus normalerweise angehörenden Geweben, indem die Zellen der entzündeten Gewebe, insbesondere des über den ganzen Körper ausgebildeten Bindegewebes, aber auch die Epithelzellen, welche die serösen und Schleimhäute überziehen, die Knochenzellen u. s. w. unter dem Einfluß des Entzündungsreizes eine lebhafte Wucherung und wiederholte Teilung erfahren und so eine Menge indifferenter Zellen (Eiterzellen) erzeugen sollten, welche sich nicht weiter entwickelten, sondern frühzeitig zu Grunde gingen, weil sie entweder nicht lebensfähig entwickelt wären oder wegen ihrer zu großen Menge oder sonstiger Umstände sich nicht genügend ernähren könnten. Nach den Untersuchungen von Cohnheim dagegen, welche die ganze Lehre von der Entzündung und Eiterung wesentlich umgestaltet haben, sind die Eiterkörperchen nichts anderes als ausgewanderte farblose oder weihe Blutkörperchen, welche bei der Entzündung die Wand der Blutgefäße, namentlich der kleinsten Venen und Haargefäße, durchbohrt haben und sich nun als Eiterzellen in den Geweben ansammeln, ein Vorgang, der leicht beim Frosch und andern Tieren direkt unter dem Mikroskop beobachtet werden kann. In neuerer Zeit hat man nachgewiesen, daß auch aus den Zellen entzündeter Gewebe Eiterkörperchen entstehen, daß also neben der Lehre Cohnheims auch die ältere Virchowsche richtig ist. Als Ursache der Eiterung läßt sich in den meisten Fällen die Anwesenheit gewisser Spaltpilze (Eiterbakterien, Eiterkokken) nachweisen. Unter den eitererregenden Bakterien sind die wichtigsten Staphylococcus und Streptococcus pyogenes. Staphylococcus pyogenes, Traubenkokkus, so genannt von der traubenförmigen Anordnung der einzelnen Kokken, gehört zu den Diplokokken. Er ist ebenso leicht zu färben, behufs mikroskopischer Untersuchung, als rein zu kultivieren; die Reinkulturen zeigen weiße, gelbe oder goldbraune Färbung, wonach man Staphylococcus albus, citreus und aureus als Unterarten unterscheidet. Dauersporen sind nicht bekannt, doch ist der Staphylococcus sehr widerstandsfähig gegen äußere Einwirkungen. Da er ferner überall ver-[folgende Seite]