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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Elektrotechnik

namomaschinen und Motoren, von Bogen- und Glühlampen und späterhin von Transformatoren und Accumulatoren, die Fabrikation von Kabeln und anderm Leitungsmaterial, von Isolier- und Installationsmaterialien, die ganze Elektrometallurgie einschließlich der schon früher ausgebildeten Galvanoplastik und Galvanostegie, die elektrischen Eisenbahnen, die Kraftübertragung, die Elektricitätswerke, kurz alles das, was man heute unter dem Begriffe Starkstromtechnik, die im wesentlichen Elektromaschinenbau ist, zusammenfaßt im Gegensatze zur Schwachstromtechnik, unter welcher man die Technik der im Nachrichten- und Sicherungsdienst verwendeten Apparate begreift.

Von diesen beiden Gruppen ist für die große Industrie die erstere, den Elektromaschinenbau und die Anwendungen im chemischen Großgewerbe und in der Metallurgie umfassend, die ungleich bedeutendere. Nach einer 1892 veröffentlichten Statistik (vgl. "Elektrotechnische Zeitschrift", 1892, S. 526) wurden 1890 und 1891 im Durchschnitt an Maschinen, Motoren und Transformatoren etwa 3500 Stück gebaut im Werte von etwa 6½ Mill. M., Accumulatoren für etwa 4½ Mill., Bogenlampen im Werte von rund 2 Mill. (etwa 17 000 Stück), Kohlestifte für dieselben wurden für etwa 12 Mill. erzeugt, Glühlampen für 2½ Mill. (etwa 2 Mill. Stück), Bedarfs- und Installationsartikel für 10 Mill. M. In Summa repräsentieren also die in diesem neuen Zweige der Maschinentechnik jährlich erzeugten Werte ohne Leitungsmaterial und Kabel die Summe von etwa 27 Mill. M. Die Anzahl der in den Fabriken, auf die sich diese Statistik bezog, beschäftigten Personen betrug gegen 15 000. Besonders interessant sind die Aufzeichnungen einer Firma über die Größe der von ihr gefertigten Maschinen aus der Mitte der achtziger Jahre im Vergleich mit 1890-91. Die Firma baute 1886 350 Maschinen mit einer Leistung von in Summa 2500 Kilowatt (nicht ganz 3500 Pferdestärken), 1890-91 dagegen jährlich 760 Maschinen mit einer Gesamtleistung von rund 10 000 Kilowatt (etwas über 13 500 Pferdestärken). 1886 war also die mittlere Leistung etwa 10 Pferdestärken, 1890-91 dagegen fast 18 Pferdestärken, ein Beweis dafür, daß die Großmaschine, wie sie namentlich die Elektricitätswerke (s. d.) benutzen, heute einen erheblichen Prozentsatz der Gesamtproduktion ausmacht. In den Apparate der Gruppe 2 bauenden Fabriken beträgt nach derselben Statistik der Wert der jährlichen Erzeugung rund 8 Mill. M.

In dem Zeitraum von nur 10 Jahren fanden vier internationale elektrotechnische Ausstellungen: 1881 in Paris, 1882 in München, 1883 in Wien und 1891 in Frankfurt, mit steigender Zahl der Aussteller und der Besuchsziffer statt. Mit der ersten und letzten dieser Ausstellungen waren internationale Fachkongresse verbunden; ein dritter tagte in der Zwischenzeit (1889) in Paris. Von den Beratungsgegenständen und Beschlüssen dieser Kongresse war der wichtigste die Feststellung des heute geltenden internationalen elektrotechnischen Maßsystems (s. Elektrische Einheiten). Ein Verband der Elektrotechniker Deutschlands wurde 22. Jan. 1893 in Berlin gegründet; seine erste Jahresversammlung sand Sept. 1893 in Köln statt.

Die wissenschafliche ^[richtig: wissenschaftliche] und fachliche Ausbildung des Elektrotechnikers oder Elektroingenieurs hat im wesentlichen zusammenzufallen mit der des Maschineningenieurs; darum haben auch die Technischen Hochschulen (s. d.), auf denen letzterer gebildet wird, Specialkollegien und vor allem elektrotechnische Laboratorien eingerichtet, in denen Gelegenheit gegeben wird, sich die nötige Übung im Beobachten und im Messen anzueignen und die vorgetragenen Lehren der Elektrophysik und Elektrochemie sich durch Anwendung derselben sicherer anzueignen, als dies durch das bloße Hören und Sehen möglich ist. Der Studiengang ist indessen noch kein so völlig feststehender, typischer, wie er es in allem wesentlichen für die andern höhern technischen Berufe: den Maschinen- und Bauingenieur, den Architekten und den technischen Chemiker ist. Bei der immer weiter fortschreitenden Anwendung der E. in allen diesen Berufen, namentlich aber im Maschinenbau, kann übrigens eine Beschäftigung wenigstens mit den Grundzügen der E. nicht dringend genug allen Studierenden der technischen Hochschulen angeraten werden. Namentlich sollte jeder Maschineningenieur gleichzeitig auch Elektroingenieur sein. (Vgl. die Verhandlungen über diese Frage auf dem Frankfurter Kongreß, im Auszuge in der "Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure", Berl. 1891, S. 1083; die Antrittsrede von Sir W. Thomson, als Vorsitzendem des Institute of Electrical Engineers, ebd. 1889, S. 307; die Rektoratsrede von Professor Haushofer in München, "Elektrotechnische Zeitschrift", 1890, S. 653, und den Vortrag von Professor Sylvanus Thompson auf der Jahresversammlung der alten Studierenden des Finsbury College, ebd., S. 57.)

Die Dauer des Studiums ist auf allen technischen Hochschulen, wenigstens in Deutschland, die gleiche. Der Studiengang des Elektroingenieurs ist, wie der des Maschinen- und Bauingenieurs, ein vierjähriger und, um als Studierender in die Hochschule eintreten und die Examina machen zu können, ist das Maturitätszeugnis eines Gymnasiums oder eines Realgymnasiums erforderlich. Unerläßlich ist ferner wie für den Maschineningenieur ein mindestens einjähriges Arbeiten in der Werkstatt, um die verschiedenen Arbeitsprozesse, die Handhabung der einzelnen Werkzeuge und namentlich auch die Arbeiten der Montage durch eigene Ausführung kennen zu lernen. Diese Werkstattbildung hat am besten dem Besuche der Hochschule voranzugehen und als Lehrwerkstatt ist am besten die einer nicht zu großen Fabrik zu wählen. Aber die Absolvierung der Hochschule giebt nur die nötige wissenschaftliche und technische Vorbildung. Die wirkliche Ausbildung kann, wie beim Maschineningenieur, nur die Praxis selbst geben.

Neben dem Studium auf der Hochschule, deren Endziel die Erreichung der vollen akademischen Reife für das Fach bildet, einher geht aber die mindestens ebenso wichtige Ausbildung für die mittlern elektrotechnischen Berufe, den Elektriker der Elektricitätswerke, den Monteur und Werkmeister elektrotechnischer Fabriken, den Betriebsleiter elektrischer Betriebe. Nimmt das akademische Studium der E. von Jahr zu Jahr zu, derart, daß in nicht allzulanger Zeit eine Überfüllung des Berufes einzutreten droht, so ist an tüchtigen Leuten mittlerer Bildung erheblicher Mangel, und die Stellen werden daher sehr gut bezahlt. Nebenbei erfordert das Studium selbstverständlich erheblich kürzere Zeit, da die betreffenden Fachschulen an die bessere Volksschule anschließen. Von derartigen Schulen sind zu nennen