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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Elsaß-Lothringen (Bevölkerung)
Staates haven noch zu keinem ausgedehntem Be-
triebe geführt.
Als Unterstützung des Ministeriums in der För-
derung der Landwirtschaft ist durch kaiserl. Verord-
nung vom 25. Jan. 1888 ein Landwirtschaftsrat
eingesetzt worden. Außerdem bestehen an land-
wirtschaftlichen Anstalten: die landwirtschaftliche
Versuchsstation in Rufach, die Obstbauschule in
Brumath, acht landwirtschaftliche Bezirks-Winter-
schulen, das kaiserl. Landgestüt zu (^trahburg, die
Hufbeschlag- und die technische Wintcrschule in
Straßburg. Für das Meliorationswesen sind in
7 Bezirken je ein Meliorationsbauinspcttor und
zusammen 21 Wiesenbaumeister thätig.
Im Weinbau nimmt E., was den Gesamtertrag
betrifft, im Deutschen Reich den ersten Rang ein. Von
32686 Ka Weinbergen wurden (1893) 30625 Iia be-
baut und lieferten 1320 782 kl Wein (mittlerer
Ertrag 43 Kl von 1 Ka, Mittelpreis Ende 1893:
29,65 M. für 1Iii); Ende März 1894 gab es 91231
Weinbauer, 574 Weingrohhändler, 9387 Wein-
kleinverkäufer. Als jährlicher Ertrag können im
Durchschnitt 1,4 Mill. lil, etwa 45 Kl von 1 Ka,
als Mittelpreis 24 M. für 1 Kl angenommen wer-
den. Der Gesamtwert des Weinlandes nebst dem
jährlichen Betriebsfonds entspricht einem Kapital
von 318 Mill. M., als Durchschnittszins darf 3,90
Proz. gerechnet werden. Von der Neblaus ergriffen
waren bis Ende 1888 etwas über 1^ Ka, vernichtet
wurden etwas über 8Ka. Hauptsitz des Weinbaues
sind die östl. Vorberge der Vogesen und die Südseite
der meisten ihrer Thäler. Die Rebberge liegen der
Mehrzahl nach nach O., SO. und S., im Obcrclsah im
Durchschnitt 340, imUnterelsah 216, in Lothringen
235 ui ü. d. M. Der Boden besteht in den bessern
Weinlagen des Elsasses sowohl aus Nrerdarten,
wie aus Sandstein-, Kalk- und Thonbildungen,
während in Lothringen die Juraformation über-
wiegt. Die Vogesen bieten den Rebenanpstanznngen
im Elsaß vielfach wesentlichen Schutz gegen un-
günstige Witterung; in Lothringen fehlt eine höhere
Gebirgskette. Fast zwei Drittel aller Gemeinden
besitzen Weinberge; im engern Sinne weinbau-
treibend können 160 (57 im Oderelsaß, 70 im
Unterelsaß, 33 in Lothringen) bezeichnet werden,
in deren Gemarkung zwischen 50 und 597 Ka. Wein-
berge liegen. Im Elsaß wird zum weitaus größten
Teil Weißwein, in Lothringen fast ausschließlich
Rotwein gebaut. Die elsäss. Weißweine sind kräftig
und alkoholreich, zur Ausfuhr und für das Lager
sehr geeignet. In erster Reihe stehen Reichenweier,
Rappoltsweiler, Thann, Gebweiler, Kaysersberg,
Türtheim im Oberclsaß,Wolrheim und Heiligenstein
(bei Varr) im Unterelsaß. Die lothr. Rotweine (vor
allen Scy und im Seillethal Chatean-Salins, Vic,
Salival) sind kräftig und angenehm, fnr die Aus-
fuhr nicht geeignet. Der Weinverbranch im Lande be-
trägt durchschnittlich im Jahre 94 1 auf den Kopf.
Nur reichliche Weinlesen vermögen den einheimi-
schen Verbrauch zu decken; im Durchschnitt fehlen
jährlich 30000 Kl. Die Einfuhr an Traubenwein
betrug (1893/94) 201089 Kl, die Ausfuhr 203 924 kl,
darunter ausländischer und verzollter Wein 9275 Kl;
die Erträgnisse der Weinsteuer (einschließlich Obst-
wein) bezifferten sich auf 1132697 M. Seit 1870
wird die (^chaumweinbereitung, namentlich von
sranz. Häusern, in größerm Maße betrieben.
Fischzucht. Die Gewässer liefern Aale, Hechte,
Karpfen, Aalraupen, Barsche, Barben, Schleien,
Forellen u. s. w., der Rhem auch Salme und Lachs-
forellen. Die kaiferl. Fischzuchtanstalt Hüningen
ls. d.), eine Musteranstalt dieser Art, trägt wesent-
lich zur Hebung der einheimischen Fischzucht bei,
deren Pflege auch der elfäss. Fischercivcrein dient.
Forstwirtschaft. E. gehört zu den meist-
bewaldeten Ländern des Deutschen Reichs. Die
Vogesen sind vorzugsweise Waldgebirge. In der
Nheinebene liegen zwei bedeutendere Waloflächen:
die Hardt (s. d.) bei Colmar, zwischen III und
Rhein, und der Hagenauer Forst bei Hagenau(s.d.).
Lothringen steht bezüglich der Waldungen hinter
dem Elsaß zurück. Von den zerstreuten Beständen
liegen bemerkenswerte Waldbezirke zwischen Dieuze
und dem Saarthal einerseits und Chäteau-Salms
andererseits, im N. von St. Avold, im SO. des
Kantons Sierck und auf den Höhen hinter Ars an
der Mosel. Auf Hochwald (vorzugsweise im Was-
gau) entfallen 58, auf Mittelwald (in Lothringen
zwei Drittel aller Waldungen) 34, auf Niederwald
8 vom Hundert des reichsländischen Gesamtwald-
bestandcs (1893: 442998 ka), der zu 68,9 Proz.
aus Laubholz, zu 31,i Proz. aus Nadelholz (im
Hochwald überwiegend) besteht. 30,6 Proz. sind
Staats-, 45,4 Proz. Gemeinde- und Stiftnngs-
forsten, die gleichfalls der staatlichen Verwaltung
unterstehen, 3,7 Proz. dem Staat und den Ge-
meinden als ungeteilter Besitz zugehörige und
20,3 Proz. Privatwaldungen. Die Staatsforsten
und in geringerm Grade die Gemeinde- und Stif-
tungsforsten bestehen vorherrschend aus Hochwald,
die Privatforsten aus Niederwald. Die Leitung
des gesamten Forstwesens steht dem Bezirkspräsi-
denten zu. Jeder Bezirk besitzt einen Oberforst-
meister, das ganze Neichsland 12 Forstaufsickts-
bezirke mit zusammen 63 Oberförstereien. Der
Reinertrag der Staatswaldungen und des auf den
Staat entfallenden Anteils an den ungeteilten
Waldungen belief sich für das I. 1890/91 auf
2949286 M.
Die Jagd ist nicht ausgiebig, hat sich aber durch
eingreifend wirkende Maßregeln und Gesetze ge-
hoben. Sie bietet Rot-, Dam-, Reh- und Schwarz-
wild, Hasen, Kaninchen und an Federwild: Auer-
hähne, Fasanen, Hasel- und Nebhühner, Wildenten,
Schnepfen. 1890/91 wurden erlegt: 911 Wild-
sauen, 8 Wölfe (in Lothringen), 2520 Füchse,
164 Wildkatzen.
Bevölkerung. Die Gesamtbevölkerung betrug
1885:1564355 (771269 männl., 793086 weibl.) E.,
1890:1603506 (805986 männl., 797520 weibl.) E.,
darunter 67 354 Militärpersonen, d. i. 110 E. auf
1 hkm; das Reichsland nimmt demnach bezüg-
lich der Dichtigkeit unter den 26 Staaten des Deut-
schen Reichs die elfte Stelle ein. Die Zunahme
(1885 - 90) beträgt 39151 Personen ^ 2,50 Proz.,
wovon etwa 0,94 Proz. auf die Civilbevölkerung
kommen. Von der Bevölkerung entfallen 621505
auf den Bezirk Unterelsaß, 471609 auf den Bezirk
Oberelsaß, 510 392 auf den Bezirk Lothringen. Auf
100 männl. E. (einschließlich der Militärpersonen)
kamen (1890) im Durchschnitt 99 weibliche; von der
Bevölkerung waren 60,99 Proz. ledig, 32,24Proz. ver-
beiratet, 6,^.6 Proz. verwitwet, 0,11 Proz. geschieden.
Von den Geburten (1892: 49104, darunter 1638
Totgeborene) waren 8,3" Proz. unehelich. Nach
der Zählung von 1890 stellt sich bei Berücksichtigung
des Überschusses der Geburten über die Sterbe-
fälle der gefamte Ausfall an Civilbevölkerung seit