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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Englische Verfassung

den zuerst versehen wurden, dem Privy Seal) betraut. Sein Titel war ursprünglich King’s Clerk (königl. Schreiber), aber bereits zur Zeit Heinrichs Ⅲ. findet sich die Bezeichnung King’s Secretary. Unter Heinrich Ⅷ. finden sich zwei solche Sekretäre; von dieser Zeit an wird es auch zur Gewohnheit, daß wenigstens einer von ihnen Mitglied des Privy Council ist. Unter Elisabeth findet sich zuerst die Bezeichnung Principal Secretary of Estate als Titel Sir Robert Cecils (s. Salisbury). Die Bedeutung des Amtes wächst namentlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh., während der die Behandlung der auswärtigen Angelegenheiten, die einen Hauptzweig der Thätigkeit der Staatssekretäre bildete, besonders schwierig war. Damals wurden sämtliche Geschäfte von den beiden Sekretären besorgt. Erst seit 1782 ist die Verwaltung der innern von der Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten getrennt. Heute giebt es fünf Staatssekretäre, die verschiedene Ressorts haben und im gewöhnlichen Sprachgebrauch nach diesen bezeichnet werden, als Home Secretary (für die innere Verwaltung), Foreign Secretary (für die auswärtigen Angelegenheiten), Colonial Secretary (für die Kolonien), Secretary for India (für Indien) und Secretary for War (für die Verwaltung der Heeresangelegenheiten). Der offizielle Titel eines jeden von ihnen ist aber One of Her Majesty’s principal Secretaries of State. Der Übergang von einem Ressort zum andern wird nicht als Antritt eines neuen Amtes angesehen, weshalb auch ein Mitglied des House of Commons, der z. B. die Stellung des Colonial Secretary mit der Stellung des Home Secretary vertauscht, seinen Sitz im Parlamente nicht verliert. Der Flotte stand früher der Lord High Admiral vor. Ein solcher wird bereits 1385 ernannt, aber erst seit 1405 wird der Posten regelmäßig besetzt; 1632 wird zum erstenmal eine Kommission zur Besetzung des Amtes ernannt. Nach der Wiedereinsetzung der Stuarts wird der Herzog von York zum Lord High Admiral ernannt, muß aber 1684 infolge der Testakte (s. d.) das Amt aufgeben, das er später als König (s. Jakob Ⅱ.) wieder übernimmt. Auch Prinz Georg von Dänemark (der Gemahl der Königin Anna) war Lord High Admiral, aber seitdem wurde das Amt, mit Ausnahme der kurzen Zeit, in der es 1827 der Herzog von Clarence (der spätere König Wilhelm Ⅳ.) bekleidete, ständig in ähnlicher Weise wie das Amt des Lord High Treasurer von einer Kommission verwaltet, deren erstes Mitglied, der First Lord of the Admiralty, stets Privy Councillor und Mitglied des Kabinetts ist. Im Gegensatz zu den Lords der Treasury, die nicht als Kollegium zusammentreten, bilden die Mitglieder der Admiralty eine beratende Körperschaft, die als solche alle neuen Maßregeln begutachtet. Ein der neuern Zeit angehörender Beamter ist der Präsident der Handelsbehörde. Nachdem bereits unter Cromwell eine Kommission für Handel und Schiffahrt ernannt worden war, wurde 1660 von Karl Ⅱ. ein Council of Trade eingesetzt, der später mit dem Council of Foreign Plantations vereinigt und 1782 auf Grund eines Antrags von Burke beseitigt wurde. 1686 wurde eine Abteilung des Privy Council gebildet, die Committee of Council for Trade genannt, später aber zu einer getrennten Behörde als Board of Trade umgestaltet wurde. Der Form nach ist der Board of Trade noch immer eine Abteilung des Privy Council, die bei Gelegenheit des Regierungsantritts jedes neuen Souveräns gebildet wird, und zu der außer dem Präsidenten der erste Lord of Treasury, der Chancellor of the Exchequer, die Staatssekretäre, der Sprecher des Hauses der Gemeinen und der Erzbischof von Canterbury gehören. Thatsächlich aber besteht dieses sog. Kollegium nur aus einer Person, nämlich dem Präsidenten. Eine andere Abteilung des Privy Council ist das 1853 begründete Committee of Council of Education, das mit der Überwachung des Schulwesens betraut ist. Diese Abteilung tritt aber thatsächlich als Kollegium zusammen und berät über principielle Fragen, die laufenden Geschäfte werden von den Vicepräsidenten besorgt; Präsident ist der President of the Privy Council. Neugebildete Behörden sind ferner der Local Government Board, die Behörde, die Gesundheit und Armenwesen überwacht und die Kreis- und städtische Verwaltung beaufsichtigt, und die Behörde des Sekretärs für Schottland, ferner der Board of Agriculture (Ackerbauministerium).

β. Die Gerichtshöfe. Es ist bereits erwähnt worden, daß der königl. Rat (Curia Regis) zur Zeit der normann. Könige neben seinen andern Befugnissen auch die eines höchsten Gerichtshofs hatte. Dieser Gerichtshof stand über und neben den Gerichtshöfen in den Provinzen (County Courts, Hundred Courts u. s. w.). Er diente als höchste Berufungsinstanz und war ausschließlich zuständig in Sachen, bei denen das Interesse des Königs in Frage kam, ebenso bei den Streitigkeiten der großen Grundherren, die der Gerichtsbarkeit der Grafschaftsgerichte nicht unterstanden. Er wußte ferner einzuschreiten, wenn das gewohnheitsrechtliche, streng formelle Verfahren der Gerichte auf dem Lande den besondern Umständen eines Rechtsfalls nicht angepaßt werden konnte, indem er den Prozeß in einem solchen Falle an sich heranzog. Je mehr sich die Thätigkeit dieses Gerichtshofs entwickelte, desto notwendiger wurde es, seine Geschäfte besondern Mitgliedern des Rats anzuvertrauen. Wahrscheinlich waren dies ursprünglich dieselben Personen, die als Vorsteher der Finanzverwaltung (Exchequer) den Titel Barons of the Exchequer und als solche auch Gerichtsbarkeit in Steuerfragen hatten. Heinrich Ⅱ., dessen zielbewußte Politik es war, die unter seinem Vorgänger zu stark angewachsene Macht der Grundherren zu schwächen und die Centralmacht zu heben, wandte seine Aufmerksamkeit mit besonderer Vorliebe auf die Gerichtsorganisation. Das Wort Curia Regis nahm unter seiner Regierung den engern Sinn eines Gerichtshofs an, dem berufsmäßige Richter vorstanden, sodaß nunmehr zwei Gerichtshöfe bestehen: der Court of Exchequer und die Curia Regis. In letzterm Gerichtshof wurden, wie bereits erwähnt, sowohl Angelegenheiten der Krone (Placita Coronae) als auch allgemeine Angelegenheiten (Communia Placita gleich Common Pleas) verhandelt. Der Gerichtshof war noch immer das Gericht des Königs, und wenn der König auch nicht an den Sitzungen teilnahm, so folgte der Gerichtshof ihm doch auf seinen Reisen durch das Land. Dadurch entstand der Mißstand, dem Artikel 17 der Magna Charta begegnet, indem er vorschreibt, daß in der Folge die allgemeinen Angelegenheiten an einem bestimmten Orte verhandelt werden sollen. Infolgedessen sondert sich ein zweiter Gerichtshof von der Curia Regis ab, der Court of Common Pleas. Zur Zeit Eduards Ⅰ. hat sich die Sonderung der drei Gerichtshöfe vollendet. Die Courts of King’s Bench, Com-^[folgende Seite]