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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ergänzungssteuer - Ergotin

(s. d.) und Hilfsrichter (s. d.) im Sinne der Reichsjustizgesetze (§§. 301, 30ii). (S. auch Schöffengericht und Schwurgericht.)

Ergänzungssteuer, eine Steuer, welche zur Ergänzung eines einzelnen Steuerzweigs oder des gesamten Systems in das bestehende Steuersystem eingefügt wird oder, vom rein finanziellen Standpunkte des Staatshaushalts aus betrachtet, einen Ausfall in den bisher veranschlagten Staatseinnahmen decken und ergänzen soll. Durch das preuß. Gesetz vom 14. Juli 1893 ist für den Verzicht des Staates auf die Ertragssteuern durch die Überweisung derselben an die Gemeinden nicht nur zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts im Staatshaushalt, sondern auch zur bessern Erfassung des fundierten Vermögens eine E. als reine Vermögenssteuer eingeführt worden. Steuerpflichtig sind alle physischen Personen nach dem Werte ihres preuß. Grundbesitzes und des in land- und forstwirtschaftlichen, bergbaulichen oder (stehenden) gewerblichen Unternehmungen in Preußen verwendeten Anlage- oder Betriebskapitals. Der Besteuerung unterliegt, unter Ausnahme des Mobiliars, alles bewegliche und unbewegliche Vermögen nach Abzug der Schulden. Zur E. werden nicht herangezogen: Personen, deren steuerbares Vermögen den Wert von 6000 M., und solche, deren steuerpflichtiges Einkommen den Betrag von 900 M. nicht übersteigt, sofern das Vermögen nicht mehr als 20 000 M. beträgt; weitergehende Erleichterungen werden Witwen, Waisen und Erwerbsunfähigen gewährt. Die E. beträgt durchschnittlich ein halb vom Tausend der steuerbaren Vermögen bis zur Höhe von 60 000 M.; von da ab tritt eine Steigerung des Steuerfußes ein. Die Veranlagung erfolgt auf Grund einer Vermögensanzeige in Verbindung mit der Einkommensteuerveranlagung für eine Periode von 3 (das erste Mal 1) Steuerjahren. Vermögensvermehrungen oder -Verluste während dieser Periode werden besonders berücksichtigt. Die E. tritt 1. Jan. 1895 in Kraft. Ihr Ertrag ist auf 35 Mill. M. veranschlagt. - Vgl. die Kommentare zu dem preuß. Ergänzungssteuergesetz von Höinghaus (Bcrl. 1893) und Gauß (ebd. 1894).

Ergänzungstruppen, s. Ersatztruppen.

Ergänzungsurteil, im deutschen Civilprozeß eine nachträgliche Entscheidung, durch welche das erlassene Urteil mit Bezug darauf ergänzt wird, daß ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Thatbestande von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder daß der Kostenpunkt bei der Entscheidung ganz oder teilweise übergangen ist. Das E. darf nur auf Antrag einer Partei, nicht von Amts wegen erlassen werden. Der Antrag ist binnen einer einwöchigen mit der Urteilszustellung beginnenden Frist zu stellen, und zwar durch Zustellung eines Schriftsatzes, welcher den Ergänzungsantrag und die Ladung des Gegners zur mündlichen Verhandlung enthalten muß. Die mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreite zum Gegenstande. Aufgehoben sind die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen eine Nebenforderung als aberkannt gilt, wenn über dieselbe nicht entschieden ist. Besondere Fälle nachträglicher Urteilsergänzung sind da vorgesehen, wo ein in der Berufungsinstanz oder im Urkundenprozeß ergangenes Urteil einen Vorbehalt wegen vorläufig zurückgewiesener Verteidigungsmittel nicht enthält, oder wo es übersehen ist, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären. (Vgl. Civilprozeßordn. §§. 292, 478, 502, 562, 654.)

Erga schedam (lat.), gegen Erlaubnisschein.

Ergasterium (grch. Ergasterĭon), Werkstätte, Arbeits- oder Zuchthaus; auch soviel wie Kloster, als eine Werkstätte geistlicher Übungen und körperlicher Arbeiten.

Ergastik (grch.), Thätigkeitslehre: ergastisch, thätig, zur Arbeit gehörig.

Ergastiria, griech. Stadt, s. Laurion.

Ergastirionbahn, s. Bergwerksbahnen.

Ergastulum (lat.), im alten Rom das Gefängnis, worin Sklaven, auch zuweilen Schuldner zu harter Arbeit angehalten wurden; jetzt Bezeichnung des Arbeitsortes im pharmaceutischen Ofen.

Ergeben, sich, von dem Widerstande gegen den Feind ablassen und sich seinem Willen unterwerfen. Eine Truppe kann sich ergeben auf schriftlichen oder mündlichen Vertrag (nach vorausgegangenen Verhandlungen) oder ohne jede Bedingung auf Gnade und Ungnade. Als Zeichen der beabsichtigten Ergebung dient das Aufpflanzen weißer Flaggen, als Zeichen der thatsächlichen Ergebung das Niederlegen (Strecken) der Gewehre.

Ergene oder Erkeneh, im Altertum Argines, Fluß im türk. Wilajet Adrianopel, kommt vom Istrandschagebirge in westl. Richtung herab, durchfließt eine fruchtbare Thalebene und vereinigt sich mit der Maritza kurz oberhalb deren Mündung. An ihren Ufern wurden 1371 die Serben von den Türken geschlagen.

Ergeni, Höhenzug im russ. Gouvernement Astrachan, s. Jergeni.

Ergent, Fluß in Albanien, s. Devol.

Ergeri, türk. Stadt, s. Argyró-Kastró.

Ergo (lat.), folglich, also; E. bibāmus ("Also laßt uns trinken!"), Titel eines Goetheschen Trinkliedes, welches anfängt: "Hier sind wir versammelt zu löblichem Thun". Das Wort wird zuerst von dem Dante-Erklärer Francesco da Buti erwähnt, als von dem Papst Martin IV. gebraucht.

Ergolz (Ergoltz), linker Nebenfluß des Rheins im schweiz. Kanton Basel-Land, entsteht aus mehrern Quellflüssen im Jura, am Fuße der Schafmatt, bildet bei Liestal einen Wasserfall und mündet bei Augst.

Ergone, Fluß, s. Argun.

Ergostat (grch.), ein von Gärtner angegebener Apparat zur therapeutischen Verwendung der Muskelarbeit, vermittelst dessen die Kranken in rationeller Weise abmeßbare Mengen von Arbeit, je nach ihrem Kräftezustande, verrichten können. Die Arbeit besteht darin, daß der Kranke mit beiden Händen an einer Kurbel dreht, deren Länge so gewählt ist, daß er sich bei jeder Umdrehung ziemlich tief bücken muß. Dabei kann durch einen eigentümlichen Bremsapparat die bei jeder Umdrehung der Kurbel zu leistende Arbeit beliebig verändert werden; die geleistete Arbeit, in Kilogrammmetern ausgedrückt, sowie die Zahl der gemachten Kurbeldrehungen, lassen sich direkt von dem Apparat ablesen und gestatten so eine ganz genaue Dosierung der zu leistenden Muskelarbeit. Der E. hat sich bei allen jenen Leiden, bei denen Muskelarbeit als Heilmittel angewandt wird (Fettleibigkeit, Gicht, Oxalurie, funktionelle Nervenstörungen u. s. w.), als ein nützlicher Heilapparat bewährt.

Ergotin (Ergotīnum) oder Ergotinīn, ein von Wiggers entdeckter, aber nicht rein dargestellter, wirksamer Bestandteil des Mutterkorns, über dessen Eigenschaften und Zusammensetzung