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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Europa (Religion)

der Kutzo-Wlachen (Zinzaren) im Pindusgebirge, in Thessalien, Epirus und im nördl. Griechenland; das Rhäto-Romanische oder Ladinische in einem Teil von Graubünden im Engadin, im südl. Tirol, in der ital. Provinz Udine (Friaul) und der österr. Grafschaft Görz und Gradisca.

2) Der germanische Stamm (s. Germanen) nimmt Deutschland, Skandinavien und Britannien ein. Am unvermischtesten haben sich die Skandinavier gehalten, während die Engländer sich mit der kelt. Urbevölkerung Britanniens, die Deutschen mit den im Rhein- und Donaugebiet einheimischen Keltoromanen und den Slawen östlich der Saale und Elbe gemischt haben. Romanisiert worden sind die got. Völker, die im 5. Jahrh. das westl. Mittelmeer beherrschten. Die Skandinavier, welche in Schweden, Gotländer, Norweger, Isländer, Dänen und Jüten zerfallen, haben sich in den letzten zwei Jahrtausenden allmählich über das nördl. Skandinavien verbreitet, hier finn.-lappische Stämme teils vertreibend, teils germanisierend. Island ist von Norwegen aus 874 besiedelt worden. Die Angelsachsen (s. d.) haben von Schleswig-Holstein und Jütland aus im 5. und 6. Jahrh. England erobert. Die Friesen (s. d.) und Deutschen (s. Deutsches Volk und Deutsche Sprache) haben den Kelten West- und Süddeutschland und seit dem 12. und 13. Jahrh. den Slawen Nordostdeutschland abgewonnen. Über die sprachliche Gliederung s. Deutsche Mundarten.

3) Die slawisch-baltischen Völker zerfallen in zwei Gruppen: a. Baltische Stämme; zu ihnen gehören die ausgestorbenen Preußen (Altpreußen, s. Litauische Sprache) im heutigen Ost- und Westpreußen; die Litauer in Ostpreußen und dem angrenzenden westl. Rußland; die Letten in Kurland und Livland. - b. Die slawischen Völker zerfallen in Westslawen (Czechen mit Mährern und Slowaken; Polen, zu denen im weitern Sinne auch die Kassuben und in Norddeutschland ehemals zwischen Elbe und Oder ansässigen sog. Polaben [s. d.] zu rechnen sind); Sorben (Wenden der Ober- und Niederlausitz); Russen (Groß- und Kleinrussen); Südslawen (Bulgaren, Serben und Kroaten, Slowenen).

4) Die Kelten (s. d.) erscheinen in der ältesten histor. Zeit E.s über die Alpen und ganz Gallien verbreitet, von wo sich ihr Bereich über die brit. Inseln, das heutige Süddeutschland und über die Pyrenäen bis in das mittlere und westl. Spanien ausbreitete, während sich später Abzweigungen nach Italien, Thrazien und Kleinasien (Galater) finden. Volk und Sprache sind noch in drei Gegenden vorhanden: in Wales (das Walisische oder Wälsche oder eigentliche Kymrische), in der Bretagne (das Bas-Breton oder das Armorikanische), in Irland und Hochschottland (das Irische in Irland, in Hochschottland das Gälische oder Ersische, und das Manx auf der Insel Man).

5) Die Griechen oder Hellenen bewohnen fast den ganzen griech. Staat nebst Kreta, Teilen von Epirus, einen Teil Macedoniens und des südöstl. Thraziens.

6) Die Albanesen (Arnauten) oder Schkipetaren, die direkten Nachkommen der alten Illyrier, wohnen in Albanien, Griechenland, Italien und Osterreich (s. Albanesen sowie Albanesische Sprache und Litteratur).

7) Die Basken, welche sich selbst Euscaldunac nennen, sind der einzige Rest der Ureinwohner E.s, der seine alte Sprache noch bewahrt hat. Sie sind die Nachkommen des iber. Volksstammes, der einst über die ganze Pyrenäen-Halbinsel und über den Südwesten Frankreichs bis über die Garonne hinaus verbreitet gewesen ist. (S. Basken und Baskische Sprache.)

B. Völker der mongolischen Rasse.

8) Die ugro-finnischen Völker. Sie sind in alter Zeit durch Einwanderer von Osten nach Norden gedrängt worden (s. Finnen).

9) Die türkischen Völker. Sie stammen aus den Steppen Hochasiens und sind seit den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung zu verschiedenen Zeiten in das östliche E. eingewandert. Zu ihnen gehören a. die Osmanen oder ottomanischen Türken, durch Vermischung mit Griechen und Slawen sowie mit cirkassischen Sklavinnen veredelt und dem europ. Typus sehr angenähert; b. die Tataren der Krim, ein Gemisch aus Kumanen, Osmanen und Nogaiern; c. die Wolga-Tataren in den russ. Gouvernements: Astrachan, Saratow, Samara, Pensa, Simbirsk, Kasan, Orenburg, Ufa, Wjatka, Nishnij-Nowgorod und vereinzelt in Perm und einigen mittlern Gouvernements (Kassimowsche Tataren); d. die Baschkiren; e. die Tschuwaschen; dieselben sind nur sprachlich zu den Türken zu rechnen, sie sind wahrscheinlich ursprünglich Ugrier (Bulgaren?), hauptsächlich in den russ. Gouvernements Ufa und Orenburg.

Eine annähernd genaue Schätzung nimmt für E. an auf Grund der Zahlen von 1880: 94355000 Slawen, von denen 65270000 Russen und Ruthenen, 11580000 Polen, 7220000 Czechen, Mähren und Slowaken, 130000 Wenden, 6030000 Serben und Kroaten, 2865000 Bulgaren und 1260000 Slowenen; 98948000 Romanen und zwar 40280000 Franzosen mit den Wallonen, 29570000 Italiener, 20810000 Spanier und Portugiesen, 8240000 Rumänen, 48000 Rhätoromanen (Ladiner); endlich 105130000 Germanen, von denen 63205000 Deutsche mit den Holländern und Vlämen, 32980000 Engländer, 8945000 Skandinavier. Es bleiben noch die überall zerstreuten Juden zu erwähnen, in größerer Menge lebend in Rußland, Polen, dem nordöstl. Deutschland, Galizien, Ungarn und Rumänien; die aus Asien seit dem 12. Jahrh. (nach der Zerstörung der Stadt Ani) zahlreich eingewanderten Armenier, welche in Galizien und Siebenbürgen größere Kolonien bilden und dann in allen bedeutendern Handelsstädten des östlichen E.s als Kaufleute, Wechsler u. s. w. angesiedelt sind; die Zigeuner, aus Ostindien stammend, und die im Nordosten E.s auf den Tundren nomadisierenden Samojeden, die eigentlich nach Asien gehören. (Hierzu: Ethnographische Karte von Europa.)

Religion. Der ethnogr. Dreiteilung schließt sich auch eine kirchliche an, indem dem romanischen E. das römisch-katholische, dem germanischen das protestantische und dem slawischen das griechisch-katholische entspricht; aber eine etwas genauere Betrachtung stört diesen Zusammenfall mehrfach und giebt für die Westgrenze der Verbreitung der griech.-kath. Kirche eine ungefähre Linie an: vom Golf von Cattaro zu der mittlern Save, dem mittlern Dnjestr, der untern Düna, dem Peipussee, Saïmasee bis zum Weißen Meer. Östlich von dieser Linie herrscht die griech.-kath. Kirche mit Ausnahme des eingedrängten Mohammedanismus im Süden vor; westlich von ihr kann man als Scheide zwischen