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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fachsystem - Fachvereine
Einzelartikeln behandelt sind: Blecharbciterschule, >
Brauerschulen, Buchdruckerschulen, Droguistenfach-
schulen, Eisenbahnschulen, Färberei- und Appretur- !
schulen, Fischerschulen, Friseur- und Barbierschulen, !
Gerberschulen, Gewehrindustrieschulen, Glasin- !
dustrieschulen, Goldschmiedschulen, Heizerschulen,
Holzindustrieschulen,Hufbeschlaglehranstalten,Klöp-
pel-, Stick- und Schlingschulen, Keramische ^chu- z
len, Korb- und Strohflechtschulen, Kunstschlosser- !
schulen, Kunsttischlerschulen, Kupferschunedeschulen, !
Lackiererschulen, Lokomotivsührerschulen, Marmor- !
Industrieschulen, Musikinstrumentenbausckulen,Ma- !
schinenstickersckulen, Malerschulen, Müllerschulen, !
Nähschulen, Photographieschulen, Posamentier- !
schulen, Quincaillerieschulen, Schissahrtsschulen,
Schneiderschulen, Seifensiederschulen, Spielwaren-
industrieschulen, Spinnschulen, Uhrmacherschulcn, !
Web- und Wirkschulen, Zeichenschulen, Zucker- !
industrieschulen. Für Frauenarbeiten bestehen an ^
einzelnen der genannten F. Mädchenabteilungen '
sowie besondere Frauenarbeitsschulen (s. d.). !
In Österreich werden alle gewerblichen Schulen, ^
die sich auf Abend- und Sonntagsunterricht be- ^
schränken, als gewerbliche Fortbildungsschulen, alle !
andern gewerblichen Lehranstalten mittlerer und ^
niederer Stufe als F. in engerm Sinne bezeichnet. ^
Die österreichischen F. mittlerer Stufe werden in ^
höhere und Wertmeifterfachfchulen eingeteilt und die '
Vereinigung solcher Lehranstalten als Gewerbeschule
bezeichnet (f. Staat^gewerbeschulen). !
Wenn nlan von einigen ältern Fachschulgrün-
dungen, die sich nicht erhalten haben, absiebt, so
dürfte das Königreich wachsen dasjenige Land sein, ^
welches nicht blos am ehesten F. besessen, sondern !
auch dieselben bis in die neueste Zeit herein in vor-
züglichstem Maße gefördert hat. An der kräftigen
Entwickelung so vieler Industrien in Sachsen sind
jedenfalls die F. in hervorragender Weise mit
thätig gewesen; auch der Umstand, daß mehrere von ^
deutschen Gesamtkorporationen erhaltene und un- ,
terftützte F. nach Sachsen verlegt worden sind (so ^
z. B. die Uhrmacher-, Müller-, Drechsler-, Gerber-,
Seifensieder-, Blecharbeitersckule), spricht dafür, daß
man allgemein die fä'chs. Verhältnisse für die Ent-
wicklung von F. als sehr günstig ansah. Ebenso
baben aber auch die Negierungen von Württemberg
und Baden dem Fachschulwesen sorgsame und er-
folgreiche Pflege zugewendet. Zögernd und in ver- ^
hältnismäßig geringem Umfange ist Preußen hierin ^
vorgegangen; die innerhalb des "Vereins zur Be-
förderung des Gewerbfleißes in Preußen" anfangs
der achtziger Jahre niedergesetzte Fachschulkommis-
sion, in der Dr. Grothe einen sebr ausfübrlichen
Bericht erstattete, hat nicht unmittelbare Erfolge z
aufzuweisen gehabt. Osterreich, welches mit einem !
Schlage und mit mächtigem Anlauf zur Hebung ^
seiner Gewerbe und seiner Industrien mit Fachfcbul- !
gründungen Ende der siebziger Jahre vorging, ,
kann sich eines reichen Erfolges erfreuen. Frant
reich, England und die Vereinigten Staaten von
Amerika haben ihr Fachschulwesen verschiedcuttichen
Reorganisationen unterworfen und sind ebenfalls
vorwärts gegangen.
Unsere deutschen Technischen Hochschulen ent-
stammen dem Anfange dieses Jahrhunderts (Prag
1806, Wien 1815/Berlin 1820, Dresden 1828
u. s. w.). Nachdem dieselben aus kleinen Anfängen
beraus sich entwickelt hatten, traten an deren Stelle
als mittlere technische oder höhere gewerbliche Schu-
len die Gewerbeschulen und Höhern Gewerbeschulen
(in Preußen 1830, in Bayern 1833, in Sachsen 1836
u. s. w.). Die Werkmeisterschule zu Chemnitz, die
älteste ihrer Art, wurde gegründet 1855. Als Vor-
läufer der speciellen F. könnte man die Schulen der
Brüder des gemeinsamen Lebens (Ende des 15.
Jahrh.) ansehen. Als wirkliche F. dürften die fchon
1755 in Österreich existierenden Spinnschulen für
Handspinnerei erwähnt werden, welche infolge der
Mafchinenspinnerei aber wieder eingingen. Alle
übrigen F. entstammen erst dem 19. Jahrh.; so sind
die ältesten ihrer Art gegründet worden: Spitzen-
tlöppelschulen 1814, Webschulen 1830, Strohflecht-
schulen 1836 u. s. w. Die Mehrzahl aber aller spe-
ciellen F. entstammt erst den siebziger und achtziger
Jahren dieses Jahrhunderts.
Litteratnr. Dumreicher, Über die Aufgaben
der Unterrichtspolitik im Industriestaate Öster-
reich (Wien 1881); Schmoller, Das untere und
mittlere gewerbliche Unterrichtswesen in Preußen
l"Jahrbücher für Gesetzgebung", Bd. 5, 1881);
Grothe, Die technischen F. in Europa und Amerika
(in den "Verhandlungen des Vereins zur Beför-
derung des Gewerbefleißes", Verl. 1882); Lüders,
Denkschriften über die Entwicklung der gewerblichen
F. und der Fortbildungsschulen in Preußen wäh-
rend der I. 1879 bis 1890 (ebd. 1891); Statistik
des Unterrichts- und Erziehungswesens im Kö-
nigreich Württemberg auf das Schuljahr 1890/91
(Stuttg. 1892); Zweiter Bericht über die gesamten
Unterrichts- und Erziehungsanstalten im Königreich
Sachsen (Dresd. 1890).
Fachsystem, im Unterrichtswesen die Einrich-
tung, daß die Schüler nach ihren Kenntnissen in den
einzelnen Lehrobjekten in besondere Lektionsklassen
verteilt sind, im Gegensatz zu dem Klassensystem,
nach welchem jeder Schüler für alle Unterrichts-
gegenstände nach den Gesamtfortfchritten derselben
Klasse angehört. Das Fach- oder Lektionssystem, wel-
ches, ursprünglich in den Iesuitenschulen gebräuch-
lich, unter dem Namen des Parallelsystems sich
von den Franckeschen Stiftungen aus über eine
Reihe deutscher Gymnasien eine Zeit lang ansgebrei-
tet hatte und namentlich auch von den Philanthro-
pen gepflegt wurde, bietet den Vorteil dar, daß bei
ihm allein eine genaue Klassifikation der Schüler
mit Rücksicht auf ihre Anlagen sür besondere Lehr-
fächer und aus den Grad ihrer Kenntnis in jedem
einzelnen möglich ist; es hat aber den großen
Nachteil, daß bei ihm das Ineinandergreifen aller
Lebrobjette und damit der erziehende Einfluß des
Unterrichts wesentlich vermindert wird. Aus den
deutscheu Schulen ist es längst vollständig wie-
z der verschwunden; aus den preuh. Gymnasien
! wurde es 1816 durch die allgemeine Unterrichts-
verfassung entfernt.
! Der Ausdruck F. wird auch für Fachlehrer-
, system gebraucht. Unter diesem ist diejenige Ein-
richtung zu verstehen, wonach die verschiedenen
Uuterrichtsgegenstände verschiedenen Lehrern und
! zwar Fachmännern anvertraut sind. Ihm steht das
! Klassenlehrersystem entgegen, wonach auf jeder
Unterrichtsstufe oder in jeder Gesamtklasse der ganze
Unterricht, oder dock der größte Teil desselben,
einem einzigen Lehrer übertragen ist. Während das
letztere System für die niedern Stufen des Unter-
richts ausreicht, ist das Fachlehrersystem in einem
gewissen Maße für die höhern Stnfen unentbehrlich,
ssachvereine, s. Gewerkvereine.