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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fadengebilde

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Fadengebilde'

dem Nähzwirn, dem Strickgarn, der Cordonetseide, den Schnüren, Bindfäden, Seilen und Tauen; als ein Sonderfall des Verzwirnens kann das Umspinnen oder Plattieren eines Kernfadens mit einem Deckfaden angesehen werden, das die Gimpe oder die plattierte Schnur liefert.

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Figur: 2

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Figur: 1

Das wechselnde Verschränken einer Fadenreihe und einer Fadenfolge (oder einer Folge von Fadenlagen) führt zu den Geweben (Fig. 1), das gesetzmäßig durchgeführte Verschränken von zwei Fadenfolgen zu dem flachen (Fig. 2) oder runden (schlauchartigen) Geflecht; der Zusammenhalt der verschränkten Fäden, ihr Widerstand gegen das Herausgleiten ist hier die Folge der wellenförmigen Gestaltung, welche anzunehmen die Fäden sich gegenseitig zwingen, und der hierdurch hervorgerufenen Biegungselasticität, die an allen Kreuzungsstellen eine gewisse Reibung veranlaßt; diese Reibung wird um so größer, je dichter die Fäden aneinander gedrückt werden. Wird bei den Geweben die Fadenreihe auf einer Cylinderfläche angeordnet und die Fadenfolge durch einen Faden ersetzt, der in schraubenlinigen Windungen auf derselben Cylinderfläche verläuft, oder bilden bei den Geflechten die beiden Fadenfolgen sich kreuzende Schraubenlinien, so entsteht das schlauchartige Hohlgewebe oder Hohlgeflecht. Läßt man die wechselnde Verschränkung der Fäden nach andern Gesetzen, als in Fig. 1 u. 2 angenommen wurde, erfolgen, verwendet man z. B. Köperbindung statt Leinwandbindung, so tritt

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Figur: 3

eine andere Verteilung der zu den beiden Fadensystemen verwendeten Materialien auf den beiden Seiten des Erzeugnisses ein, auch wird die Zahl der auf eine gewisse Fläche kommenden Verschränkungen und damit die Art des Anfühlens, die Weichheit, der Griff, geändert.

Läßt man bei einer Fadenreihe die Verzwirnung in der Weise durchführen, daß jeder Faden abwechselnd mit seinem Nachbar zur Rechten und zur Linken vereinigt wird, so entsteht eine Ware (Kettengaze, Mechlinet, Drehergeflecht, Fig.3), bei welcher die Unverschieblichkeit der Fäden auch schon dann gut gesichert ist, wenn die Fäden größere Zwischenräume (rhombische Zellen) umschließen; denn bei der schraubenlinigen Berührung der Fädenpaare an den Vereinigungsstellen tritt die gleitende Reibung, die sich bei einer Verschiebung eines Fadens gegen den andern einstellt, in Form der Umfangsreibung auf, die mit der Länge der berührten Linien sehr rasch anwächst.

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Figur: 5

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Figur: 4

Wendet man das Mittel der Verzwirnung in solcher Art an, daß eine Fadenfolge mit zwei Fadenreihen vereinigt werden, so entsteht die nach der ↔ kleinasiat. Stadt Gaza genannte Gaze (Dreher, Fig. 4), ein durchsichtiges F., das, vorzugsweise in Rohseide hergestellt, sowohl technischen als auch künstlerischen Zwecken dient; seine Herstellung ist noch auf dem gewöhnlichen Webstuhl möglich, wenn nur an Stelle des gewöhnlichen Geschirrs eine abgeänderte Fachbildungsvorrichtung eingefügt wird, welche die regelmäßige Verzwirnung der paarweise angeordneten Kettenfäden nach dem Eintragen jedes Schußfadens bewirkt. Der Drehungssinn der aufeinander folgenden Verzwirnungen ist hier abwechselnd rechts und links. Eine gleichsinnige Verzwirnung liegt jedoch vor bei dem Spitzengrund oder Bobbinnet (Fig. 5), in welchem mittels besonderer ganz selbstthätiger Maschinen (Zwirnwebmaschinen) eine Fadenreihe und zwei schrägverlaufende Fadenfolgen unter Anwendung gleichsinniger Verzwirnung vereinigt sind, dergestalt, daß bei gleichmäßiger Anspannung der Ware nach den beiden Hauptrichtungen ein klares durchsichtiges F. mit sechseckiger Zellenform zu stande kommt, einer Form, die sich als sehr bestandfähig erweist (s. Bobbinnet). (Anmerkung des Editors: Seite fehlt im Brockhaus. )

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Figur: 7

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Figur: 6

Eine bemerkenswerte Stellung unter den F. nehmen die Wirkwaren (Fig. 6, 7) ein, bei denen auf dem Wege des Strickens, Hakelns, Wirkens eine Fadenfolge (Fig. 6) oder eine Fadenreihe (Fig. 7) durch Schleifenbildung und Verschlingung der entstandenen Maschen vereinigt wird; diese Maschen, die sich gegenseitig stützen, vertragen eine erhebliche

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 517.