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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fernrohr

stabes nm bewirkt. Cassegrain ersetzte bei seinem Spiegelfernrohr das Hohlspiegelchen V durch ein konvexes Spiegelchen.

^[Abbildung:]Fig. 4.

Weil bei Gregorys F. der mittlere, also der beste Teil des Hohlspiegels durchbrochen wird, so suchte Newton diesen Übelstand zu vermeiden, indem er 1668 sein katoptrisches F. (Fig. 5), wie folgt, konstruierte: Am hintern Ende eines vorn offenen Rohrs befindet sich ein metallener Hohlspiegel ss, der von einem entfernten Gegenstand ein verkehrtes und verkleinertes Bild a erzeugen würde. Bevor die Strahlen sich zu diesem Bild vereinigen, werden sie von einem gegen die Rohrachse unter 45° geneigten ebenen Spiegel p seitwärts geworfen, wo sie sich zu dem Bilde b vereinigen, das mittels des Okulars o vergrößert gesehen wird.

^[Abbildung:]Fig. 5.

Die riesigen katoptrischen F. von Herschel (1789) und Rosse (1843) waren front view, d. i. so gebaut, daß der Beobachter vorn in das Rohr sah, mithin dem zu beobachtenden Objekt den Rücken zukehrte. Diese Anwendung hatte den Vorteil, daß ein zweites, lichtraubendes Spiegelchen (wie sie die obigen Spiegelfernrohre besaßen) entfiel, mithin das Instrument lichtkräftigere Bilder lieferte. Damit jedoch andererseits der Kopf des Beobachters dem Instrument nicht zu viel Lichtstrahlen entziehe, ist jedes derartige F., z. B. das Herschelsche Spiegelfernrohr (Fig. 6), derart eingerichtet, daß der Hohlspiegel etwas gegen die Rohrachse geneigt aufgestellt wird, wodurch das wirkliche Bild a an den untern Rand des Rohrs fällt und hier durch das Okular o vergrößert wird. Hier kann es wahrgenommen werden, ohne daß der Kopf des Beobachters den Lichtzufluß nachteilig hemmt. Eine solche Anordnung ist jedoch nur bei Hohlspiegeln mit großen Durchmessern möglich. Auf die eben genannten drei Typen der katoptrischen F. (Fig. 4, 5, 6) lassen sich auch die Spiegelfernrohre der Neuzeit zurückführen. Während die Spiegelfernrohre vor den Linsenfernrohren den Vorteil vollständiger Achromasie voraus haben, stehen sie denselben in Bezug auf die Lichtstärke weit nach. Als Material für die Spiegel benutzt man der leichtern Bearbeitung wegen Metall; der Lichtverlust infolge mangelhafter Reflexion an solchen Metallspiegeln beträgt etwa 60 Proz., während beim Durchgang durch Glaslinsen nur etwa 25 Proz. des auf das Objektiv fallenden Lichtes verloren gehen. Um also mit Reflektoren gleiche Lichtstärke wie mit Refraktoren zu erzielen, muß man bei den erstern die Öffnung weit größer machen als bei letztern, wodurch sie unhandlich werden. Dies ist auch der Grund, warum Herschel sein Riesenteleskop nur selten benutzte. Auch erblinden die Metallspiegel rasch durch den Einfluß der Atmosphäre und müssen daher öfters aufpoliert werden. Dazu kommt noch, daß die großen Spiegel infolge ihrer enormen Schwere nicht in allen Lagen des F. die Vollkommenheit ihrer Gestalt bewahren, sondern vielfach sich verbiegen und dann entsprechend verzerrte Bilder geben. Trotz aller Vorsichtsmaßregeln, die man dagegen anwendet (Hebelvorrichtungen und Luftkissen), läßt sich dieser Übelstand bei großen Spiegelfernrohren nicht ganz vermeiden und beeinträchtigt deren Brauchbarkeit erheblich. Mit gutem Erfolge haben Steinheil (1856) und Foucault (1858) Objektive aus zweckmäßig geformten versilberten Glasspiegeln hergestellt. Für kleinere Spiegel hat sich auch die 1876 von Fritsch und J.^[Joseph (dt. Wikipedia: Josef)] Forster erfundene und von ihnen als Brachy-Teleskop (vgl. Klein, Das Brachy-Teleskop, Wien 1882, mit einer Geschichte des Spiegelfernrohrs überhaupt) bezeichnete Form der Spiegelteleskope bewährt. Die Frage, ob Spiegel- oder Linsenfernrohre vorzüglicher sind, läßt sich nicht allgemein beantworten, eine jede der beiden Formen hat ihre Licht- und ihre Schattenseiten und eine Art Wettstreit, bald sich mehr zu Gunsten der einen, bald mehr zu der der andern neigend, hat von jeher stattgefunden. Die weiteste Verbreitung und ausgedehnteste Anwendung haben jedenfalls die Refraktoren gefunden, während der Gebrauch der Reflektoren im wesentlichen auf England beschränkt geblieben ist. Nachstehend sind in Centimetern die Öffnungen der größten, auch jetzt noch in Gebrauch befindlichen Reflektoren angegeben:

Parsonstown (Lord Rosse) 183

Ealing (Mr. Common) 153

Melbourne 122

Paris 122

Das Herschelsche Riesenteleskop und das in Malta aufgestellt gewesene Spiegelteleskop von Lasell, beide mit Spiegeln von 122 cm Öffnung, existieren nicht mehr.

^[Abbildung:]Fig. 6.

Um die größern F. zu astron. Zwecken bequem benutzen zu können, hat man ihnen eine Parallaktische Aufstellung (s. d.) gegeben, die es gestattet, dieselben mit Leichtigkeit nach allen Punkten des Himmels zu richten. Ist das zu beobachtende Gestirn einmal im F. eingestellt, so kann es dann mit Hilfe eines Uhrwerks, welches das F. genau