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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Feuerlöschwesen

1890 fanden 590 Brände statt, die einen Schaden von 879000 Rubel verursachten.

Die Konstantinopeler Feuerwehr wurde, nachdem 1870 bei dem großen Brand von Pera 6000 Häuser zerstört worden waren, unter dem Sultan Abo ul-Asis von ihrem jetzigen Kommandanten, dem ungar. Grafen Szechenni (früher Kommandant der Pester Feuerwehr) nach europ. Muster militärisch organisiert und kann jetzt einen Vergleich mit den Löschkorps anderer europ. Großstädte aushalten. Das Feuerwehrregiment unter Kommando von Szechenni-Pascha besteht gegenwärtig aus 4 Bataillonen mit 2 Obersten, 1 Oberstlieutenant und 2 Majoren an der Spitze und (seit 1889) aus einem Marinebataillon mit 1 Konteradmiral, 1 Oberstlieutenant und 2 Majoren; es versieht neben dem Löschdienst außerdem gemeinschaftlich mit der Polizei den Patrouillendienst in der Stadt. Neben diesen militärisch organisierten Korps bestehen noch die alte 4000 Mann starke Feuerwehr, die sog. Tulumbadschis, 800 Wasserträger, sowie die Mannschaft von 2 Signaltürmen, die den Ausbruch eines Brandes ausrufen. Am kleinasiat. Ufer befindet sich außerdem eine vollständige Batterie, die bei Ausbruch eines Brandes 7 Schüsse abgiebt.

In Nordamerika bilden die Berufs- und die freiwilligen Feuerwehren jedes Staates einen Unterverband, die sämtlichen Unterverbände den "National-Nordamerikanischen Feuerwehr-Verband". Jeder Unterverband hat seinen "Ausschuß", aus jedem dieser Ausschüsse wird ein Mitglied in den "National-Ausschuß" gewählt. Behufs Förderung des F. werden neben Ausschußsitzungen auch Delegiertentage abgehalten. Das Feuerwehrwesen führt in Städten mit Berufsfeuerwehr die Bezeichnung "Fire Department". Neben den Berufsfeuerwehren bestehen auch freiwillige Feuerwehren, in Mittel- und kleinern Städten meist nur freiwillige Feuerwehren. Der Chef des Gesamtfeuerwehrwesens und Kommandant einer großen Berufsfeuerwehr in einer Stadt führt den Titel "Fire Marshal" (Branddirektor), der einer freiwilligen Feuerwehr "Captain". In größern Städten bestehen die Berufsfeuerwehren aus dem Fire Marshal, dem zur beständigen Inspektion 2 Inspektoren oder Assistenten untergestellt sind; diesen folgen 5-7 Brandmeister, je 24-30 Kapitäns, Lieutenants, Maschinisten und Kutscher, verschiedene Sekretäre, die gleichzeitig Telegraphisten sind, sowie Oberfeuerwehrmänner, Leiter- und Feuerwehrmänner. Die Diensteinteilung in den großen Städten ist folgende: 20-30 Dampfspritzenstationen sind in der Stadt verteilt. Jede Dampffpritzenstation ist besetzt mit je 1 Kapitän, Lieutenant, Telegraphisten, Maschinisten und Kutscher, 4-6 Pompiers und 2-4 Pferden sowie einer Dampfspritze mit Schlauchwagn. Neben diesen bestehen ebenso viele Leitercompagnien, zusammengesetzt aus je 1 Kapitän, Lieutenant, Sekretär und Kutscher, 7-10 Steigern (Retter), 2 Pferden, 1 Gerätewagen mit Leitern, einer mechan. Leiter sowie Seilen, Rettungs- und Selbstrettungsapparaten. Behufs schneller Unterdrückung von Bränden befinden sich in allen Straßen sog. Extincteurstationen mit je 1 Kapitän, Lieutenant und Telegraphisten, 3-4 Pompiers, 2 Pferden und 1 leichten Kabriolett mit Ertincteuren (s. Feuerspritze). Mit diesen Extincteuren werden erfahrungsgemäß von 100 Bränden 50 gelöscht, ehe sie zum wirklichen Ausbruch kommen. Die freiwillige Feuerwehr ist in Nordamerika sehr stark vertreten; der Staat Neuyork zählt die wenigsten freiwilligen Feuerwehrkorps (Ende 1891: 385). Die freiwilligen Feuerwehren zergliedern sich wie die deutschen in Spritzen-, Handspritzen-, Schlauch-, Feuerpolizei- und Schutzabteilungen; die meisten besitzen Dampfspritzen, welche in der Station geheizt stets zum Ausrücken bereit stehen. In vielen nordamerik. Städten unterhalten die Versicherungsgesellschaften die Feuerwehren auf ihre eigenen Kosten. Die vereinigten Versicherungsgesellschaften unterhalten ferner eine größere Anzahl, in Compagnien eingeteilte Patrouillemannschaften, deren Hauptaufgabe es ist, bei Feuersbrünsten Waren und Mobilien mit wasserdichten Decken zu belegen und sie vor dem Ruin durch eindringendes Löschwasser zu schützen.

Die Feuerwehr von Neuyork ist eine Berufsfeuerwehr; sie zählt (1894) 1084 Mann, und zwar 1 Feuermarschall, 3 stellvertretende sog. Chefs, 12 Bataillonschefs, 1068 Feuerwehrmänner, mit Ausschluß von über 300 nicht uniformierten Hilfsmannschaften, ferner 368 Pferde, 90 Dampfspritzen, 3 Feuerboote (Dampfspritzendampfer), 3 Wassertürme, 37 Haken- und Leiterwagen in 37 Depots. Der Telegraph umfaßt 1950 km Leitung mit 1213 Feuermeldern. Nur 16 Sekunden Zeit sind erforderlich vom ersten Alarmzeichen bis zur Abfahrt der bespannten ersten Fahrzeuge. Die jährlichen Kosten betragen (1892) 2148000 Doll. Die Neuyorker Feuerwehr wurde alarmiert 1887: 2929, 1888: 3422, 1889: 3039, 1890: 3700 mal. Die Gesamtbrandschäden betrugen 1889 bei 2836 Bränden 4142777, 1890 bei 3463 Bränden 466963 Doll.

Die Feuerwehr von Chicago zählt (1893) 1 Feuermarschall, 3 Assistenten, 1 Feuerinspektor, 14 Bataillonschefs, 90 Kapitäne, 105 Lieutenants, 160 Maschinisten und Heizer, 576 Feuerwehrmänner, zusammen 950 aktive Feuerwehrmänner; 448 Pferde, 73 Dampfspritzen, 4 Feuerboote, 26 chem. Spritzen (Extincteure), 69 gewöhnliche Extincteure, 31 tragbare Handpumpen, 24 Haken- und Leiterwägen und 1 Wasserturm. Die Kosten betragen (1893) 1460000 Doll. Das Feueralarm-Telegraphensystem ist derart eingerichtet, daß in kürzester Zeit bei Erfordernis nach jedem beliebigen Stadtteil 10 -12 Dampfspritzenzüge herangezogen werden können. Die Wasserleitung, welche ihr Wasser aus dem Michigansee entnimmt, kann zur Bekämpfung von Bränden ungeheure Wassermengen abgeben; mittels großer Pumpstationen derselben werden täglich 150 Mill. Gallonen (56850010 cbm) reines Wasser bis in die höchsten Stockwerke aller Stadtteile gefördert. Die Chicagoer Feuerwehr wurde (1889) 3880mal alarmiert; der Gesamtverlust durch Brände betrug 22257471 Doll. bei einer Gesamtversicherungssumme von 11351633 Doll.; und zwar für Immobilienverlust 512528 Doll.; versichert mit 5323189 Doll.; für Mobilien 1738943 Doll., versichert mit 6028444 Doll. Die vereinigten Versicherungsgesellschaften unterhalten hier auf ihre Kosten das Patrouillenwesen, welches über 3 auf 3 Stationen verteilte Compagnien verfügt.

Litteratur. Ottomar Fiedler, Geschichte der deutschen Feuerlösch- und Rettungsanstalten (Berl. 1873); C. P.T. Joung, Fires, fire engines and fire brigades (Lond. 1877); Döhring, Handbuch des Feuerlösch- und Rettungswesens (nebst Ergänzungsband, Berl. 1881); Weigand, Handbuch für die sächs. Feuerwehren (Chem. 1888); Handbuch