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Feuerversicherung
Außer den einheimischen Anstalten arbeiteten
nun in Deutschland auch gleichzeitig zahlreiche
Vertretungen großer ausländischer, namentlich
engl. Gesellschaften, und die dadurch stetig wach-
sende Konkurrenz half sowohl die Benutzung der
Versicherung an und für sich verallgemeinern als
die Prämien auf das denkbar niedrigste Masi herab-
drücken; indirekt trug sie dazu bei, das Feuerlösch-
und Rettungswesen bis zu der heutigen Vervoll-
kommnung zu entwickeln (s. Feuerlöschwesen), sowie
die Feuersicherheit in baulicher und specialtecknischer
Hinsicht bedeutend zu erhöhen, auch den Brand-
bettel und die sog. Spekulations- oder Industrie-
brände wenigstens relativ zu verringern. Zu letz-
tern geben bisweilen die an sich schon strafbaren
Doppel- und Überversicherungen Anlaß, d. h. Schutz
eines Objekts bei mehrern Anstalten gleichzeitig oder
Deklaration zu höherm als dem wirklicken Werte,
beides in gewinnsüchtiger Absicht ausgeführt oder
wenigstens versucht.
Die Grundlage der aus einem Feuerversicherungs-
vertrage sich ergebenden Rechte und Pflickten
sind die aus jeder Police ersichtlichen "Allgemeinen
Versicherungsbedingungen" und die etwaigen beson-
dern Klauseln. Erstere regeln das Verhalten des
Versicherten bei Stellung des Antrages (Deklaration
des schutzsuchenden Gegenstandes) während der
Dauer der Versicherung und im Brandfalle, die ver-
schiedenartige Behandlung des Schadens bei Ge-
bäuden und Mobilien, das Verfahren beim Schaden-
ersatz, bei Präjudiz fällen, Regreßansprüchen und
Streitigkeiten, bezeichnen auch die von der Ver-
sicherung überhaupt ausgeschlossenen oder nur unter
Vorbehalt in Deckung zu nehmenden Gegenstände.
Die Klauseln aber verpflichten den Versicherten je
nach der Natur des Risikos (Landwirtschaft, Waren-
lager, Industrie u. s. w.) zu besondern Vorsichts-
maßregeln, die der Brandgefahr vorbeugen oder
ihre Wahrscheinlichkeit herabmindern sollen, oder
sie bezwecken nur die Beschränkung des Schadens
auf einen möglichst geringen Teil der versicherten
Gegenstände, sowie die Vereinfachung und Erleich-
terung der Schadenregulierung (Liquidation) in:
Brand^alle, oft die Klärung des ganzen Vertrags-
verhältnisses selber. Die Entschädigung für Brand-
verlust muß verweigert werden, wenn, was sich meist
erst im Vrandfalle ergiebt, die Versicherung wegen
unrichtiger oder absichtlich falscher Deklaration beim
Antrage auf falfchen Voraussetzungen beruht, man-
gels rechtzeitiger Prämienzahlung nickt zu Recht be-
steht, der Versicherte selbst etwa der Brandstiftung
verdächtig oder schuldig befunden wird oder die von
ihm eingegangenen Verpflichtungen zu möglichstem
Schutze vor Schadenfeuer versäumt hat. Als recht
und billig gilt allgemein der Gebrauch, besonders
gefährdete Gegenstände, z. B. Warenlager, Diemen
auf freiem Felde u. s. w., nur dann in Deckung zu
nehmen, wenn der Besitzer auch sein besseres Eigen-
tum, namentlich Vieh und Mobiliar, bei derselben
Anstalt versichert hat. Diese weniger gefährdeten
Gegenstände sind naturgemäß auch niedriger prä-
miiert als jene gefährlichern.
Zur Bemessung der entsprechenden Prämie giebt
der Tarif wenigstens einen Anhalt; in außergewöhn-
lichen Fällen ist besondere Vereinbarung geboten.
Die Prämiensätze schwanken von ^4 oder ^ bis zu
etwa 10 Promille und mehr. Bei allen Anstalten,
die Gebäude versichern, kann sich der Hypothek-
gläubiger durch einen besondern Sicherungs schein
seine Rechte an den abgebrannten Schuldner schützen
lassen. Wenn auf versicherte Gebäude.hypothek-
schulden oder andere Realverpflichtungen eingetra-
gen und bei der Anstalt angemeldet sind, so wird
die Entschädigung nur behufs der Wiederherstellung
und nachdem letztere gesichert worden, bezahlt, die
sämtlichen Hypothek- oder Rcalgläubiger müßten
denn in die unbedingte Auszahlung willigen oder
selbst zur Empfangnahme berechtigt sein. Geht aber
der Entschädigungsanspruch des Versicherten durch
seine Schuld verloren, so verwendet die Gesellschaft
die Entschädigung, soweit nötig, zur Befriedigung der
erwähnten Gläubiger gegen Abtretung ihrer Rechte.
Die Gesetzgebung hat bisher nicht überall für die
Sicherstellung der Hypothekgläubiger im Falle eines
Brandes gesorgt. Für das Gemeine und das franz.
Recht ist es streitig, ob sich der Hypothekgläubiger
direkt und unmittelbar an die Forderung des Eigen-
tümers aus der Versicherung von Gegenständen
halten kann, welche dem Gläubiger kraft der Hypo-
thek haften, - also auch dann, wenn er nicht selbst
diese Gegenstände versichert oder dem Versiche-
rungsvertrage des Eigentümers durch ein mit der
Versicherungsgesellschaft getroffenes Abkommen bei-
getreten ist. In Bayern, Württemberg und Baden
wird die Frage verneint. Dagegen haften nach dem
preuß. Gesetz über den Eigentumserwerb von 1872,
§. 30 dem Hypothekgläubiger die dem Eigentümer
zufallenden Vcrsicherungsgelder für Früchte, beweg-
liches Zubehör und abgebrannte oder durch Brand
beschädigte Gebäude, wenn diese Gelder nicht sta-
tutenmäßig zur Wiederherstellung der Gebäude ver-
wendet werden müssen oder verwendet worden sind.
Doch muß sich der Gläubiger, wenn er von diesem
Rechte Gebrauch machen will, rühren, im Falle des
Brandes Beschlagnahme der Vrandentschädigung
beantragen. Ähnliche Bestimmungen wie in dem
preuh. Gesetze finden sich in den diesem nachgebil-
deten Gesetzen von Oldenburg, Braunschweig und
Coburg-Gotha, in dem Anhalt. Pfandgesetze, den
Gesetzen für Elsaß-Lothringen vom 4. Juli 1881,
für den Bezirk des Oberlandesgerichts Köln vom
17. Mai 1884, in den mecklenb. Verordnungen von
1879. In Hamburg treten die Versicherungsgelder,
welche für ein abgebranntes Gebäude gezahlt wer-
den, an die Stelle des Gebäudes. Nach den Pfand-
gesetzen für Hessen, Weimar und Rudolstadt kann
der Gläubiger, wenn die Wiederherstellung eines
durch Brand zerstörten oder beschädigten Gebäudes
unterbleibt, die Zwangsversteigerung mit dem An-
spruch auf die Brandversicherung verlangen. Für
das Königreich Sachsen wird aus dem Gesetz,
dasImmobiliarbrandversicherungswesenbetreffend,
vom 23. Aug. 1862, §. 92 gefolgert, daß die zum
Wiederaufbau abgebrannter Gebäude bestimmten
Versicherungsgelder als Zubehör des Grundstücks
anzusehen sind. Der Deutsche Entwurf hat in §. 1067
vorgeschlagen: Kraft der Hypothek haften dem Gläu-
biger die Forderungen des Eigentümers oder des
Besitzers des Grundstücks aus der Versicherung von
Gegenständen, welche dem Gläubiger kraft der
Hypothek haften.
Besondere Bestimmungen, die die Sicherung des
Hypothekgläubigers betreffen, sind in den landes-
herrlich genehmigten Feuersocietätsreglements der
öffentlichen Korporationen getroffen. Die pri-
vaten Versicherungsgesellschaften übernehmen mit-
tels des oben erwähnten Sicherungsscheins noch
die Verpflichtung, unveränderte Fortsetzung der