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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Filzfabrikation
mäßig durcheinander geworfen (gefacht) werden. '
Nach der in dieser Weise erfolgten Zurichtung bildet ^
der Arbeiter aus dem für "einen Hut bestimmten
Material zwei lose dreieckige Lagen mit gebauchten
Seiten, welche durch vorsichtiges Drücken mit der
Hand so weit zusammengefilzt werden, das; sie sich,
ohne zu zerreißen, ausheben lassen. Nach weiterer
Versilzung werden zwei Seiten mit der Hand zu
einem sog. Stumpen verbunden, der seiner Gestalt
nach eine grofte kegelförmige Mütze bildet. Die
Stumpen werden nun mit der Hand gewalkt, wo-
dci sie häufig in die Walkbeize getaucht werden, bis
sie auf etwa ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe
zusannnengeschrunipft sind. Zur Beseitigung der
vorstehenden Stichelhaare wird der Stumpen zuerst !
mit einer steifen Bürste und heißer Lauge, dann ^
mit Bimsstein bearbeitet: schließlich wird derselbe '
noch mit einem stumpfen Messer, das sich in die
vorstehenden Haare einhakt und dieselben heraus-
reißt, rasiert. Der fertig gefilzte Stumpen wird,
um in die Hutsorm gebracht zu werden, über einen
Block gezogen, wobei man seine Spitze durch Strecken,
Drücken und Bürsten verbreitert; hierauf wird der
Nand über dem Block abgebunden und auf ähnliche
Weise gestreckt. Der gewalkte und geformte Hut!
wird gefärbt, geglänzt, mit Schellack oder Leim ge- ^
steift und zugerichtet, wodurch er seine vollendete!
Form erhält. Schließlich wird der Nano abgeschnit-
ten , eingefaßt und der Hut innen gefüttert. i
Bei der Filzhutfabrikation mittels Maschinen
müssen Pelzhaare und Wolle gesondert verarbeitet ^
werden, da den verschiedenen Eigenschaften des
Materials entsprechend verschiedene Arbeitsmaschi-
nen zur Wirlung gelangen. Sollen Haarhüte her-
gestellt werden, so besteht das Rohmaterial in
Deutschland meist aus Hasen- und Kaninchen-(La-
pin-) Fellen, welche getrocknet in den Handel kom-
men. Die Felle werden mit einer Mischung von
Salpetersäure und Quecksilber gebeizt. Hierauf
solgt das Neinigen der Vließe mittels der Fcllbürst-
maschine, in welcher sie der Wirkung einer schnell
rotierenden Vürstenwalze ausgesetzt werden. Die
nächstfolgende Arbeit ist das Abschneiden oder Ab-
scheren der Haare, welches gleichfalls durch eine
mechan. Vorrichtung bewirkt wird. Indes läßt cs
sich hierbei nicht vermeiden, daß viele grobe Haare
und andere Verunreinigungen zwischen den guten
Haaren bleiben. lim dieselben zu entfernen sowie
auch um die einzelnen Haare regelmäßig unterein-
ander zu werfen, kommen die abgeschnittenen Pelz-
haare zunächst in eine geeignete Maschine.
Diese Maschine (Haarblase- und Misch-
maschine genannt) besteht aus einer Anzahl Kam-
mern, vor deren Eingängen je eine sehr schnell ro-
tierende Vürstenwalze liegt, von welcher die zu-
gesührten Haare ausgekämmt und zugleich sortiert
werden. Die groben Haare u. s. w. fallen auf ein
unter die Bürs'lenwatze gestelltes schräges Schüttel-
sieb, auf welchem eine weitere Ausscheidung des
Abgangs stattfindet, während die feinern Haare
durch den entstandenen Luftstrom in den obern Teil
dcr Kammer geblasen werden, um nach und nach
auf einem endlosen Transportband an dieVürsten-
walzc der nächsten Kammer geführt zu werden.
In den einzelnen Kammern werden die Haare ge-
reinigt und gemischt und kommen aus der letzten
Kammer regelmäßig durcheinander geworfen in
Form eines losen kontinuierlichen Bandes heraus.
Zum Vermengen der einzelnen Haarsorten mitein-
ander dienen noch verschiedene Mischmaschinen,
welche jedoch keine Unreinigkeiten mehr auszuschei-
den haben. Die erhaltene lockere und wollartige
Haarmasse kommt alsdann in Partiell abgewogen,
welche zur Herstellung je eines Hutes genügen, in
den Stumpen so rmcr. Derselbe ist gleichfalls
eine Blas- und Echleudermaschine, und es werden
lner die Haare ebenso wie in der vorbeschriebenen
Blas- und Mischmaschine auf einem endlosen Trans-
portband einer rotierenden Aürstenwalze zugeführt,
die sie durch einen Kasten mit vertikalem Auslaß-
spalt auf die Hutstumpenform wirft. Die Form be-
steht aus einer großen, siebartig durchlöcherten
Glocke, welche auch aus Drahtgewebe hergestellt sein
kann und an deren Außenfläche die anfliegenden
Haare durch Absaugen der Luft aus der Form an-
gezogen werden. Die Form dreht sich um ihre ver-
!ikale Achse auf einem Unterfatz, der das Saugge-
bläse enthält. Damit die Haarschicht auf der Form
sich gleichmäßig bildet, reguliert ein Arbeiter die
Zuführung an dem vertikalen Auslaßspalt mittels
eines Schiebers. Nachdem das für einen Hut be-
stimmte Material auf die Form geblasenist, wird
die gebildete lockere Filzschicht auf derselben mit
einen: feuchten Tuch umhüllt, mit der Form abge-
nommen und in heißes, angesäuertes Wasser ge-
! taucht. Der Versilzungsprozeß wird hierdurch so-
weit eingeleitet, daß der zarte Filzstumpen, ohne zu
i zerreißen, abgehoben und weiter verarbeitet werden
kann. Die Stumpen werden alsdann mit der Hand,
^ in der Negel zu einem halben Dutzend zusammen,
in einem Stück groben Zeugs so lange gerollt, bis
sie die erforderliche Festigkeit erhalten haben, um in
den Filzmaschinen bearbeitet werden zu können.
^ Von den Filzmaschinen sind zwei verschiedene
^ Klassen in Anwendung, nämlich Walzenmaschinen
^ und Walk- oder Filzmühlen. Bei den Walzen-
maschinen wird die Verfilzung durch Nollen
der in ein Tuch eingeschlagenen Hutstumpen zwi-
schen vielseitigen Walzen bewirkt. In zahlreichen
! Fabriken wird der Versilzungsprozeß derart durch-
^ geführt, daß der Druck der Walzen mit der zu-
nehmenden Dichtigkeit des Filzes vermehrt und
^ der Hutstumpen nach und nach eingefilzt wird.
! In den Walt- oder Filz Mühlen besteht der
! wirksame Teil aus einem Fallhammcr, welcher
! an einem Brett und zwischen zwei Klemmwalzen
nach jedem Fall wieder gehoben wird. Das Walk-
bett ist unten durchlöchert, um Dampf einlassen zu
! können, und verstellbar, um uach und nach die
! Stnmpen stärker gegen den Pendelhammer drücken
zn können.
Nach dem Walken werden die Stumpen in den
Faltenglätter gebracht und etwas ausgezogen.
, Diese Maschine besteht aus zwei Paar Walzen,
^ von denen die obern etwas schneller als die
untern laufen, so daß eine gelinde Streckung der
Stumpen erfolgt. Bei allen diesen Verfilzungs-
arbeitcn werden die Stumpen mit heißen: Wasser
feucht gehalten. Da das gute Aussehen eines Filz-
^ Huts wesentlich von dcr^ gleichmäßigen Struktur
seiner Oberfläche abhängt, müssen alle vorstehenden
gröbern und steifern Haare entfernt werden, und
zwar gefchieht dies auf mechan. Wege mittels einer
i Schermaschine. Der Hutstumpen wird auf eine
Kcgelform aufgeschoben und langsam unter einem
^ geraden Schermesser durchgeführt, welches eine
schnelle kreisförmig schiebende Bewegung ausführt.
^ Um die gescherte Filzfläche noch mehr zu schlichten,