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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Finnen; Finnenkrankheit

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Finnen - Finnenkrankheit

Schrecke, der südwestliche die Schmücke heißt. Die zur Unstrut steil abfallende Schmücke bildet mit der Hainleite (s. d.) bei Sachsenburg einen Engpaß,die Thüringer Pforte oder Sachsenlücke. Die Schmücke erhebt sich im Kinselsberg zu 386 m und die Schrecke im Steiger zu 362 m Höhe, während der südöstl. Zug der F. noch eine Höhe von 333 m erreicht.

Finnen, in ihrer eigenen Sprache Suomalainen (Plur. Suomalaiset), in russ. Chroniken Tschudj (Tschuden) genannt, sind in engerer Bedeutung ein in der Nordwestecke des europ. Rußlands, in den Gouvernements Archangel, Olonez, St. Petersburg, strichweise auch Nowgorod und Twer ebenso wie auch im nördl. Norwegen, besonders aber in dem Großfürstentum Finland (s. d.) wohnendes Volk. In weiterer Bedeutung bezeichnen ältere Forscher mit dem Namen F. einen der vier Hauptzweige des sog. ural-altaischen Völker- und Sprachstammes. Dieser Stamm war früher und ist zum großen Teil noch gegenwärtig über das ganze nordwestl. Asien und Nordeuropa, in Europa auch weiter nach Süden hinab verbreitet und teilt sich nach den Forschungen Castréns in vier Zweige oder Völkerfamilien: die tungusische, türkische, samojedische und ugro-finnische oder uralisch-finnische. Die ugro-finnische Familie, die westlichste, bildet noch jetzt die Bevölkerung von Nordeuropa und dem nordwestl. Asien und nimmt selbst einen Teil von Skandinavien ein. Sie umfaßt wiederum vier besondere Völkergruppen: 1) die ugrischen F., zu denen die Ostjaken (in Asien), die Wogulen (in Asien) und die Magyaren gehören; 2) die bulgarischen oder wolgaischen F., aus den Tscheremissen und Mordwinen bestehend, den Überresten der sog. Wolga-Bulgaren; 3) die permischen F., durch die Permier, Syrjanen und Wotjaken gebildet; endlich 4) die Gruppe der baltischen F. Zu letzterer gehören die eigentlichen F., welche hauptsächlich in Finland wohnen und hier (1890) 2048000 Köpfe stark sind. Sie zerfallen wiederum in zwei Hauptstämme, die Tawaster (Hämäläiset) im südwestlichen, und die Karelier (Karjalaiset) im östl. Teile Finlands. Gegen 290000 Karelier wohnen in den angrenzenden russ. Gouvernements; als Zweige derselben sind auch die Ayrämöiset (29350), die Sawakot (42950) und die Ingern (17800) im russ. Gouvernement Petersburg zu betrachten; ferner die Esthen in Esthland und Livland sowie in den angrenzenden russ. Gouvernements Witebsk, Pskow und Petersburg, zusammen etwa 850000 Köpfe; die Tschuden (im engern Sinne) in den Gouvernements Olonez und Nowgorod (zusammen nur etwa 15600 Köpfe); die Woten im Gouvernement Petersburg (5150 Köpfe); der geringe Rest der Liven im nördl. Kurland (gegen 2100 Köpfe) und die Lappen im russ. Gouvernement Archangel (6000) und den nördl. Teilen Finlands (600), Schwedens (7000) und Norwegens (16000).

Der finn. Volksstamm kam, obgleich ein uraltes Volk, das in seinen Monumenten (Grabmälern im südl. Sibirien, Tschudenschürfen bei Jekaterinburg und Werchoturije, Tschudenhütten in der Tundra) sich vom Altai über den Ural bis zum Weißen Meere hinauf verfolgen läßt, erst spät in Verkehr und Berührung mit den histor. Völkern. Tacitus erwähnt die Fenni als ein Volk in Osteuropa. Über die frühesten Wohnsitze und Wanderungen des finn. Volksstammes können nur die Sprachwissenschaft und das Studium der Ortsnamen einiges Licht werfen. Danach scheinen die Gegenden im mittlern Rußland, wo noch die den F. zunächst verwandten Mordwinen ihre Wohnsitze haben, in alten Zeiten die Heimat der eigentlichen F. zu sein, von wo aus sie später das Großfürstentum Finland (ungefähr im 8. Jahrh.) und Esthland sowie zeitweise auch die Dwinamündungen kolonisierten.

Die F., hier und da vermischt mit Lappen, Schweden und Russen, sind von kräftigem Körperbau, mittlerer Statur, etwas eckiger, brachycephaler Schädelbildung und plattem Gesicht mit hervortretenden Backenknochen. Das in der Jugend hellblonde Haar geht später in ein Braun über. Der Bart ist dünn, die Augen meist dunkelgrau, die Gesichtsfarbe fahl, oft gelblich. Der tawastländische Typus zeigte diese Züge viel ausgeprägter als der schlankere und elegantere karelische. Bei dem eigentlichen F. zeigt sich viel Ehrlichkeit, Gastfreundschaft, Treue, Tapferkeit, Standhaftigkeit und Arbeitsamkeit, dagegen ist er verschlossen und schweigsam, wenig beweglich und unternehmend; er ist seinem Wesen nach mißtrauisch, ausdauernd in seiner Rachgier, aber doch jähzornig. Die Religiosität des Volks spricht sich kräftig aus, aber ein Hinneigen zum Aberglauben und Sektenwesen ist vielfach bemerkbar. An Geistesanlagen fehlt es den F. keineswegs, und insbesondere zeigen die baltischen F. eine starke Neigung zur Poesie sowohl epischer wie lyrischer Gattung. Die eigentlichen F. und auch die Esthen besitzen eine reiche und schöne Volkspoesie. (S. Finnische Sprache und Litteratur.)

Unter den Beiträgen zur Ethnographie des finn. Völkerstammes sind vor allem die Schriften von Sjögren (s. d.) und Castrén (s. d.), Erdmanns Beiträge zur Kenntnis des Innern von Rußland (2 Bde., Riga und Lpz. 1822-26) und J. H.^[oder : I. H. Richtig: F. H. - Ferdinand Heinrich] Müller, Der ugrische Volksstamm (2 Bde., Berl. 1837-39) hervorzuheben. Über die kraniologische Seite vgl. Retzius, Finska kranier (Stockb. 1878); Hällsten, Crânes des peuples finnois (Helsingfors); das kulturhistor. Moment betreffend: Ahlqvist, Die Kulturwörter der westfinn. Sprachen (ebd. 1874).

Finnenkrankheit, eine Krankheit der Haustiere, die durch Blasenwürmer, d. h. die Entwicklungsvorstufen gewisser Bandwurmarten hervorgerufen wird. Man versteht unter F. schlechtweg Krankheitszustände, die beim Rind und Schwein durch ganz besondere Blasenwürmer verursacht werden. Bei den Schweinen ist dieser der Zellgewebsblasenschwanz (Schweinefinne im engern Sinne, Cysticerus cellulosae, s. Bandwürmer, Fig. 3, im Text), die ungeschlechtliche Vorstufe des Einsiedlerbandwurms (Taenia solium) der Menschen; beim Rinde dagegen die sog. Rindsfinne (Cysticercus inermis), die Vorstufe des ebenfalls im Menschen schmarotzenden feisten Bandwurms (Taenia saginata). Die F. beim Schweine wurde früher auch Aussatz der Schweine genannt. Die Schweinefinne unterscheidet sich, bei schwacher Vergrößerung betrachtet, durch den Besitz eines Hakenkranzes von der unbewaffneten Rindsfinne. Die F. bei Schweinen und Rindern entwickelt sich, wenn Tiere dieser Gattung Gelegenheit gefunden haben, eine entsprechende Bandwurmbrut aufzunehmen, die mit menschlichem Kote auf Viehweiden oder in Tränkstellen gelangt war. Die Ausbildung und Entwicklung von Finnen in dem Muskelfleisch junger Schweine (s. umstehende Figur) und junger Rin-^[folgende Seite]