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Flachgräber - Flachs
einer ausreichenden Nerechnungsgrundlage. Trotz-
dem hat die Tabakflächensteuer in Preußen von 1828
an und im Deutschen Zollverein von 1868 an bis
1879 bestanden. In diesem Jahre wurde die Ge-
wichtssteuer (s. d.) eingeführt. Die Tabatflächen-
fteuc-r lommt seitdem nur noch als Ergänzungssteuer
für kleine Kulturflächen von weniger als 4 ^ in Be-
tracht und stellt sich gegenwärtig aus 4,5 Pf. für
1 l^m. Als Erhebungsform der Wein- und Grund-
steuer hat die F. zur Zeit keine Bedeutung mehr.
Flachgräber, diejenigen vorgeschichtlichen Grä-
ber, die sich nicht durch aufgeworfene Hügel oder
aufgetürmte Steinbauten über der Erdoberfläche
kenntlich machen, sondern unter dem flachen Erd-
boden ohne irgend ein jetzt erkennbares Merkmal
liegen. Ein scharfer Unterfchied wird jedoch wissen-
schaftlich jetzt nicht mehr zwischen F. und Hügel-
gräbern gemacht, da Erdhügel sehr oft im Laufe
der Jahrhunderte abgetragen oder verweht sein
können, und da man außerdem sehr häufig dieselben
Kulturüberreste in Hügelgräbern und in F. findet,
wenn sie derselben Gegend und derselben Zeit ange-
hören. Die F. enthalteil sowohl Leichenbestattung,
wie in der Steinzeit und meist in den Jahrhun-
derten nach den Völkerwanderungen, als auch Lei-
chenbrand, wie meist in der Bronzezeit, in der vor-
rom. Eisenzeit und der röm. Zeit und kommen somit
von den Anfängen menschlicher Kultur an bis in
die spätesten Zeiten vor. (S. auch Urgeschichte.)
Flachhuf, s. Platthuf.
Flachkeilverschluß, f. Gefchütz, Fig. 27.
Flachkultur, im Gegensatz zur Tiefkultur
eine Bearbeitung des Ackers durch Instrumente bis
zu einer Tiefe von nur 10 bis 15 cm.
Flachküste, f. Küste.
Flachland, s. Ebene.
Flachmalerei, s. Flachornament.
Flachmüllerei, s. Mehlfabrikation.
Flachornament, besonders in der dekorativen
Malerei (Flachmal er ei) auf ebenen Flächen an-
gewandte Verzierung, die gewöhnlich nur in eincr
Farbe und ohne Schattierung ausgeführt wird.
Mit dem F. soll nicht eine plastische und per-
spektivische Wirkung erzielt, sondern durch Schön-
heit der Linien und Harmonie der Zeicknung und
Farbe die Fläche belebt werden. Dadurch wird der
Künstler zu einer stilisierenden Umbildung der aus
der Natur entlehnten Formen und auf eine dem
Raum angepaßte Komposition von ineinander ver-
schlungenen Linien, Ranken und Ornamenten hin-
gewiesen. Schon die alten Orientalen, die das F.
in gewebten Stoffen und zur Ausschmückung irdener
oder bronzener Gesäße anwandten, leistetcnin dieser
Kunst Vortreffliches. In Europa wurde das F. unter
dem Einfluß der Mauren im 1<>. Jahrb. (nament-
lich bei Atzungen in Eifen und bei Intarsien), später
vorzugsweise im 18. Jahrh. fz. B. an Boulleardeiten,
s. d.) und endlich in neuerer Zeit, seit dem Wicder-
aufblühen des Kunstgewcrbes, besonders auch bei der
Verzierung von Fliesen (s.d.), stilgerecht verwertet.-
Vgl. H. Herdtle, Mustergültige Vorlagcblätter zum
Studium dos F. der ital. Renaissance. 30 Original-
aufnahmen (Stuttg. 1884-8<l); dcrs., Vorlagen
für das polychrome F. (Wien 1885) ; Lutbmc-r,
F. im Stile der deutschen Renaissance lKarlsr. 1887)'
Christiansen, Neue F. (25 Tafeln, Altona 1892)-,
Oettel, Forkel, Schauer und Venker, Formenschatz der
modernen Flächenverzierung (Serie 1^3, Planen
Flachrelief, f. Relief. ^1893-94).
Flachrennen (engl. üat rac68), diejenigen Ren-
nen, welche auf flacher Bahn gelaufen werden. Den
Gegensatz dazu bilden die Hindernisrennen (s. d.).
Durch die F. wird die Leistungsfähigkeit der Pferde
in Bezug auf Schnelligkeit bis zum äußersten ge-
trieben. Daher hält man sie für zweckentsprechender
als Hindernisrennen.
Flachring, eine Form des Ringankers, bei der
die das Feld erzeugenden Magnete beiderseits seit-
lich zum Ring angeordnet sind, dieser also eine Ring-
scheibe ist. Die hiermit zuerst von Schuckert ausge-
führte Mafchine heißt Flach ring-, Seitenpol-
oder Schuckert-Maschine. (^>. Dynamomaschi-
nen, Bd. 5, S. 652 a.)
Flachrinamaschine, s. Flachring.
Flachs, Bezeichnung für die von den Gefäßbün-
deln der Stengel von I^inum usitHtigZiinuin ^,.
(Flachs, Lein, s. I^iuuin) abgeschiedenen Bast-
fasern. Im Flachsbau unterscheidet man zwei
Spielarten: Klanglein und Dreschlein. Der Klang-
lein oder spring lein (I^innm crepitang), meist
zur SamenaMinnung angebaut, ist niedriger, der
^Stengel ästiger, die Samenkapseln springen zur
Zeit der Reife von selbst auf. Der Drescht ein oder
Schließ lein (I^iinnn vulgäre) hat höhern, wenig
ästigen Stengel, kleinere Blätter und Blüten, die
Samenkapseln bleiben geschlossen und müssen aus-
gedroschen werden. Letztere Art wird wegen ihrer
lä'ngern Fasern am meisten angebaut. Je nach der
Zeit dcr Aussaat unterscheidet man Frühflachs
oder Früh lein (Aussaat Ende März bis Anfang
Mai) und Spätflachs oder Spätlein (Aus-
faat im Juni). Ersterer besitzt einen bessern Bast
und leidet weniger durch den Fraß der Erd-
flöhe. Die Ernte erfolgt 12-13 Wochen nach der
Saat. Man wartet dabei die sog. Gelbreife ab,
d. b. den Zeitpunkt, wo der untere Stengel, gelb
wird und die Blätter anfangen abzufallen; der
<^ame ist dann noch nicht saatreif, kann aber schon
zum Ölpressen benutzt werden. Zur Erzeugung
einer zarten, langen Faser sät man dicht (3^ bis
4^ Iil auf 1 Ii^). Will man jedoch guten Samen
erzielen, fo muh dünn gefüt werden (bis zur Hälfte
der vorigen Menge), und die Stengel müssen bis
zur Samenreife stehen bleiben. Die Faser wird je-
doch in diesem Falle gröber und kürzer. Die Schä-
digungen durch Erdflöhe sucht man durch frühe Aus-
saat und überstreuen der Felder mit Ruß und Asche zu
bekämpfen. Das Ernten gefchieht durch Ausziehen
der Pflanzen samt der Wurzel (Raufen, Rupfen,
Ziehen). ^- über die weitere Behandlung des
F. zum Verspinnen s. Flachsspinnerei. ^ Unter ge-
wöhnlichen Verhältnissen liefert 1 II". Land 2300
-2800 KZ Flachs st roh (getrocknete Stengel ohne
Samenkapseln), bei guter Ernte jedoch bis 5000 kß
und mehr. Die Länge der Stengel beträgt ^^-1 m,
es gehen 4500-10000 auf 1 k^; 11ii Samen wiegt
etwa 60 k"-. Der Flachsbau erfordert einen kräf-
tigen oder doch durch entsprechende Düngung vor-
bereiteten Boden, vor allen Dingen jedoch ein feuch-
tes Klima, wie solches einerseits die Meeresküsten,
andererseits die nicht zu hoch gelegenen Gebirge der
gemäßigten Zone bieten. Großbritannien (Ir-
land), die russ. Qstsecprovinzen (Rigaer Kronen-
lein), Dänemark, das südl. Schweden, die Nieder-
lande und Belgien sind noch heute in der Lage,
dos günstigern Seeklimas wegen, infolge besserer
Bodenverhältnisse, zum Teil auch billigerer Arbeits-
löhne dem deutschen Flachsbau den Äd^cch zu er-