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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Flachs (neuseeländischer) ? Flachsspinnerei
schweren, auch hat der deutsche Landwirt sich erst
spät entschließen tonnen, sein althergebrachtes Tau-
Röstverfahren zu verlassen und die anderwärts ge-
machten Fortschritte sich anzueignen oder sich mit
den Nachbarn genossenschaftlich zur Anlegung zweck-
mäßiger Röstanstalten zu vereinigen oder den ge-
wonnenen Nohftachs an eineFlachsdereitungsanstalt
zu verkaufen. Infolgedessen deckt Deutschland (vor
dem Dreißigjährigen Kriege das erste Land des
Flachsbaues und der Leinenindustrie) seinen eigenen
Flachsbedarf nur zum Teil. 189", wurden 58874 t
fremder F. im Werte von 31,2 Mill. M. eingeführt
und nur 24174 t (Wert 14,3 Mill. M.) ausgeführt.
Die Gewinnung von F. wird für Europa jährlich zu
530000 t (darunter Rußland 350000, Deutschland
45000, Österreich-Ungarn 40000 t) geschätzt. ? Vgl.
Kodolanyi, Die Kultur und Zubereitung des F.
(4.Aufl., Wien 1885); Langer, Flachsbau und Flachs-
bereitung (ebd. 1893); Jahresberichte (I, Trautenau
1893) und Mitteilungen (1. Jahrg., ebd. 1894) des
Verbandes der österr. Flachs-und Leinenintcressenten.
flachs, neuseeländischer,^ ?k0iinwm.
flachsbau, s. Flachs.
flachs bäum, s. ^iniä68nia.
Hlachsbaumwolle, auch Flachswolle, ein
versuchsweise durch Kochen mit Mnatronlauge, Be-
bandlung mit Schwefelsäure und Trocknen der
Baumwolle ähnlich gemachtes und wie diese mit
Krempeln bearbeitetes Fasermaterial, das aus den
isolierten Elementarzellen des Flachses besteht, die
aber zu schlicht und glatt sind, um sich mit Vorteil
verspinnen zu lassen. Das Verfahren hat man
Cottonisieren genannt.
Flachsbereitungsanstalten, große Etablisse-
ments, in denen der Flachs für den Absatz im gro-
ßen und namentlich für den Bedarf der Maschinen-
spinnereien als fertiger Handelsartikel hergestellt,
d. h. den die Spinnerei vorbereitenden Operationen
einschließlich des Schwingens (s. Flachsspinnerei)
unterworfen wird. ^Flachsspinnerei.
Flachsbreche, Flachsbrechmaschine, s.
flachfchienen, s. Eisenbahnbau lBd. 5, S. 837a).
ßlachsdarre, Flachsgarn, s. Flachsspinnerei.
flachslilie, s. ?koi-mwm.
Flachsröste, Flachsschwingmaschine, s.
ßlachsseide, s. t^euta. Flachsspinnerei.
Flachsspinnerei, die Herstellung von Garn aus
den Bastfasern der Flachspflanze (s. Flachs). Die
F. ist eins der ältesten Gewerbe, denn schon auf alt-
ägypt. Grabdenkmälern sind die einfachsten Mittel
zum Spinnen (Spindel und Rocken) abgebildet, und
aus der biblischen Überlieferung geht hervor, daß
die Israeliten kurz nach ihrem Auszug aus Ägypten
die Spinnkunst bereits gekannt haben. 1865 wur-
den in Pfahlbauten der Schweiz 40 Spindeln neben
Bruchstücken leinener Gewebe aufgefunden, deren
Alter auf mindestens 3000 Jahre geschätzt werden
muß. Das Spinnrad wurde 1533 von Jürgens in
Wolfenbüttel erfunden; 1787 wurden in Darling-
ton in England die ersten Spinnversuche auf Ma-
fchinen angestellt. Der eigentliche Begründer der
mechanischen F. ist Philippe de Girard, welcher 1810
in Frankreich das erste Patent auf Flach sfpinnerei-
maschinen nahm. 1829 wurde die erste mechanische
F. in Leeds durch Dampfkraft in Betrieb gefetzt.
1892 war fchätzungsweife die Anzahl der Spindeln
in Tausenden für Großbritannien 1460, Frankreich
720, Österreich-Ungarn 340, Deutschland 330,
Belgien 320, Rußland 180, Italien 60, Schweiz 12,
Holland 8, Schweden 6, ganz Europa 3436, Nord-
amerika 72, Ostindien 160, die ganze Erde 3668.
Deutschland liefert vorzugsweise die Flachsgarn-
nummern 8 bis 60 und die Werggarnnummern
bis 30. Die deutsche F. braucht für ihren Bedarf
etwa 81000 Ctr. geschwungenen Flachs; das Kapital,
welches in denselben angelegt ist, belauft sich auf
über 50 Mill. M., wovon die Kosten der Flachs-
spinnmaschinen allein gegen 20 Mill. M. betragen.
Flachsspinnereimaschinen werden in Deutschland
meist von England bezogen.
Zur Fasergewinnung im großen dient hauptsäch-
lich dieBastfaser derSpeciesl^mim u8itNti33iinuiuIv.
oder des gemeinen Leins (s.I^iQum und Flachs). Die
ausgewachsenenLeinpflanzen werden ausgerauft und
meist in sog. Kapellen (ähnlich den Getreidcfeimen)
getrocknet. Die getrockneten Pflanzen müssen zu-
nächst von den Samenkörnern befreit werden, was
durch die als Riffeln oder Reffeln bezeichnete
Operation erfolgt, welche darin besteht, daß ein Ar-
beiter eine Hand voll Leinstengel bei den Wurzel-
endcn ergreift, in den Niffelkamm fchlägt und
durch denfelben hindurchzieht, wobei die Samen-
kapseln und Blätter von den Stengeln abgestreift
werden. Die Stengel enthalten im lufttrocknen Zu-
stand 73?80 Proz. ihres Gewichts Holz und 20?
27 Proz. Bast. Das Holz besteht aus 69 Proz.
eigentlicher Holzsubstanz, 12 Proz. im Wasser lös-
licher Teile und 19 Proz. solcher Stosse, welche
wohl durch alkalische Laugen, aber nicht durch reines
Wasser aufgelöst werden können. Der Bast enthält
durchschnittlich 58 Proz. reiner Faser, 25 Proz. im
Wasser löslicher Teile und 17 Proz. einer im Was-
ser unlöslichen tleberartigen Substanz, welche indes
durch einen von Bakterien eingeleiteten Gärungs-
prozeß zerstört, auch in alkalischen Laugen gelöst
und dadurch von der Faser getrennt werden kann.
Das für diefe Trennung zur Anwendung kommende
Verfahren heißt das Rösten, Rotten oder Wei-
chen des Flachses.
Man unterscheidet natürliche und künstliche Rö-
sten. Die natürlichen Rösten zerfallen wiederum
in die Wasserröste (Wasserrotte), Tauröste (Tau-
rotte) und gemischte Röste oder RvNe', die künst-
lichen Rösten zerfallen in die Warmwasserrotte,
Dampf- und Heißwasserrotte, die alkalische Rotte
und die Rotte mit verdünnter Schwefelsäure. Die
Wasserröste besteht darin, daß man das geriffelte,
in Bündeln gebundene Flachsstroh in Teichen oder
Gruben unter Wasser erhält, indem man dasselbe
mit Brettern bedeckt und diese mit Steinen be-
schwert. Durch die Einwirkung der Wärme der
atmosphärischen Luft und des Wassers geht nach
einiger Zeit die ganze Masse in Gärung über.
Die Tauröste unterscheidet sich von der vorbe-
schriebenen dadurch, daß, während bei der Wasser-
röste der Flachs die ganze Zeit hindurch im Wasser
bleibt und so der einmal begonnene Gärungspro-
zeß rasch fortschreiten kann, hier nur die natürliche
Feuchtigkeit der Atmosphäre (Tau und Regen) be-
nutzt wird, um die notwendige Gärung einzuleiten
und zu unterhalten. Zu diesem Zweck breitet man
den trocknen Flachs ganz dünn auf einer Wiefe
oder einem Anger aus und fetzt ihn dort unter wie-
derholtem Umwenden solange den Witterungsein-
flüssen aus, bis der Gärungsprozeß die erforder-
liche Höhe erreicht hat, was je nach den Umständen
2?10 Wochen dauern kann. Die gemischte
Röste ist eine Kombination der beiden vorbeschrie-