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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fleckvieh - Fledermäuse
Schüttelfrost, großer Hinfälligkeit und sehr hohem
Fieber (40 - 41° d), wozu sich sehr bald Delirien,
Gliederzittern, Schlaflosigkeit, Benommenheit und
andere nervöse Störungen gesellen. Am dritten oder
vierten Tage, selten etwas später, entstehen am gan-
zen Körper mit Ausnahme des Gesichts zahlreiche
rote mascrnähnliche Hautslecken (Petechien), und oft
genug nimmt in fchweren Fällen sogar die ganze
Haut eine dunkle livide Färbung an. Zu dieser Zeit
bieten die Kranken das schwerste Krantheitsbild.
Mit dunkelroter Gesichtsfärbung, halb offenem
Mund und Auge, trockner brauner Zunge liegen
sie völlig teilnahmlos da, verbreiten einen eigen-
tümlich moderigen Geruch und versinken unter an-
haltendem Fieber in eine tiefe Betäubung, aus der
sie bei günstigem Verlauf der Krankheit erst An-
fang oder Mitte der dritten Woche unter einer
plötzlichen Krisis erwachen. Häufig schließen sich
schwere Nachkrankheiten, namentlich Lungen- und
Brustfellentzündungen an, und immer erfordert die
Rekonvalescenz infolge der hochgradigen Schwäche
und Erschöpfung der Kranken geraume Zeit. Der
tödliche Ausgang erfolgt meist in den letzten Tagen
der zweiten Woche unter Herzschwäche, Krämpjen
oderLungenödem. Die Sektion ergiebt, im Gegensatz
zu dem Ävdominaltyphus, keinerlei charakteristische
lokale Veränderungen, sondern nur die allen In-
fektionskrankheiten gemeinsamen Schwellungen der
Milz, Leber und Niere. Die mittlere Sterblichkeit
schwankt beim F. zwischen 6-20 Proz., hat aber
auch in einzelnen schweren Epidemien (Krimkrieg,
London 1858) selbst 50-55 Proz. betragen. Doch
ist neuerdings auch bei dem Fleckficbcr durch die
energische Durchführung der Kaltwasserbehandlung
die Mortalitätsziffer bedeutend herabgefetzt.
Hinsichtlich der Vorbeugung des F. ist es von
der größten Bedeutung, bei herrschenden Mißern-
ten und Teuerungen für zweckmäßige Ernährung,
Bekleidung und linterbringung der ärmern Volks-
tlassen zu sorgen, ferner die Herbergen, Gefäng-
nisse, Arbeitshäuser und Auswandcrerschiffe jeder-
zeit auf das strengste zu kontrollieren, die Ver-
schleppung des Krankheitsgiftes durch das herum-
wcmdernde Proletariat möglichst zu verhüten und
bei ausgebrochener Krankheit alle Kranken sobald
als möglich in gut isolierten Krankenhäusern unter-
zubringen und zu verpflegen. Die Behand-
lung besteht wie die der übrigen typhösen Fieber
in sorgsamster diätetischer Pflege, energischer Be-
kämpfung der übermäßig hohen Temperaturen
durch kalte Bäder, Chinin und andere antipyretifche
Mittel und Darreichen erregender Mittel (Wein,
'Äther, Kampfer) bei drohender Herzschwäche. Die
Rekonvalescenz ist durch eine leichtverdauliche und
nahrhafte Diät und Fernhalten jedweder Schädlich-
keit angemessen zu unterstützen. - Vgl. Murchison,
^.tr6Äti86 OH tk6 c0QtinU6(1 l6V6I-3 0f(3i'6Ht I^litHil1
(Lond. 1862); Griesinger, Infektionskrankheiten
(2. Aufl., Erlangen 1864, in Virchows "Handbuch
der speciellen Pathologie"); Mosler, Erfahrungen
über die Behandlung des i^liuL 6xaut1i6inltticu8
(Berl. 1868); Passauer, über den eranthematiscken
Typhus in klinischer und sanitätspolizeilicher Be-
ziehung (Erlangen 1869); Ledert, Rückfalltyphus,
F. und Cholera (im "Handbuch der speciellen Patbo-
logie und Therapie", hg. von Ziemssm, 2. Aufl.,
2. Bd., 1. Hälfte, Lpz. 1876).
Fleckvieh, s. Rindviehzucht.
Sleckwafser, s. Fleckmittcl.
VrockbanZ' Konvl'riations-Lexikon.. 14. Aufl. VI.
I"1b0ts.inn8 FVNÜ2. (lat.), "lasset uns die Knie
beugen", Ruf, durch den in der kath. Kirche der
Diakon das Volk zum Gebet auffordert.
inovödo, "wenn ich den Himmel nicht erweichen
kann, werde ich die Hölle in Bewegung fetzen", Citat
aus Virgils ^lneide (7,312).
Flederfifche, s. Fliegende Fische.
Flederhunde,flieg ende Füchse, fliegende
Hunde (?t6i'0i>iäa6 8. i^uZivora), die früchte-
fressenden Fledermäuse, welche nur in den Tropen-
gegenden der Alten Welt leben und durch kleine
Schneidezähne, große Eckzähne, durchaus stumpf-
höckerige, denjenigen der Affen ähnliche Backzähne
und den Mangel aller Hautausbreitungen an Ohren
und Nase von den insektenfressenden Fledermäusen
sich unterscheiden. Der Kopf ist demjenigen eines
langschnauzigen Hundes sehr ähnlich; der Daumen
lang und großkrallig, meist trägt auch der Zeige-
singer noch eine Kralle. Die Tiere hängen sich mit
dem Kopf nach unten gesellig, oft zu Tausenden zu-
sammen, tagsüber in den Wipfeln großer Bäume
zum schlafe auf und nähren sich nachts von Früch-
ten, wobei sie oft in den Pflanzungen große Ver-
heerungen anrichten. Indessen fressen sie auch Vögel
und selbst Fische. In neuerer Zeit hat man sie oft
lebend nach Europa gebracht und man findet fast in
jedem zoolog. Garten Exemplare der einen oder der
andern Art, die mit 20-40 M. das Stück bezahlt
werden. Ihre Nahrung besteht dort aus Feigen,
Datteln, frischem Obst, Mohrrüben und Brot. In
ihrer Heimat mästet man sie in der Gefangenschaft
und ißt sie. Der auf den Infeln des Indischen
Archipels einheimische große Flederhund oder
Kalong(?t6i'0M5 6äuU8(?6oF'., s. Tafel: Fleder-
mäuse 1,Fig.4) ist das größte fliegende Säugetier;
er erreicht 40 cm Körperlänge und 1,50 in Spann-
weite der Flügel. In Afrika lebt eine etwas ab-
weichend gebaute Gruppe, die Nachthunde (lÜM0-
uMki'iä), die sich besonders durch einen kurzen
Schwanz von den schwanzlosen ostindischen F.
unterscheiden. Der Halsband-Nachthund
((^nonMOriZ collai-iZ /??.) pflanzt sich in der Ge-
fangenschaft leicht fort.
ssledermausbrenneV, s. Gasbeleuchtung.
Fledermäuse oder Flattertiere, Name einer
großen Ordnung (Handflügler, (Hii-oMla) der
Säugetiere von über 300 Arten. Dieselben haben
sehr verschiedenartigen Zahnbau, indem einige, die
Flederhunde (s. 0.), fast nur Früchte, die eigentlichen
F. dagegen Vorzugsweife Insekten sressen, kommen
indessen alle darin überein, daß sich über ihre sehr
verlängerten Finger mit Ausnahme des kurzen,
eine große Kralle tragenden Daumens bis zu den
Hinterfüßen und meist zum Schwänze eine Flug-
haut erstreckt, welche durch die vier dünnen Finger
der Hand gespannt werden kann und ein förmliches
Fliegen ermöglicht, was die Alten veranlaßte, die
F. zu den Vögeln zu zählen. Dagegen können sie
nur sehr ungeschickt und langsam kriechen, und des-
halb ist auch die Luft ihr eigentliches Element. Der
Hörsinn ist bei den eigentlichen F. von ungewöhn-
licher Schärfe und der Fühlsinn in staunenerregen-
dem Maße entwickelt, indem an Nase und Ohren
oft ganz eigentümliche häutige Ausbreitungen und
Vorsprünge ausgebildet sind, welche der Sitz zahl-
reicher Hautsinnesorgane, nervöser Apparate, sind,
wie solche auch auf den Flügeln sich in großer
Menge nachweisen lassen. Der Körper der eigent-
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