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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Flugwerk; Flugzeitmesser; Fluh; Fluidalstruktur; Fluidextrakt

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Flugwerk - Fluidextrakt

sie gegenüber der der Vögel so sehr zu unterschätzen, wie es frühere Gelehrte (Borelli, Ravier u. a.) thaten. Ist doch schon vor 20 Jahren durch Messungen festgestellt, daß man die Hälfte seines Körpergewichts vermittelst durch die Füße bewegter Flügel schwebend zu erhalten vermag. Nachdem ferner durch weitere Versuche (Gebr. Lilienthal in Berlin, Ritter von Lößl in Wien, A. von Parseval in München) gefunden worden ist, daß der Luftwiderstand gegen schwach geneigte und schwach hohle Flächen bedeutend größer ist, als früher gebräuchliche Formeln ergaben, scheint die Möglichkeit des Kunstfluges nicht mehr in gänzlich nebelhafter Ferne. Die gleiche Anschauung gewinnt man aus den Beobachtungen des franz. Physiologen Marey über die Muskelkraft der Vögel. Immerhin bleibt der Bau eines leichten Motors von genügender Stärke der schwierigste Teil der ganzen Aufgabe.

Die bisher vorgeschlagenen Flugapparate scheiden sich nach ihren Propellern in vier Klassen:

1) Helikoptére oder Schraubenflieger, die durch Luftschrauben sowohl gehoben als vorwärts bewegt werden sollen (Ponton d'Amécourt, de Lalandelle, Popper). Das einzige Modell dieser Art, das sich mitsamt seiner Maschine kurze Zeit zu erheben vermochte, ist das des ital. Ingenieurs Forlanini 1877 (s. Tafel: Luftschiffahrt II, Fig. 1). Es wog 3,5 kg, führte in einer Stahlkugel zur Speisung der kleinen Dampfmaschine, die den 2 qm großen Propeller trieb, stark überhitztes Wasser mit, stieg 13 m hoch und flog beim Sinken 20 m vorwärts. Diesen für freien Flug berechneten Apparaten schließt sich die von Popper 1879 in Vorschlag gebrachte Captifschraube an.

2) Bei den Drachenschwebern oder Aeroplanen (Springfellow 1868, Pénaud 1871, Tatin 1879, Kreß 1880) läßt man durch eine Propellerschraube eine verhältnismäßig große, aber schwach geneigte Fläche vorwärts treiben, die dann durch die Drachenwirkung schwebend erhalten wird. Die besten Modelle dieser Art von Pénaud flogen 60 m weit in 13 Sekunden und ähnlich die Aeroveloce von Kreß in Wien, beide mittels der Kraft gedrehter Gummischnüre.

3) Noch näher an die Natur schließen sich die Orthopteren oder künstlichen Vögel an, bei denen dieselben Flächen sowohl tragen als treiben (Pénaud, Hureau de Villeneuve, Tatin, Pichancourt und bis zu gewissem Grade auch Lippert). Spielzeuge dieser Art sind mehrfach in den Handel gekommen. Sie beweisen, daß die Stabilität des künstlichen Flugapparates wohl erreichbar ist.

4) Ein Bindeglied zwischen Kunstflug und Luftschiffahrt würde der Ballon mit Übergewicht und Segelfläche (Platte) bilden. Ob nicht aber der Vorteil, der durch die Tragkraft des Ballons gewonnen, durch seinen großen Widerstand wieder verloren geht, ist noch sehr streitig. Auch die Nützlichkeit der Fortbewegung in auf- und absteigender Bahn, im Wellenfluge, begegnet Zweifeln.

Die in den letzten Jahren an die Öffentlichkeit gelangten praktischen Vorarbeiten für den Kunstflug gehen hauptsächlich darauf aus, daß man, mit unbeweglichen großen flügelähnlichen Flugflächen bewaffnet, von einer Anhöhe gegen den Wind herabspringt und dabei möglichst weit zu schweben sucht. In den günstigsten Fällen hat man dabei eine Entfernung gleich dem achtfachen der Absprungshöhe erreicht. Die Hauptschwierigkeit besteht hier im Balancieren. (S. auch Fliegen.) - Vgl.von Wechmar, Flugtechnik (Buch 1-3, Wien 1886-88; Buch 1 u. d. T.: Grundzüge der F.); ders., Zur Flugfrage (Berl. 1891); Lilienthal, Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst (ebd. 1889); ders., Die Flugapparate (ebd. 1894); Steiger, Vogelflug und Flugmaschine (Münch. 1891); Buttenstedt, Das Flugprincip (Rüdersdorf 1892); Platte, Flugtechnische Betrachtungen (Wien 1893).

Flugwerk, ein Apparat, mit dem auf der Bühne Personen und Gegenstände durch die Luft bewegt werden.

Flugzeitmesser, s. Chronoskop und Chronograph (Bd. 4, S. 297 b).

Fluh (Mehrzahl Flühe), in schweiz. Mundart ein jäher Felsabhang. (S. Nagelfluh.)

Fluidalstruktur oder Fluktuationsstruktur, ein Gefüge der Felsarten, welches die Bewegungen innerhalb einer Eruptivmasse unmittelbar vor deren Erstarrung zur Anschauung bringt. Meist ist die F. nur mikroskopisch ausgebildet (Mikrofluidal-, Mikrofluktuationsstruktur). In den glasigen Gesteinen ist es eine vielverbreitete Erscheinung, daß die mikroskopischen nadelförmigen Kryställchen, welche in dem Glase ausgeschieden liegen, stellenweise zu Strängen, Strömen und Schwärmen zusammengruppiert sind, die einen gewundenen Verlauf haben, sich vor einem größern Krystall aufstauchen, ihn augenähnlich umfließen, um sich dahinter wieder zu vereinigen, oft auch vor einem solchen völlig auseinander getrieben erscheinen, alles Verhältnisse, welche augenfällig auf die Fluktuationen hinweisen, die in dem erstarrenden Magma stattfanden und noch zu wirken fortfuhren, als jene Krystallnädelchen bereits verfestigt waren. Ähnliche Bewegungserscheinungen, von welchen die Bruchflächen der Handstücke dem bloßen Auge oder der Lupe nichts verraten, enthüllen überaus häufig auch die Dünnschliffe der Rhyolithe, Basalte, Trachyte, Phonolithe, Melaphyre u. s. w. Hier sind die anderswo im richtungslosen Gewirre umherliegenden kleinsten leistenförmigen Durchschnitte durch Feldspate, Nepheline u. s. w., gestreckte Säulchen von Augit, kurz die mit einer Längsachse versehenen mikroskopischen Gebilde streckenweise, wie die Baumstämme in der Flut einer Holzschwemme, parallel nebeneinander zu Strömen gruppiert, welche sich hin und her winden und fächer- oder eisblumenähnlich auseinander laufen. Auch durch dunkle Körnchen, welche sich reihenförmig zu wellig gekräuselten Strängen zusammenfügen, wird eine solche Struktur zum Ausdruck gebracht. Immer deutet sie an, daß das damit versehene Gestein einstmals (als Magma) eine plastische Beschaffenheit besaß; bald nachdem die Strömungen darin stattfanden, scheint die Masse so rasch fest geworden zu sein, daß jene gewissermaßen fixiert wurden und so der heutigen Beobachtung aufbewahrt blieben. Andererseits erweist das Erhaltensein dieser charakteristischen Urstruktur, daß die dieselbe zeigenden Gesteine erheblichen molekularen Umwandlungsvorgängen bis jetzt noch nicht unterworfen gewesen sind. Beispiele von F. zeigen die Fig. 2, 4 und 6 der Tafel: Dünnschliffe in mikroskopischer Vergrößerung (Bd. 5, S. 606). Ähnliche Flußerscheinungen größern Maßstabes bieten auch stromartige Ergießungen von Eruptivgesteinen durch die parallele Richtung langgezogener Blasenräume dar.

Fluidextrakt (Extractum fluĭdum), eine Form des Extrakts (s. d.), die sich von Nordamerika her