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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Frankreich

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Frankreich (Lage und Grenzen. Küsten)

in der Schweiz müssen Einschreibbriefe stets vollständig frankiert sein; bei Eilbriefen hat der Absender das Eilbestellgeld thunlichst bei der Auslieferung der Sendungen zu entrichten, jedenfalls bleibt derselbe für die Zahlung des Eilbestellgeldes haftbar.

Frankreich (lat. Franco-Gallia; frz. La France; engl. France; ital. Francia), Republik und Großmacht Europas, das am weitesten nach W. zwischen dem Mittelländischen Meer und dem Atlantischen Ocean vorgeschobene Glied des kontinentalen Kerns von Europa.

Lage und Grenzen. F. liegt zwischen 42° 20' (Kap Cerbère in den östl. Pyrenäen) und 51° 5' (Dünkirchen) nördl. Br. und zwischen 4° 52' westl. (Pointe de St. Mathieu) und 7° 39' östl. L. von Greenwich (bei Delle, wo F., Deutschland und die Schweiz zusammenstoßen) oder zwischen 7° 7' 56" westl. und 5° 11' 15" östl. L. von Paris, wird begrenzt im N. von dem Kanal (La Manche) und der Straße von Calais (Pas de Calais), im NO. von Belgien und Luxemburg, im O. vom Deutschen Reich, der Schweiz und Italien, im S. von dem Mittelländischen Meer und Spanien und im W. von dem Atlantischen Ocean und hat einschließlich der Insel Corsica (8722 qkm) nach den offiziellen Katasteraufnahmen 528876, nach den Berechnungen des Kriegsministeriums 536408 und nach Strelbitskij 533479 qkm. Von letztern entfallen auf das Festland einschließlich des Anteils am Genfer See 523932, auf die Inseln 9547 qkm. Seine Landgrenze umfaßt 2170 km, hiervon kommen auf Belgien (im NO.) 460, auf Luxemburg 14, auf Deutschland (Elsaß-Lothringen) 320, auf die Schweiz 396, auf Italien 410 und auf Spanien 570 km. Die Länge der Wassergrenzen beträgt 3120 km, von denen 1120 auf die Kanalküste, 1385 auf die Atlantische und 615 km auf die Mittelmeerküste kommen.

Die geometr. Grundgestalt des Landes ist die eines Sechsecks, mit etwas eingeknickter West- und Ostseite, dessen große nordsüdl. Achse, von Dünkirchen nach Céret am Fuße der Pyrenäen (965 km), sich mit der kleinern ostwestlichen (La Rochelle-Genf, 542 km) bei St. Amand südlich von Bourges, ziemlich genau in der Mitte des Landes, und in derselben Gegend auch mit den beiden Diagonalen Brest-Antibes (1098 km) und Bayonne-Cirey (868 km) schneidet. Die Gliederung ist gering; nur Cotentin und Bretagne sind größere Halbinseln, auch die vorgelagerten Inseln sind nicht zahlreich. So bildet F. ein selbständiges fest abgerundetes Staatsgebiet, welches, nur die 700 km lange Nordostgrenze ausgenommen, von sichern und leicht zu verteidigenden Naturgrenzen (Ardennen, Vogesen, Jura und Alpen im NO. und O. und Pyrenäen im SW.) umschlossen wird. Dennoch ist F. von dem Rumpfe Europas nicht abgeschlossen, sondern steht mit demselben und vor allem der deutschen Mitte des Erdteils in regem Verkehr. Überhaupt ist das franz. Volk gerade von seinen german. Nachbarn (Engländern und Deutschen) am lockersten getrennt, während Hochgebirgsmauern, deren wichtigste Übergänge allerdings in den Händen der Franzosen sind, es von seinen roman. Stammesgenossen in Italien und Spanien scheiden. Diese Mittellage zwischen der roman. und german. Welt hat bewirkt, daß F. nicht nur selbst beide Elemente in sich aufgenommen und miteinander vermischt hat, sondern auch seinen german. Nachbarn roman. Bestandteile mitteilen konnte. Durch seine Südküste hat F. teil an der Herrschaft über das Mittelmeer (Marseille ist von Algier nur 771 km entfernt), während ihm seine Westküste den freien Verkehr über den Ocean eröffnet. Trotz dieser günstigen Stellung hat F. unter allen atlantischen Staaten am wenigsten an großen überseeischen Entdeckungen teilgenommen, seine Interessen konzentrierten sich immer mehr auf das Innere des Landes und seine Blicke waren allezeit nach Osten gerichtet. Günstig wirkt aber die Nähe des Meers auch für das Binnenland. Die meerfernsten Landschaften, Burgund und die Franche-Comté, sind nur 450-500 km (11-12 Eisenbahnstunden) von der Küste entfernt.

Küsten. Die 1120, in gerader Linie aber nur 605 km lange Nordwestküste bildet bis jenseit Calais eine Fortsetzung der flachen belg. Küste und gehört zum niedrigen und dünenbesetzten Strande der Nordsee. Von den drei Häfen Dünkirchen, Gravelingen und Calais, deren Eingang durch Dämme geschützt ist, ist der letztgenannte wegen der Überfahrt nach England der wichtigste. Aus der Nordsee führt der Pas-de-Calais zwischen der engl. und franz. Küste in den "Kanal" oder "La Manche". Zwischen dem Kap Gris-Nez und der Pointe de St. Mathieu, dem am weitesten in den Atlantischen Ocean hinausragenden Punkte, erfährt F. seine bedeutendste Küstengliederung, indem sich die Halbinsel Cotentin jenseit der Senke von Carentan vom Festlande ablöst und mit dem Cap de la Hague nach N. vorstreckt. Von Calais bis Boulogne tritt der steile Abbruch der flandr. Grenzhöhen so nahe an die Küste, daß die Kaps Blanc-Nez und Gris-Nez 134 und 51 m aufragen und man von dem ein wenig landeinwärts gelegenen 163 m hohen Mont-Couple die engl. Küste deutlich sehen kann. Zwischen Boulogne und Ault entfernen sich die Höhenzüge der Picardie von der Küste und es breiten sich Tiefebenen aus, welche vor den Flutwellen durch hohe Dünen geschützt sind. Von Ault bis zur Seinemündung, beim Cap de la Hève, brechen die Kreideschichten des Pays de Caux scharf an der Küste ab. Dieselben bilden hier unter dem Namen Falaises (s. d.) Steilmauern und verleihen den Häfen von Dieppe, (St. Valery-en-Caux, Fécamp und Etretat einen malerischen Hintergrund. Zwischen Le Havre und Honfleur öffnet sich die Seinemündung zu der Baie de la Seine. Obgleich von der Dives- bis zur Viremündung nicht hoch, so ist doch diese Küstenstrecke eine der gefährlichsten wegen der 15 km langen und 3-4 km breiten, größtenteils unterseeischen Klippenreihe der Rochers de Calvados. Auch die Halbinsel Cotentin hebt sich nur wenig aus der versandeten Bucht von Carentan empor; aber je weiter nordwärts, desto höher steigt die Küste an und bildet zwischen der Pointe de Barfleur und dem Cap de la Hague den vortrefflichen Kriegshafen von Cherbourg. Westlich davon greift der bretagnische Busen, auch Golf von St. Malo genannt, gliedernd in die Küste ein. Die Caps de la Hague und de Talbert sind Eckpfeiler des Golfs, die Baie von St. Michel und die von St. Brieuc seine tiefsten Einbuchtungen; vorgelagert sind die England gehörigen Normannischen Inseln, während die kleinen granitischen Chausey-Inseln F. gehören. An den Steilküsten des Hafens von St. Malo steigt die Flut 16-17 m hoch. Die fjordartig gegliederte Nordküste der Bretagne ist zwar mehrfach von schmalen Ebenen begleitet, aber infolge zahlloser Felsklippen der Schiffahrt gefährlich. Die Passage du Four sprengt den klippenreichen Archipel von Ouessant vom Festland ab und führt an die 1385 km