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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Freiburg (in Baden)
Behörden. F. ist Sitz eines Erzbischoss
(Dr. Roos; Organisation des Erzbistums s. unten)
mit Domkapitel, des Landeskommissariats, eines Vc-
zirksamtes, Landgerichts (Oberlandesgericht Karls-
ruhe) mit 10 Amtsgerichten (Vreisach, Emmen-
dingen, Ettenheim, F., Kenzingen, Lörrach, Müll-
heim, Neustadt, Staufen, Waldkirch), eines Amts-
gerichts, Hauptsteueramtes, einer Domänenverwal-
tung, Post- und Telegraphendirektion, Wasser- und
Straßenbau-, Rhein- und Veznksbauinspektion,
Reichsbanknebenstelle und Handelskammer des Krei-
ses F. sowie der Kommandos der 29. Division und
57. Infanteriebrigade und eines Proviantamtes.
Unterrichts- und Vildungswesen. Die
Universität F. wurde vom Erzherzog Albrecht VI.
von Österreich gestiftet (Stiftungsurkunde vom
21. Sept. 1457); dieselbe war mit liegenden Grün-
den in Vorderösterreich (Breisgau, Oberelsah) und
Württemberg reichlich ausgestattet, allein sie besitzt,
nachdem sie nicht nur durch die Französische Re-
volution ihre sämtlichen Elsasser Güter verloren
hat, sondern auch mit 1 Mill. Fl. sog. Divisions-
schulden belastet worden ist, und nachdem seither
außerdem ihre Zehntberechtigungen in Württem-
berg zur Ablösung gekommen sind, lediglich noch
Güter in Baden, deren Ertrag jedoch nur einen
Teil ihres Aufwandes deckt. Die Universität hat
kath.-theol., philos., jurist. und mediz. Fakultät und
(Winter 1892/93) 43 ord., 37 Honorar- und außerord.
Professoren und 13 Privatdocenten sowie 1066 Stu-
dierende, darunter 68 Hörer. Mit der Universität
verbunden sind eine Bibliothek (über 250 000 Bände)
sowie zahlreiche Sammlungen und Institute. (Vgl.
Die Universität F. seit dem Regierungsantritt des
Großherzogs Friedrich von Baden, Freib. i. Br.
1881; Mayer, Geschichte der Universität F. in Baden
in der 1. Hälfte des 19. Jahrh., Tl. 1-3, Bonn
1893-95.) Ferner bestehen ein großherzogl. Gym-
nasium mit 9 Jahreskursen (Direktor Bender, 35 Leh-
rer, 657 Schüler), eine städtische Realschule, 1841
eröffnet (Direktor Rebmann, 15 Lehrer, 7 Parallel-
klassen, 475 Schüler), Gewerbeschule (578 Schüler),
höhere Mädchen-, Mädchenbürger-, kaufmännische
Fortbildungs - und landwirtschaftliche Schule. Im
Augustinerkloster, jetzt Schulgebäude, befindet sich
die städtische Altertümersammlung mit röm. und
mittelalterlichen Gegenständen aus F. und Um-
gebung (Altarbilder und Evangelicnbücher aus dem
Kloster Adelnau) sowie prähistor. Funden (schöne
Beile aus Iütland) und einer Münzsammlung^
Von den Vereinen sind zu nennen: Der Natur-
forfchende, Historische, Botanische Verein, Schwarz-
wald-, Schauinslandverein, Sektion des Deutsck-
Österreichischen Alpenvereins, das Museum und die
Harmonie, sowie Musik-, Gesang- und Schützen-
vereine, Kunstverein, Gewerbeverein, ferner die
Freimaurerloge "Zur edlen Aussicht".
Außer den Krankenhäusern der Universität
besitzt F. ein Mutterhaus der Barmherzigen Schwe-
stern, ein Vincentiusstift, ein evang. Stift, ferner
ein Waisenhaus und eine Volksküche.
Industrie, Handel. Die Gewerbthütigkeit
erstreckt sich insbesondere auf Seidenzwirnerei (eine
Fabrik, Firma Mez und Söhne, mit 9 auswär-
tigen Zweiggeschäften und bedeutender Ausfuhr,
jährliche Produktion 30000 K3 Seidcngarn, Um-
satz 1,5 Mill. M.), Färberei, Gerberei, Baum-
woPpinnerei und Weberei, Glockengießerei, Bier-
brauerei (besonders Aktienbrauerei Sinner und
Gantersche Brauereigesellschast) und Fabrikation
von Cichorien (Kuenzer), Papier (Flinsch), Hanf,
Knöpfen, Bürsten, Fournieren, Parkett, Stahl-
spänen, Schokolade- und Zuckerwaren, Kratzen,
Hüten, Bilder- und Spiegelrahmen, Tabak, Ci-
garren, Schaumwein, Möbeln, Maschinen, Physik,
und musikalischen Instrumenten, Orchestrions, Ce-
ment, Porzellanknöpfen und Perlen (die Firma
Nisler & Co. ist die zweitgrößte Europas). F. ist
Sitz der 4. Sektion der Süddeutschen Textil-, der
2. Sektion der Seiden-, der 3. Sektion der Süd-
westlichen Baugewerks-Berufsgenossenschaft und der
12. Sektion der Berufsgenossenschaft der Schorn-
steinfegermeister des Deutschen Reichs. Als Mittel-
punkt einer gewerbreichen Gegend und Hauptver-
kehrsort des Schwarzwaldes hat F. einen lebhaften
Handel mit den Erzeugnissen der Industrie, der
Gewerbe und Landwirtschaft, ferner mit Holz, Wein,
Obst und Gemüfe. Der Handel- und Geldverkehr
wird unterstützt durch eine Neichsbanknebenstelle,
Handelskammer, Filiale der Rheinischen Kreditbank,
eine Gewerbebank, zahlreiche Privatbanken und Ver-
sicherungsgesellschaften.
Umgebung. Unmittelbar vor dem Schwaben-
thor erhebt sich der teilweise mit Reben bepflanzte
^chloßberg (454 m), dessen feste Schlösser 1744 von
den Franzosen zerstört wurden, südwestlich der Stadt
der Lorettoberg (332 m), mit einer Kapelle (1657)
und einemneuen Aussichtsturm (Hildaturm). Andere
beliebte nahe Ausflugsorte sind Güntersthal (in
dem ehemaligen Kloster befindet sich ein Waisen-
haus und eine Baumwollweberei) im S. und der
Waldsee im O. Zielpunkte weiterer Ausflüge sind
hauptsächlich das Höllenthal (s. d.) und der Kaiser-
stuhl (s. d.). Der Schauinsland oder Erzkasten
(1286 m), die nächste der bedeutendem Schwarz-
waldhöhen, ist von F. in 4 Stunden, der Feldberg
(s. d.), der höchste Berg des Schwarzwaldes (1495 m),
mit Benutzung der Höllenthalbahn schon in 3-3^
Stunden zu ersteigen. Am Fuße des erstern, im
Kappeler Thale, Bergbau auf Silbererze.
Das Erzbistum F. (Oberrheinische Kirchen-
provinz) wurde 1827 gegründet und umfaßt das
Königreich Württemberg, die Grohherzogtümer
Baden, Hessen und Sachsen-Weimar und die preuß.
Reg.-Bez. Cassel, Wiesbaden und Sigmaringen.
Zu demselben gehören die Erzdiöcese F. und die
Suffraganbistümer Fulda, Limburg, Mainz, Rot-
tendurg mit zusammen 2739 weltlichen und 26 Or-
denspriestern und 1934 Pfarreien und Pfarrkuratien.
Zur Erzdiöcefe gehören 39 Dekanate und folgende
Lehranstalten: Erzbischöfl. Seminar in St. Peter
bei F., theol. Privatpensionat in F., die erzbischöfl.
Knabenseminare in F., Konstanz und Tauberbischofs-
heim sowie die kath. Fakultät der Universität.
Geschichte. F. wurde 1091 vom Herzog Bert-
hold II. von Zähringen erbaut, 1120 zur^tadtmit
Kölnischem Recht erhoben und kam 1219 an die
Grafen von Urach, von denen sich 1236 der eine
Zweig nach F. benannte. Doch suchte sich die Stadt
seit 1280 wiederum der Gewalt der Grafen zu
entziehen, und nach wechselnden Schicksalen wurde
ihre Unabhängigigkeit von den Urachs 1368 für
20000 M. Silber anerkannt, welche Summe Basel
vorgestreckt hatte. Für diese Schuld mußte sich die
Stadt jedoch dem HauseHabsburg unterwerfen. Als
bedeutende Festung wurde sie 1632,1634 und 1638
von den Schweden, 1644 von den Bayern unter
Mercy erobert, welche hier die y-ranzoien unter